Krom zum Gruße, werter Hauptmann!

Leider lässt mir unser Kreuzzug gegen die Oberwerrner kaum Gelegenheit, meine Ausbildung zum Offizier zu vervollständigen. Und so fällt mir die Handhabung eines Federkiels noch immer genauso schwer wie die Benutzung von Messer und Gabel. Nach unendlicher Bemühung ist es mir jedoch endlich gelungen, einen Ersatzschreiber für Laars Seehoff zu rekrutieren. Der arme Laars hat sich für einige Monate in einen Tempel zurückgezogen, vermutlich um seine Brandwunden auszukurieren, die ihm Giselher aufgrund seines Hasses gegenüber Magiern zugefügt hatte. Bei meinem neuen Schreiber handelt es sich um die Feenmagierin Elora, die Giselher neulich aus einer etwas prekären Situation gerettet hat. Seitdem schwänzelt sie die ganze Zeit um ihn herum und Giselher ist kurz davor, sich selbst auf einen Scheiterhaufen zu stellen…

Dieses Land Heligonia ist wirklich ein Paradies – für Söldner jedenfalls! Wie bereits in unserem letzten Bericht erwähnt heuerten Korporal Giselher und ich Burg Katzenstein (wie Ihr Euch sicher noch erinnert, ist dies die Burg, die abbrannte, bevor wir dort eintrafen) als Leibwache des Abtes von Dunkelstein und Inquisitor seines Ordens der Ceriden, Edmond de la Cruz, an. Und eine Leibwache ist in diesem von Bürgerkrieg, Intrigen und unfähigen Gardisten heimgesuchten Landen fürwahr bitter nötig, will man nicht um Leib und Gold fürchten! Nach etwa zwei Monaten Dienst als Wache des Inquisitiors, beschloss dieser, seinen Bruder Baron Leomar von Tatzelfels einen kleinen Besuch abzustatten, um eine längst offene Partie Schach zu beenden. Endlich ein festes Ziel vor Augen bat ich Korporal Falk, der sich temporär Arnulf und seinen Mannen angeschlossen hatte, sich Leomars Hofe auf der neuen Burg Tatzelfels einzufinden. Diese Burg steht in der ehemaligen Baronie Beridhan, Leomars Lehen. Viele Beridaner sehen in Leomar jedoch einen Despoten, der einen gewissen Adveri im seinen rechtmäßigen Thron gebracht haben soll. Dieser Adveri Freiheitskämpfer bzw. Terroristen, ihre Bezeichnung hängt davon ab, auf welcher Seite man steht, um sein Recht einzumahnen. Zum Glück dieser Schurken kam Adveri nicht auf die Idee uns unterwegs zu belästigen und so erreichten wir die Burg noch rechtzeitig zum Abendessen. Zum Nachtisch gab es eine Leiche. Seine Eminenz, der Inquisitor, konnte es natürlich nicht darauf belassen, dass ein Mord in den Mauern seines Bruders Burg den Namen der Familie beschmutzte. Also beschloss er, einigen Leuten auf den Zahn zu fühlen. Ich muss seine Art, dies zu tun wirklich bewundern. Irgendwie schaffte er es durch bloße Fragerei, dass die Leute so aussahen, als hätte ihnen Schmied Arnulf auf den Kopf geschlagen. Wir durften einige Verdächtige arrestieren und einen sogar ein wenig foltern. War zwar leider nicht der Täter, aber ein wenig Folter hat noch nie jemanden geschadet (zumindest uns nicht). Entweder war der Mörder Masochist und liebte die Folter, oder wir hätten zwecks der Abschreckung doch noch ein paar Leute „befragen“ sollen, jedenfalls hat er gleich noch mal zwei Personen ins Jenseits befördert. Pech, dass sie keine kompetente Leibwache hatten. Im Lauf der nächsten Tage klärten sich die Morde dann jedoch auf. Naja, eigentlich wären mir unaufgeklärte Morde lieber gewesen, da kriegt man beim Drübernachdenken nämlich weniger Kopfschmerzen. Irgendwie hatte das Ganze etwas mit einer alten Frau zu tun, die die Finger nicht von einer Maschine mit mehr als drei Schrauben lassen konnte und dadurch eine sehr ansteckende Krankheit hervorrief, dazu kamen zwei Katzen, die sich in ihrem Labor rumtrieben, und ein recht merkwürdiges Buch über Kriegsführung. Irgendwann ist dann das Labor abgebrannt (Ursache Brandstiftung. Dies ist nun schon die zweite Burg in Folge, die wir nicht angezündet haben!) Außerdem ist Schmied Arnulf jetzt ein Werwolf. Zwischendurch gab es einen Bauernaufstand und die Rebellen stürmten die Burg. Der Mörder war übrigens der Stallbursche. Die Oberwerrner hätten so einen Wirrwarr nicht besser hingekriegt.

Wundert mich sowieso, dass nicht noch mehr schiefgegangen ist. Wenn einfach jeder so mir nichts dir nichts in die Burg kommen kann, weil die Wache gerade in der Taverne den Met bewacht, Leomar trotz der Morde mutterseelenallein durch die Burg schwadroniert und jeder ungestraft mit Feuerstein und Zunder rumspielen darf. Dann gab es auch noch eine Kreatur aus den Sumpflanden, die ganz gut in Giselher Sammlung ekliger Dinge gepasst hätte. Sollte mal was gegen trockene Haut unternehmen, war voller schimmelgrüner Schuppen. Diese Kreatur hielt wohl nicht viel von Gastrecht und hat etwas geschmiedet. Giselher meint es wäre ein Kompott. Scheinbar hat in Tatzelfels jeder das Recht im Schloss Waffen zu tragen und unliebsame Zeitgenossen zu belästigen. Jedenfalls beschloss dieses Wesen mit der ungesunden Haut und der gespaltenen Zunge mit ein paar Spießgesellen dem Inquisitor mitten im Thronsaal ein paar Löcher in das Samtgewand zu pieksen. Wir brachten seine Eminenz sofort in ein angrenzendes Turmzimmer und verrammelten die Türe. Der Inquisitor verschwand durch einen Geheimgang und Giselher und ich blockierten die Türe, bis sein Vorsprung groß genug war. Dann baten wir Häuptling gespaltene Zunge und seine Mannen herein. Ein Zehn zu Eins-Übermacht wäre eigentlich kein Problem gewesen. Der Inquisitor war weg und mit etwas Verhandlungsgeschick und einigen Kisten Bier aus der Taverne hätten wir wohl in einem Saufgelage mit unseren Widersachern einen glorreichen Sieg erzielt. Irgendwann wollte die Palastwache auch etwas Spaß haben und beschloss einzuschreiten. Der Möchtegern-Krieger, der sich mit seinem Messer an meiner Kehle abstützte, zog es vor, seine Klinge durchzuziehen. Habe ein Kopfgeld auf seine Identifizierung ausgesetzt. An dieser Stelle möchte mich auch bei allen Heiler bedanken, die mir das Leben gerettet haben.

Am nächsten Tag wurde so etwas wie Gericht gehalten. Verhandelt wurde über einige Kleinigkeiten, der Meuchelmörder und seine Spießgesellen durften in aller Ruhe zusehen. Aber darum werde ich mich jetzt persönlich kümmern. Giselher gefiel die Sache auch nicht so ganz und so verabschiedeten wir uns von Edmond und verließen den Ort, bevor Giselher seine Streichhölzer fand. Zum Abschied bedankte sich Edmond bei uns, indem er uns zu Hauptleuten seiner Dunkelsteiner Garde ernannte. Außerdem erhalten Giselher und ich jetzt eine monatlich Zuwendung von je zwei heligonischen Dukaten. Dies entspricht etwa dem jährlichen Staatshaushalt von Euerbach. Giselher und ich werden natürlich die Hälfte des Betrages dem Wiederaufbau Niederwerrns zu Gute kommen lassen und mit dem Rest unseren Lebensunterhalt bestreiten.

Die hübsche Prinzessin Celia von Thal war übrigens hocherfreut uns wiederzusehen. Dies hatte zwei Gründe: erstens weiß sie aus Erfahrung, dass sie in unserer Nähe sicher ist und zweitens hatte sie durch uns wenigstens noch zwei andere Personen außer ihrer charmanten Leibwächterin Iridal, die ihre Anwesenheit überhaupt bemerkten.

Untertänigst

Wolfrik

P.S.: So eine Inquisition ist übrigens recht praktisch. Man muss sich nicht dauernd den Kopf zerbrechen, warum man jemanden verhaften und foltern will. Können wir so etwas nicht auch zu Hause einführen?

Erschienen in Helios-Bote 3