Lange und intensive Nachforschungen in der Bibliothek des Schreibers Jeremias haben aufschlußreiche Dokumente zu Tage kommen lassen, aus denen sich die dunkle Vergangenheit der ehemaligen Burg Beridhan fast vollständig rekonstruieren läßt.  Alte Schriften und Legenden belegen das unheilvolle Treiben des Herzogs Aroben, der vor über 200 Jahren der Burgherr der jetzigen Burg Tatzelfels war. Auch gewann er einen Einblick in das Schaffen des legendären Gelehrten Vahrim.

 

Die dunkle Vergangenheit der Burg Beridhan

Vor zwei Jahrhunderten lebte im Herzogtum Beridhan Herzog Aroben. Dieser hatte als Angehöriger des niederen Adels sein Leben begonnen, aber sein kluger Geist und sein Talent für Strategie und Taktik ließen ihn einen steilen Aufstieg erleben.  Aroben war zu seiner Zeit berühmt für sein Geschick im Krieg und in der Diplomatie. Jedoch war er berüchtigt für seinen grausamen Charakter und seinem rücksichtslosen Umgang mit denen, die ihm unterlegen waren. Selbst sein Sohn und seine Tochter litten unter ihm.

Schon früh wurden auch die Kinder im Können des Vaters unterrichtet, doch nie konnten sie dem Urteil des Vaters genügen.  Aroben alterte und wurde schließlich gewahr, daß er eines Tages sterben würde, ohne sein Lebenswerk einem fähigen Nachfolger zu hinterlassen. Dies grämte ihn und als er nach einer Lösung suchte, geriet er an die Magie.  Er beriet sich mit Vahrim, einem Alchimisten und Magier, dessen Ruhm weit über seine Zeit bis in die unsere reicht.  Aroben gewährte ihm fast unbegrenzte Mittel zur Forschung, damit dieser für ihn eine List gegen den Tod fand. Vahrim hatte Forschungen über die Natur des Lebens betrieben, war aber bisher weniger an seinem Können, als vielmehr an der Moral der Gesellschaft gescheitert. 

Aroben gab ihm aber nun die Möglichkeit, sich über diese Hindernisse hinwegzusetzen.  Nach langer Zeit der Forschung konstruierte Vahrim einen Apparatus, mit dem es möglich war die Essenz des Lebens aus einem Lebewesen zu gewinnen.  Bei Anwendung dieser Essenz konnte man das Alter und den Tod aufhalten. Der Preis dafür war jedoch das Leben dieses anderen Lebewesens. Nach den alten Aufzeichnungen verschwand Vahrim, nachdem er sein Werk vollbracht hatte. Die Lebende besagt, daß er durch seine Erkenntnisse sogar noch heute irgendwo im Verborgenen leben soll.

Aroben lebte also nun länger als die Natur es für ihn vorgesehen hatte.  Lange Zeit herrschte er und es kamen Gerüchte auf, daß es sich bei ihm um ein widernatürliches Wesen handelt.  Dafür sprach auch die Tatsache, daß immer wieder Menschen auf der Burg verschwanden.  Von diesen Begebenheiten zeugen heute auch noch Gruselgeschichten und Märchen. Aroben führte seine Eroberungen fort, bis eine Grafschaft – Purpurfeld mit Namen – ihm trotzte.  Nur mit Mühe und dem Können der Gräfin Isabel konnte Purpurfeld überleben.  Dennoch war es nur eine Frage der Zeit, bis auch sie Aroben zum Opfer fallen würden.  Überraschender Weise bat Aroben die Grafschaft um Friedensverhandlungen auf seine Burg.  Als Sicherheit überließ er Purpurfeld seine Tochter.  Dennoch ermeuchelte er die Gesandtschaft und nahm Isabels Essenz in sich auf.  Ihre Widerstandskraft war zu seiner Lebenskraft geworden.  Der Tod wurde damals als Überfall getarnt.  Purpurfeld wurde in den folgenden Wochen ohne großen Widerstand überrannt.  Unter den Gesandten befand sich der Barde Lukan Rabensang, der die Dame Isabel zu seiner Minnedame gewählt hatte. Er selbst war nicht adlig, um Isabel aber beminnen zu können, täuschte er einen solchen vor.  Als Isabel nicht aufgefunden wurde, da sie ja dem Apparatus zum Opfer gefallen war, forschte der Barde nach.  Er fand heraus, daß Aroben Unseeliges trieb und der Tod seiner Dame ihm anzulasten war.  Er schwor sich, daß er nicht eher ruhen würde, bis die Tat gerächt war. Nach langen und vorsichtigen Vorbereitungen stellte er Aroben.  Im Labor des Apparatus fochten sie gegeneinander, wobei die Maschine zerstört wurde.

Aroben schaffte es in ein anderes Zimmer zu flüchten, wohin ihm auch Lukan folgte.  Im Gefecht entbrannte ein Feuer, das durch eine umgefallene Kerze ausgelöst wurde.  Lukan rannte aus dem Zimmer und hielt die Tür zu.  An der Tür selbst befand sich allerdings kein Riegel und auch war nichts zum verkeilen der Tür erreichbar.  Er hatte also nun die Wahl, die Tür weiter zu versperren, Aroben zu richten und dabei selbst zu sterben, oder sein Leben und damit auch Arobens zu retten.  Ob seines Schwures entschied er sich für den Tod. Nach Arobens Tod wurde er in der Gruft der Burg begraben und mit ihm alle Dokumente und Utensilien, die von seinen unheiligen Taten zeugten, ebenso die Überreste des Apparatus.  Wie befürchtet zersplitterte das Herzogtum.  Die umliegenden Reiche verleibten es sich unverzüglich ein, wobei die Kinder fort gejagt wurden.  Nie wieder sollte diese Familie so viel Macht erlangen können. 

Der Rebell Adveri von Beridhan

Dennoch überlebte das Geschlecht und agierte von nun an im Untergrund.  Unter dem Deckmantel des Einsatzes für das Wohlergehen des Volkes, versuchten sie wieder ihre alte Position einzunehmen.  Heute ist der Anführer der Rebellen ein junger Mann namens Adveri von Beridhan. Er ist  ein legitimer Nachkomme Arobens. Er wird vom Volk des ehemaligen Beridhans als Held verehrt.  Es ist offensichtlich, daß das, was früher Beridhan gewesen war, heute ein spannungsgeladenes Pulverfaß ist, in dem verschiedene Interessen zum Tragen kommen. Durch diese Zerrüttung und die Unfähigkeit nachfolgender Barone ist dieser Landstrich heute ein Reich des Elends. Um die Wogen zu glätten, erklärte der alte Fürst von Thal, Khelvan, daß Adveri nicht mehr als Verbrecher gelten solle.  Er versprach ihm, ihn als Baron in seiner alten Heimat einzusetzen, um so der Feindschaft und den Unruhen ein Ende zu bereiten. 

Dieses Versprechen war aber nur eine politische Finte und war nur mündlich geschehen.  Der unfähige Baron Windjon, der Adveris Vorgänger hätte sein sollen, verstarb unglücklich bei einem bisher noch nicht ganz geklärten Jagdunfall.  Khelvan mußte nun seinen kurzsichtigen Worten Taten folgen lassen.  Sein groben Fehler einsehend, dankte er an seinen Sohn Bartha ab.  Der neue Fürst von Thal ließ den nur mündlich vereinbarten Vertrag nicht gelten und vertröstete Adveri auf bessere Zeiten. Bartha hatte nämlich schon andere, lukrativere Pläne diesbezüglich gefaßt.

Baron Leomar von Tatzelfels neuer Burgherr auf der ehemaligen Burg Beridhan

Graf Waldemar von Drachenhain trat an ihn heran, um mit ihm einen Handel abzuschließen.  Dieser Handel drehte sich um den Tausch der Baronie Beridhan gegen eine ungleich reichere Baronie im Süden Drachenhains, die an Thal angrenzte: Güldental.  Der Grund für diesen Tausch ist der Fluch derer zu Drachenhain.  Der Vater sah darin eine Möglichkeit, den Fluch zu umgehen, da sich Beridhan außerhalb der Grenzen Drachenhains und damit außer Reichweite des Fluches befand. Somit schuf er seinen Nachkommen eine neue Heimat.  Dieser Handel war Thal nicht unrecht, da es sich so einer unbequem gewordenen Provinz entledigte. Waldemars Kinder, die bereits bestens bekannt sind, zogen nun zur ehemaligen Burg Beridhan, um die erste Amtshandlung Baron Leomars zu feiern: die Umbenennung der Burg in „Burg Tatzelfels“.  Zu diesem Anlaß lud Baron Leomar die Bevölkerung auf seine Burg ein. Es sollte ein rauschendes Fest stattfinden. Barden und Gaukler aus allen Teilen Heligonias gaben ihre Kunst zum Besten.

Unruhen auf Burg Tatzelfels

Die Zeit des leichten Lebens sind nun für Baron Leomar vorbei. Die Pflichten, die die Burgübernahme mit sich bringen sind beträchtlich. Schon am Tage seiner Anreise waren Unruhen zu vermelden. Adveri von Beridhan hatte offensichtlich nicht die Absicht, die Burg kampflos zu übergeben. Jede Gelegenheit die Feierlichkeiten zu stören, wurde von ihm genutzt. Sein Terror gipfelte darin, daß er ein unschuldiges Bauernkind entführen und ermorden ließ. Doch damit hatte er sich den Zorn der Bevölkerung zugezogen, die nun nicht mehr bereit war an seiner Seite zu kämpfen. Somit konnte Adveri von den Wachen Leomars dingfest gemacht werden. Derzeit wird er vom Kerker der Burg Tatzelfels nach Drachenhain überstellt, wo ihn der Richterspruch des alten Grafen Waldemar erwartet.

Das Erbe Arobens

Wie bekannt hat sich Leomars Schwester Syria Jaldis der Wissenschaft verschrieben. Seit längerer Zeit forschte sie nach dem sagenhaften Jungbrunnen, der sich auf der Burg verbergen soll. In aller Heimlichkeit schaffte sie die verbliebenen Schriften und Reste des sagenumwobenen Apparatus in ihr Labor. Im verborgenen Turmzimmer versuchte sie ihre Erkenntnisse umzusetzen und wollte mit Hilfe des Apparatus die lebensverlängernde Essenz herstellen. Doch ihre Versuche schlugen fehl und das Experiment gipfelte darin, daß sie zwar kurzfristig jünger wurde, dann aber in doppeltem Maße alterte. Um ihre Forschungen zu einem befriedigendem Ergebnis zu führen, wollte sie Aroben selbst zu seinem Geheimnis befragen. Deshalb schloß sie die Reste des verbrannten Körpers Arobens an den Apparatus an und erweckte ihn schließlich wieder zum Leben. Gemeinsam gelang es ihnen die Essenz des Lebens zu gewinnen. 

Der Versuch an einem Menschen widerstrebte Syria und sie versteckte die gewonnene Essenz. Für Syria war jetzt die Zeit gekommen Aroben zu töten, doch dieser hatte ihre Aufschriebe diesbezüglich gelesen. Syria hatte aus Gewissensgründen ein Tagebuch geführt, worin sie ihre Sorgen und Hoffnungen niedergeschrieben hatte.  Aroben kam ihr zuvor und schlug nieder. Er verband sie mit dem Apparatus und versuchte wieder die Essenz eines Menschen zu destillieren.  Doch die Maschine drohte zu zerspringen. Aroben schaffte es  nicht, die Explosion zu verhindern.  Die Maschine wurde dabei teilweise zerstört. Syria alterte durch den Entzug ihrer Lebenskraft, starb aber nicht und Aroben fiel in Ohnmacht.

Das Ende Arobens?

Als er wieder erwachte und erkannte, was geschehen war vernahm er aufgebrachte Stimmen von draußen. Die Beweismittel versteckte er in der Burg an verschiedenen Orten und trank die letzten ihm verbliebenen Ampullen.

Die Verunreinigungen der Essenz kamen durch diese Überdosis zum tragen: sein Geist war verwirrt und wahnsinnig und sein Körper zerfiel mit rasender Geschwindigkeit.

Irgendwo auf der Burg legte er sich nieder und begab sich in die Arme des Todes.

Syria lebte zwar noch, aber ihre Lebenskraft schwand dahin. Geistig verwirrt und senil wandelte sie durch die Gemächer der Burg. Von dem Major Domus wurden die Bediensteten angewiesen Stille zu waren, er selbst teilte Leomar die Merkwürdigkeit mit. Leomar bat daraufhin Magier und Alchimisten die zum Fest wegen der Lösung seines Fluches geladen waren, zu sich. Die weitaus dringlichere Angelegenheit war nun die Errettung seiner Schwester.

Archivar Jeremias, Bibliothekar auf Burg Tatzelfels

Erschienen in Helios-Bote 3