Endlich ist der Tag gekommen, den die Darianer seit Wochen herbeisehnen. Nach schier unendlich langer Wartezeit wird der geliebte Landesherr zu seinen Untertanen sprechen, so wie er es in all den Jahren seiner glorreichen Regentschaft getan hat. Wie ein Verdurstender, der die Weiten der Wüste durchquert hatte, dürstete die Menge nach den gräflichen Worten. Schon seit Stunden drängen sich die Kinder der Sonne zum Palast, denn jeder möchte noch einen Platz ergattern, der ihm wenigstens einen Blick auf den geliebten Herrscher gestattet.

Endlich ist der große Moment gekommen. Just als Helios seine letzten Strahlen über den Horizont ergießt, erscheint Graf Dedekien auf seinem Balkon. Ein wahrhaft imposantes Schauspiel, das einen augenblicklichen Sturm der Begeisterung auslöst. Gleich dem Tosen sturmgepeitschter Wellen erheben sich die Stimmen des Volkes und vereinen sich zu einem lauten Ruf, der den Namen des Herrschers so lange wiederholt, bis dieser die Hand erhebt, um Schweigen zu gebieten.

„Mein geliebtes Volk!
Seht her, wie sehr Uns die Götter lieben. Nach vielen Monden der Wanderschaft sind Wir an den Ort zurückgekehrt, wo Unser Herz wohnt. Nun stehen Wir vor dem schönsten Volk des gesamten Königreichs, um von Unseren Reisen zu berichten. Überall drängte sich Uns der Landadel auf, um Unseren weisen Worten zu lauschen. Edle Speisen, erlesene Getränke und langatmige Kurzweil wurden Uns in prunküberladenen Gemächern aufgebürdet, während Unsere Gedanken immer bei euch, Unsere geliebten Untertanen waren. Doch all dieses Ungemach haben Wir über uns ergehen lassen, um weitreichende Handelsbeziehungen zu knüpfen und neue Allianzen zu schmieden, damit Unserem geliebten Land noch mehr Wohlstand zuteilwird. Wir haben in Unserer unendlichen Großzügigkeit dem König Unsere Hilfe zugesagt, den gefürchteten Unhold Aroben dingfest zu machen. Der ruchlose Thronräuber konnte bislang jeder Obrigkeit entwischen, doch Unserer exekutiven Gewalt hat selbst ein ausgekochter Schlawiner wie Aroben sich nicht entziehen können. Unsere leeren Kerker können sodann mit Aroben und seinen Spießgesellen gefüllt werden. So werden Wir den Dank und Respekt des gesamten Königreichs erlangen.“
Nur mit Mühe konnte der Landesvater seine Rede fortführen, da die Woge der Begeisterungsstürme nicht verstummen wollte:

„Mit Wohlwollen haben Wir die neu gebauten Koggen im Hafen besichtigt, die Wir schon bald mit dem heiligen Wasser aus den Höhlen der Leyra weihen werden, um sie dann auf die große Fahrt über das weite Meer gen Süden zu senden. Dort warten nicht nur neue Bündnisse, sondern auch neue Herausforderungen auf Uns und Unser Volk. Es sollen neue Heiligtümer zu Ehren Xurls erbaut werden, Wir werden unsere großartige darianische Kultur und unsere einzigartige Lebensart überbringen.“
Zustimmendes, einhelliges Klatschen und ein lautes „Jawohl“ durchbrach die Rede, während die kühle Dämmerung die Nacht ankündigte.
„Lasst uns das Zukünftige feiern! Doch zuerst soll mein geliebtes Volk sich am Gegenwärtigen erfreuen und eine Nacht voller Liebe und Wein genießen. Wir haben dafür gesorgt, dass dieser reichlich fließt und jede Frau und jeder Mann meines prächtigen Volkes soll auf Unsere Kosten so viel davon trinken, wie er vermag.“
Die rasende Menge zog tanzend und lachend durch die Straßen der Perle aller Städte. Es wurde getrunken und gefeiert bis in die Morgenstunden, so dass die Omus Mühe hatten, die lieblichen Worte des mächtigen Herrschers in alle Winkel des Reiches zu tragen.

Erschienen in Helios-Bote 82