Erster Tag

Eine Woche wütenden Unwetter und der Himmel schien sich all das von der Seele weinen zu wollen, was die Menschen ihm an Haß und Sinnlosigkeit dar boten.

Obgleich die Sonnenwende wohl schon einen Monat zurücklag und der längste Tag des Jahres eigentlich den Sommer hätte bringen sollen, schienen die Wege zu Ozeanen von Matsch und Schlamm werden zu wollen, wie damals als die Truppen des Sar Errass Mitten im Sommer….nein, ich will nicht abschweifen.

So wanderte ich denn die Straßen dieses Landes, von dem ich nur aus Geschichten der Händler und Gelehrten etwas wußte. Nach Tagen der Einsamkeit, kam es zu einer Begegnung, die noch einiges nach sich ziehen sollte, eine Begegnung, mit einem Mann, von der ich nicht weiß, ob ich sie der neuen Narben wegen verfluchen, oder dankbar auf sie zurückblicken soll da die Strapazen wohl leicht durch ein paar Kronen und den einen oder anderen trefflichen Waffengang aufzuwiegen waren. Ich weiß nicht unter welchen Namen er den Fräulein dieser Welt die Jungfräulichkeit des Abends raubte oder wie viele Zuhälter er um ihr Geld geprellt hatte, doch heute nannte er sich Wolf. Dieser stinkende Hurensohn war ein amüsanter Weggefährte und sollte ein guter Freund werden. Wolf hatte von einem seltsamen Metall gehört, daß in einem nahegelegenen Wald gefunden worden war und hunderte, auf der Suche nach Profit und Reichtum in diesen Landstrich lockte. Da mein Schwert nicht durch andere Verträge gebunden war, schloß ich mich ihm an und wir zogen in die Richtung des Abendsternes, um den sagenhaften Parimawald zu finden. Wahrlich, was die Menge der Schatzsucher betraf, so hatte Wolf die Wahrheit gesprochen.

 Bereits einige Meilen vor dem Wald schien alles, was gehen konnte, oder genügend Geld für Träger besaß, den Weg zu Gold und Reichtum zu suchen. Seltsames Volk, vom gottgleichen Gaukler über waffenstarrende Maulhelden bis hin zu wissensdurstigen Alchimisten und Hexer, alles schien sich eingefunden zu haben. Vor allem die letzteren, die ja bekanntlich einen freundlichen Handschlag nur mit einem Feuerball zu beantworten wissen, brachten mich dazu Wolf zu überreden einen anderen Platz für ein Nachtlager zu suchen.  So trennten wir uns denn an der ersten Kreuzung des Waldes vom Troß, nicht jedoch ohne vorher von ein paar Bauern, deren Mistgabeln man gegen Schwert und Speer ausgetauscht hatte, zu erfahren, daß das seltsame neue Metall den Namen Ameryll trüge und nur von einem gewissen Herrn Amer angekauft werden dürfe. Dieser sollte im Auftrag eines Königs handeln.

Wir folgten also dem verwaisten Weg, und plötzlich standen wir einem abscheulichen Wesen gegenüber, menschlich an Form und Gliedmaßen, jedoch mit einem Horn auf der Stirn und ganz und gar in Felle gehüllt. Außer einem unheimlichen Knurren ward kein menschliches Wort seiner Kehle zu entlocken und weil das sinnlose stehen auf Waldwegen nun einmal nicht eine warme Mahlzeit oder gar ein Nachtlager einbringt, ließen wir das Wesen stehen wo irgend ein Gott es wohl hatte fallen lassen und zogen weiter die Straße entlang. Doch alte Erfahrungen, die besagten, wo eins da mehr, schienen nicht ihren Wahrheitsgehalt einbüßen zu wollen und der Geruch von Feuer sowie gedörrtem Fleisch führte uns geradewegs in ein kleines Tal, das wohl ein ganzer Stamm der Gehörnten zu seinem Wohnsitz erkoren hatte. Wild brüllend und in dieser Anzahl durchaus zur Vorsicht mahnend, stürmten an die hundert in Felle gekleidete der Talbewohner auf uns zu die allesamt mit Keulen bewaffnet waren. Unwillkürlich zuckte meine Hand an den Knauf meines Schwertes. Auch Wolf machte den Eindruck, daß er daran dachte seine Schwerter zu ziehen. Die Geschwindigkeit mit der er dies tat, gab zu verstehen, daß er schon oft seine Zunge auf diese Weise vor einem grausam Schicksal retten mußte. Anhand der deutlichen Überzahl entschlossen wir uns jedoch, die Diplomatie unsere Waffe werden zu lassen und es gelang uns eine Art Kommunikation mit Eingeborenen. “Ne” so ihre Vokabel für Eisen, “Lo” war ihr Wort für Holz, ”Dulo” nannten sie den Wein und “Musso” war das Weib. Am wichtigsten mag das Wort für Freund sein: “Terima”. Jedem, den sie als “Naffiki” bezeichnen empfehlen wir sich zügig zu entfernen, es sei denn er ist des Lebens überdrüssig. Endgültig als Terima akzeptiert zu werden, gelang uns dann durch eine Flasche Wein, den wir ihnen zum Geschenk machten. Wissend, nun den Rücken frei zu haben, suchten wir weiter nach einer Schlafgelegenheit….

als wir plötzlich wieder im Lager der Schatzsucher standen. Eigentlich  hatten wir es zu umgehen gesucht. Zuerst dachten wir, daß unser Orientierungssinn uns verlassen hatte, doch es war wie verhext, denn auch andere hatten versucht, an einem anderen Platz ihre Zelte aufzuschlagen und waren geradewegs wieder dort gelandet, von wo sie aufgebrochen waren. Außerdem ging das Gerücht um, daß auch eine Expedition und einer alter Mann, beide angeblich schon vor Jahren im Parimawald verschollen, sich an den Feuern der Abenteurer eingefunden hätten. Sowohl die einen als auch der andere behaupteten erst einige Tage im Wald zu sein. Ein Umstand der nach Klärung rief, aber durchaus zu verschieben war, bis ein Zelt aufgeschlagen war und eine kleine Mahlzeit das Knurren unserer Mägen gestillt hatte. Das Zelt teilten wir uns mit einem weiteren Mann, vermutlich ein Priester, dessen kleine feurigen Augen alles aus dem Schatten seiner Kapuze ganz genau zu beobachten schienen. Er selbst nannte sich Joseph. Auch mit einem gewissen Cerobald, seines Zeichens ein Hexenmeister, und seinem Lakaien kamen wir in näheren Kontakt. Es hätte sicherlich ein ruhiger und geselliger Abend werden können, hätten nicht die Fragen über unsere anscheinende  Gefangenschaft im Walde unsere Herzen beschwert. Also unternahmen Wolf, Joseph und ich, kurz bevor die Sonne den fernen Hügeln einen gute Nacht Kuß gab, den Versuch einen Weg aus Misere und Wald zu finden. Da aus dem Lager der Quez-Seletan, so nannten sich die Eingeborenen, Trommeln und furchterregende  Laute tönten, umgingen wir es weiträumig, als mit wir einem Mal zwei Gestalten im Walde begegneten. Eine Elfe, die uns vorher schon erzählt hatte, sie würde einen Großmeister der Magie in dieser Gegend suchen und eine seltsame Gestalt mit der gespenstischen Ausstrahlung eines wandelnden Friedhofs. Beide kreuzten wortlos unseren Weg und entschwanden, ohne den Blick zu heben, in Richtung unseres Zeltplatzes. Als wir ihre Spuren zurückverfolgten, fanden wir den sterbenden Körper eines Eingeboren, dessen durchschnittene Kehle nur noch gurgelnd das Wort “Terima” hervorbrachte, kurz bevor seine Seele sich auf den Weg in die nächste Welt machte. Ein Mord war geschehen und mögen die Götter Gnade für die Schatzsucher walten lassen, wenn die Quez-Seletan den Mord entdeckten….

Von diesen Eindrücken gelenkt begaben wir uns auf den Rückweg zu unserem Lager, wo inzwischen ein gewaltiger Aufruhr herrschte. Wie es schien, war ein Herr Amer aufgetaucht, der das Ameryll für den König ankaufen wollte, doch nicht nur einer, ein zweiter hatte sich eingefunden, der ebenfalls behauptete dem hiesigen Monarchen zu dienen, den anderen jedoch beschuldigte, ihn um Gold und Helios-Brief gebracht zu haben. Als wäre das noch nicht genug hatten sich die Söldner des einen Herrn Amer mit den Dukatenschatulle und den bereits gekauften Ameryll Vorräten aus dem Staube gemacht. Außerdem wurde von ein paar feenhaften Waldgeistern erzählt, die alle Anwesenden am nächsten Mittag zu einem Spiel um ihre Freiheit herausgefordert hatten. Spiele niemals mit Feen, sagt man bei uns, denn im Gegensatz zu dem ihren ist Dein Leben begrenzt. Die gereizte Stimmung im Lager, trieb uns an jenem Abend ein weiteres Mal zu den Gehörnten, die uns, nachdem wir ihnen Eisen, Wein und Tabak brachten, erlaubten, von nun an frei ihr Dorf zu betreten und uns außerdem eine junge Zigeunerin, die sie im Wald gefangen hatten, zum Geschenk machten. Es gibt wenige Momente, wo ich meine Prinzipien in Sachen Sklaverei und Brandschatzen in Zweifel ziehe, doch der Anblick dieses Geschenkes leitete einen eben dieser ein….

In den frühen Morgenstunden kehrten wir weinselig zu den unseren zurück, doch trotz des vielen Alkohols, quälten wir uns durch die Mauer der vielen Eindrückte, mühsam in das Reich des Schlafes.

Zweiter Tag

Der Morgen begann wie der Abend geendet, mit Verwirrung und Tumult. Die Angst und Unwissenheit der Schatzsucher hatte sich in Zorn gewandelt und richtete sich nun gegen die beiden Herrn Amer. Denn wer auch immer der Richtige war, so hatte er sie doch alle mit dem Versprechen von Gold für Ameryll in den Wald gelockt. Jetzt hatten alle die Taschen voll mit dem seltsamen Metall, doch wollte die Bezahlung sich, der Umstände wegen, nicht einstellen. So wurden zuerst einmal ein paar Magier bestellt um den Wahrheitsgehalt der Aussagen, welche von beiden getroffen wurden zu überprüfen. Magier…die Armen ahnten ja nicht, daß die den Bock von Lüge und Intrige zum Gärtner im Garten den Wahrheit gemacht hatten. Nun, auch wenn es mich jedesmal mit Abscheu erfüllt, wenn Hexer ihr Handwerk ausführen, so muß ich doch zugeben, daß ich mir ein Lachen verkneifen mußte, als die Herren Neunmalklug so manchen kostbaren Augenblick mit Rangeleien über Herkunft, Wissen und Kompetenz verschwendeten. Als dann endlich einer seine Formeln sprach, erreichte die Spannung ihren Höhepunkt. Tatsächlich, einer der beiden Amers wurde als Lügner entlarvt. Nach einer kurzen und verzweifelten Flucht, wurde er gestellt und der selbst ernannten Lagerwache übergeben. Mögen die Krähen sich nicht den Magen an ihm verderben.

Im Auftrag des wahren Königsgesandten stellte ich nun dann eine kleine Gruppe von Haudegen zusammen und führte sie gemeinsam mit Wolf, Cerobald, Joseph sowie einem Beauftragten des Amer auf die Suche nach den untreuen Söldnern und ihrer Beute. Alsbald schloß sich uns eine weitere Truppe von Kämpfern an, die durch ihre Entschlossenheit und ihr Auftreten allein genügt hätten, die Treulosen zur Aufgabe zu bringen. Schnell war das Camp der Abtrünnigen gefunden und wie es vor jeder Schlacht üblich beschimpften und verhöhnten sich beide Seiten ein Weilchen. Dies schienen Cerobald und ein andere Magus genutzt zu haben um den Feind mit ihren unnatürlichen Fähigkeiten zu untersuchen. Felis, ein Freund des Cerobald, erkannte bei ihnen eine seltsame Aura, die auch schon dem falschen Herr Amer angehaftet war. Dies waren Felis´ Worte. Wenn die Zauberei auch nichts ist, mit dem sich ein wahrer und aufrichtiger Mann beschäftigen sollte, es sogar besser den Dämonen und Feen überlassen sollte, so mußte ich  an jenem Tag ein zweites Mal gestehen, daß, wenn die Magie sowieso eine Karte im Spiel ist, ein magischer Trumpf im eigenen Ärmel nie Schaden kann. Nichtsdestotrotz stürmten wir alsbald den Gegner. Ein Sieg, ohne eigene Verluste, mit vielen toten Feinden auf dem Acker des Gefechts ist ein guter Sieg. Einen der diesen errangen wir über die bezauberte Schar, noch bevor die Sonne im Zenit stand. Die wenigen Wunden, welche wir davontrugen heilte Felis auf seine eigene Art. Siegreich zogen wir zurück, um Herrn Amer sein Gold zurückzubringen und um ausgezahlt zu werden. Doch erneut war uns keine Ruhe beschert, denn die Ereignisse hatten sich inzwischen überschlagen: Waldfeen hatten sich zu Wort gemeldet und verlangte von uns, daß wir einen Spieler für ihr Spiel zu wählen hätten, außerdem erreichte uns die Kunde, das wohl ein Drache im Wald leben sollte, der unter den Augen von wohl einem Duzend gut bewaffneter, jedoch feiger “Krieger”,  einen Zwerg zum Frühstück auserkoren hatte. Die Eingeborenen schienen den Drachen als Gott zu verehren. Eine Gruppe Helden war darauf losgezogen, den Drachen zu Strecke zu bringen, eine weitere um eben diesen vor Feuer und Stahl der Ersteren zu schützen… die Feen mußten wohl ihre Köpfe trunken gemacht haben, jedenfalls erschien mir erstmals die Kultur der Wilden als Alternative zu der meinen…

Nur knapp entgingen wir dem Schicksal, von unseren eigenen Schwertern, schmerzhaft und sinnlos dezimiert zu werden.

Nachdem alle Köpfe sich abgekühlt, das Feuer in den Augen der Streit suchenden Recken erloschen und ihre Waffen aufgehört hatten nach Blut zu schreien, wandte man sich dem Feenspiel zu. Es wurde uns zur Aufgabe gemacht, Steine eines Puzzles durch das Lösen von Rätseln zu finden, ein medial veranlagter Zigeuner führte uns durch seine Visionen zu den Orten, die als Ausgangspunkte für die jeweiligen Aufgaben der Waldgeister erklärt wurden. So galt es zum Beispiel ein furchterregendes Monster in den Tiefen des Waldes zu finden oder, mehr durch Glück eines Zwergen und Josephs, als durch die zweifelhaften Vermutungen der Gelehrten, Statuen in der richtigen Reihenfolge zu Leben zu erwecken. Auch mußte alles Ameryll den Feen überlassen und durch geschickte Verhandlung mit einem alten Mann, ihm sein Wissen über einen der Puzzlesteine, entlockt werden. All diese Aufgaben waren nichts für jene, deren Nerven sie schon nach Einbruch der Nacht verließen.

Den ganzen Tag und die ganze Nacht, jagten wir einem Rätsel nach dem anderen nach. Auch den Drachen ereilte sein Schicksal, der halb verdaute Zwerg konnte sogar noch von den Klerikern gerettet werden. All die Verwirrung nutzten jedoch die Eingeborenen um im Laufe des Abends, Teile des Lagers zu besetzen. Vor allem die notdürftig improvisierte, doch gemütliche Taverne, schien es ihnen angetan zu haben. Erst als der Schamane der Gehörnten ein paar wütende Worte, die Wolf und ich inzwischen fast alle verstanden, sprach, kehrte der Stamm heim in sein Tal, nicht jedoch ohne den Wirt um seine Vorräte zu erleichtern. Mit all dem Wein und Met verbrachten wir die Nacht im Lager der Eingeborenen, und als plötzlich der Wald seine Schrecken verlor, als die Tiere der Nacht einen Gesang anstimmten, der wohl einer Elfe Konkurrenz machte, wurden wir gewahr, daß wohl auch das letzte der Rätsel eine Lösung gefunden hatte. Später erfuhren wir, daß dazu sogar ein Ausflug ins Feenreich nötig war. So feierten wir noch bis wohl zur 3 Morgenstunde mit dem gastfreundlichen Waldvolk, um dann in der Taverne, mit den letzten geheimen Vorräten des Wirts, das erste Licht des neuen Tages zu erleben. So zogen wir singend und tanzend angespornt von den lustigen Stücken eines Gauklers und im Leid aller Welten durch die Lieder zweier Barden vereint in einen Neuen Tag, wissend und hoffend, daß die Trennung die uns allen widerfahren sollte, nicht endgültig war….

Das Leben eines Menschen ist kurz, doch das Bewußtsein um diese Tatsache wird uns alle Wege schneller beschreiten lassen, damit Träume nicht Träume, Hoffnungen nicht ohne Zukunft bleiben und die Geschichten unserer Taten die Ewigkeit überdauern…………

Erschienen in Helios-Bote 5