Im Jahr der schrecklichen Prüfung kam es in der Grafschaft Drachenhain zu einer Katastrophe. Graf Waldemar von Drachenhain, auch scherzhaft Stiernacken genannt, ließ in diesem Jahre 39 Bauern qualvoll hinrichten, weil jene unter Verdacht standen, Gerste und Weizen unterschlagen zu haben.  Doch Wolfram und Leomar, die Söhnen des strengen Grafen, hatten das Korn in einem Glücksspiel an einen reichen Händler aus dem Herzogtum Betis verloren.  Dies bekam die Hexenmutter Saleena zu hören. Sie strafte die Grafschaft mit einem schrecklichen Sturmgewitter. Ganze Dörfer wurden vernichtet und die Feste Drachenzahn, der Stammsitz derer zu Drachenhain, wurde zerstört.  Wolfram und Leomar, sowie ihre Schwester Syria flohen aus Angst vor dem Unwetter und somit vor dem Zorn der Hexenmutter. Kaum betraten sie das Gebiet des Fürstentumes Thal, hörte es auf zu stürmen und zu regnen. 

Doch sollten sie je wieder gemeinsam die heimatliche Erde betreten, dann gnade ihnen Helios.

Das Ergebnis dieser „Hexenrache“ war, daß große Teile der Landwirtschaft lahmgelegt und die Feste Drachenzahn zerstört wurde. Dies erfuhr der Erzprimus, das geistliche Oberhaupt der Ceriden, und bat den König um Hilfe.  Hierzu ein Auszug aus dem Brief des Erzprimus Benedict Canesius, Abt von Gunara, an den König:

 

 

An seine Göttliche Majestät Helos Aximistilius III

 

Dieweil dann zu unseren Zeiten alle Zaubereyen auf Teufelsgespänst dermaßen überhandnehmen, das schier alle Städt, Märckt und Dörfer im gantzen heligonischen Reiche, will von anderen Völkern und Nationen nicht reden, desselben unzifers und Teufels dienern voll seindt, welche nicht allein die liebe Frucht auf dem Felde, die mit ungewöhnlichen Donnern, Blitz, Schauer, Hagel, Sturmwinden, Reiffen, Wassernöthen, Mäusen, Gewürm und was andere Sachen mehr sein in dem Grundt zu verderben sich unterstehen, sondern auch den Menschen durch Verderbung des Viechs als Küh, Kelber, Pferdt, Schaff und dergleichen zunehmen und abspannen, nach all ihrem Vermögen trachten, ja nicht das Vieh und Frücht der Erden allein, sondern auch ihrer nechsten und etwan gespinsten Blutzfreund nicht verschonen und in großer anzahl hinrichten. Weil dann diesem als, thut ein Obrigkeit löblich wohl und nach Gottes Befehl das sie solche Teuffels kinder die Gott und dem Menschen zuwider und deren abgesagte Feind sein, von der Erden wegräumen, durch fewer und Schwert aus dem mittel nehmen. Darum will ich bitten, daß ihro Gnaden das „Directorium Inquisitorium“  genehmigen zum Wohle des Reiches und der Menschen und des Viechs.

Erzprimus Benedikt Canesius, Abt von Gunara

 

 

Noch drastischer drückte sich der Graf von Drachenhain in einem Brief an seinen Sohn Edmond, ehemals Wolfram, Abt von Dunkelstein, aus. Hier ein Ausschnitt:

 

. . . Man soll das Unzüber austreiben thun, allenthalb, all Oberkeit mit gleicher Rach, das mir doch ainest mögen haben Fryheit und Ruhe ohn allen Schaden. . .

 

Im Jahre 7n.d.F. (nach dem großen Fluch) genehmigte König Helos III die Inquisition und gab damit dem Drängen und Bitten des Erzprimus nach.  Das „Directorium Inquisitorium wider der Hexerei und Magicae destructiva“, kurz „Heilige Inquisition“ genannt, wurde geschaffen. Das Directorium besteht aus zwölf Inquisitoren und dem Großinquisitor.  Der Titel des Großinquisitors und des Erzprimus sind seit 8n.d.F. in Personalunion. Das Directorium ist also direkt dem König unterstellt. Verurteilt ein Inquisitor einen Ketzer, so kann das Urteil nur vom Großinquisitor oder dem König widerrufen werden. Adlige dürfen von der Inquisition nicht  ohne Beisein des Königs verurteilt werden. Bei Freien (Bürgern) muß der Inquisitor ein Tribunal gründen. Er ist verpflichtet zwei Beisitzer zu ernennen, die ihn bei seiner heiligen Arbeit unterstützen. Unfreie und Leibeigene, die der Hexerei und der Schwarzmagie verdächtigt werden, können sofort in einer Art Standgericht vom Inquisitor verurteilt werden. Die peinliche Befragung, auch Tortur oder Folter genannt, darf jedoch bei Adel, Freien und Unfreien angewandt werden. Hierbei ist jedoch zu beachten: der Tod kommt nicht bei der Tortur, denn diese soll ja erst das Geständnis bewirken. Ohne die Geständigkeit darf hingegen keiner gerichtet werden der schuldig ist der Hexerei und Ketzerei.

Die Inquisition stützt sich bei ihrer Arbeit auf zwei juristische Werke: die kgl. Heligonische Halsgerichtsordnung und den Dunkelsteiner Hexenhammer.

 

Der Dunkelsteiner Hexenhammer wurde in den Jahren 6 bis 7 n.d.F. von einem jungen Mönch namens Edmond de la Cruz alias Wolfram von Drachenhain geschrieben. Hier ein Auszug daraus:

 

. . . Welich Mensch im Reich ungelaubig sein und dymit zauberey und mit gifft  umbgeben, soll man auf einer Hauf prennen. Und welicher richter diese Untat nicht richt, denn soll sein Obrister richten und diser weiss, dy der übeltäter verschuldet hat . ..

 

. . . Item so jemand den leuten durch Zauberey schaden oder Nachtheyl zufügt, soll man strafen vom Leben zum Tod. Und soll solche Straf mit dem Fewer thun. Wo aber jemand Zauberey gebraucht und damit niemandt schaden gethan hett, soll sonst gestraft werden nach gelegenheit der sach. .

Erschienen in Helios-Bote 2, Drachenhainer Herold