Vor langer Zeit lebte ein armer Fischer in Brazfurt, ein kleines Dorf nördlich von Escandra am Ufer des Brazach gelegen. Seine ärmliche Hütte befand sich nahe dem Parimawald, über den sich die Menschen die seltsamsten Geschichten erzählten. Eines Tages begab er sich in den Wald um Feuerholz zu suchen. Da erblickte er auf einer Lichtung ein seltsames Leuchten. Als er darauf zu ging wurde aus dem Leuchten ein strahlendes Licht und seine Augen waren geblendet. Wie er seine Umgebung wieder wahrnehmen konnte, lag dort auf der Lichtung eine wunderschöne Frau mit schneeweißer Haut und rabenschwarzen Haaren. Zuerst wähnte er sie tot, doch dann konnte er noch ihren schwachen Atem spüren. Er hob sie auf und trug sie nach Hause. Dort erholte sie sich dank seiner aufopfernden Pflege und in ihnen entbrannte das Feuer der Liebe. Viele Monde gingen dahin, doch sie sprach nie über ihre Herkunft und ihre Vergangenheit. Als sich der Tag der Helioswende näherte sprach sie zu ihm: „Geliebter, ich werde Dich für zwei Tage verlassen, um im Wald allein zu sein. Bitte vertraue mir und verfolge mich nicht.“ Wie versprochen kehrte sie nach zwei Tagen in die Fischerhütte zurück und sprach kein Wort darüber, was sie dort im Wald erlebt hatte. So ging das Jahr für Jahr immer zur Zeit der Helioswende. Die Jahre gingen dahin und der Fischer wurde immer älter. Die Frau jedoch behielt ihre Schönheit und Jugend. Oft fragte sich der Fischer nach ihrem Geheimnis, denn er wußte zwar, daß auch den Elfen ein längeres Leben beschieden ist, doch seine Frau war allem Anschein nach keine Elfe. Nach Jahren der Ungewissheit hielt er seine Neugier nicht mehr aus und als der Tag wiederkehrte, an dem sie wieder in den Wald ging, verfolgte er sie. Die Frau lief zu der Lichtung, an der er sie vor vielen Jahren gefunden hatte. Hinter einem Baum versteckt konnte er beobachten, wie sie seltsame Dinge in einen schönen, güldenen Kessel tat und dabei ein Lied sang. Diese Tat nahm die ganze Nacht in Anspruch.  Schon glaubte der Fischer mit einer Hexe zusammen zu sein. Doch als Helios seine ersten Strahlen vom Himmel schickte erschienen auf der Lichtung die Umrisse eines marmornen Gebäudes. Von Nebeln umspielt und in helles Licht getaucht sah er die Frau in dieses Gebäude eintreten. Augenblicke später war das Gebäude und seine Frau verschwunden. Verwirrt über dieses Erlebnis lief er nach Hause.  Wie in den Jahren zuvor kehrte seine Frau am dritten Tage zu ihm zurück. Er gestand ihr seine Neugier und berichtete was er in der Lichtung im Parimawald gesehen hatte. Da brach die Frau ihr Schweigen und erzählte dem Fischer, daß sie aus dem Feenreich gekommen ist.  Von dort wurde sie beauftragt etwas in der Menschenwelt zu suchen, das für die Feen von großer Wichtigkeit ist, was es jedoch ist dürfe sie niemals verraten. Damit gab sich der Fischer zufrieden und er genoß jedes weitere Jahr, das er mit der Fee verbringen durfte. Nach seinem Tode trug sie ihn zu Grabe und verschwand im Parimawald. Noch heute behaupten immer wieder Holzfäller und Jäger, daß ihr liebliches Lied  im Wald zu hören sei, doch sie ward nie wieder gesehen.

Erschienen in Helios-Bote 4