Dem Ruf des Königs von Allerland, an der diesjährigen Tourney teilzunehmen, kamen viele Krieger von Rang und Namen nach. So waren die Länder Allerland, Galladoorn, Heligonia, Hohensolms, Kirson, Trawonien, Vallconnan und viele mehr hier vertreten. Auf Geheiß unseres geliebten und weisen Königs Helos Aximistilius III nahm Lord Angus McPhee, Baron von Tagil, als Abgesandter Heligonias an dieser Tourney teil. Dass in dem Reiche Allerland nicht alles eitel Sonnenschein ist, wurde schon bei der offiziellen Begrüßung offenbar. So wurde ein in Ungnade gefallener Ritter gemaßregelt, die düstere Erscheinung der Kirsoner Garde bemerkt, die Baroness von Terwan ob ihrem Status als Frau und der damit einhergehenden Kleiderordnung, welche eine Plattenrüstung für Frauen ausschließt, belehrt und einige diplomatische Freundlichkeiten, deren Mittelpunkt die allerländische Rolle im trawonischen Grenzkrieg mit dem Dunklen Reichen war, mit der trawonischen Abordnung ausgetauscht. Die erste Audienz wurde dem Gesandten Heligonias gewährt. Im Zuge dieses Gesprächs wurde die Aufnahme, sowohl diplomatischer wie auch wirtschaftlicher Verbindungen beschlossen.

Am nächsten Morgen trafen sich kurz nach Sonnenaufgang die Recken und Edlen aller Herren Länder auf dem Turnierplatz. Die edlen Damen, deren vieler zugegen waren, strahlten in ihrem Liebreiz mit Helios um die Wette. Sie erwählten den König von Allerland zu ihrem Damenritter, dessen Aufgabe es ist, edel für einen verwundeten Kämpen weiterzufechten und so den Geist des Rittertums zu repräsentieren. Als Turnierkönig wurde der Hofmarschall von Allerland bestimmt. Den Anfang der Tourney bildete der Bohurt, in welchem in jeder Ritter mit einem Sandsack bewaffnet und auf einem Beine hüpfend seine Gegner, also alle anderen, zu Fall bringen suchte. Dies war fürwahr ein Gaudium, welches das noch schläfrige Blut erhitzte und die Gemüter Helios zum Lachen brachte, der mit seinen Strahlen die Morgennebel vertrieb. Die Damen verteilten nun ihre Gunstbänder an diejenigen, welche sich hier besonders hervorgetan hatten.

So traten nun die Kämpen in Gruppen zu den einzelnen Disziplinen an. Es wurden der Pfeile zehn auf eine 20 Schritt entfernte Scheibe mit dem Bogen geschossen, von denen die besten 7 gewertet wurden. Das Lanzenstechen fand in der Mitte des Platzes statt. Hier standen sich die Recken auf Holzwippen gegenüber und warfen die Lanzen auf eine Entfernung von sieben Schritt. Das Schild mußte nach zwei Treffer abgelegt werden. Nach zwei Treffern der gegnerischen Wippe, dem „Pferd“, galt jeder weitere als Körpertreffer gegen den Werfenden und nach zwei Körpertreffern ward der Gegner besiegt. Am anderen Ende des Platzes fanden Zweikämpfe mit Schwert und Schild statt. Hier ward der Gegner nach drei Körpertreffern besiegt. Obwohl die Waffe des Barons von Tagil die Doppelblattaxt ist, konnte er sich in allen drei Disziplinen für den zweiten Durchgang qualifizieren, bevor ihn sein Turnierglück verließ. Den Sieg im Bogenschießen trug der Graf von Greifenstein davon. Als Preis waren zehn neue Pfeile ausgesetzt, die vom königlichen Schäfter gefertigt waren. Die stählerne Lanzenspitze, welcher der Preis des Lanzenstechens war, erhielt Sir Geoffrey. Chevallier Raimond du Roche Noir zu Kirson erhielt als Sieger des Zweikampfes ein neues Schwert aus der Hand des Königs, welches er galanterweise an seinen Rivalen im Endkampf verschenkte. Er wurde auch durch die Wahl der edlen Damen zum Gesamtsieger der Tourney ernannt und erhielt ein Paar güldene Sporen. Das Knappenturnier, bei dem im Bogenschießen und im Sauspießwerfen gefochten wurde, gewann in beiden Disziplinen der Knappe des Grafen von Greifenstein.

Das Festmahl, welches in vier Gängen serviert wurde, die Ehrungen der Sieger und die Interludi der Gaukler schafften ein wohliges Hochgefühl, welches jedoch jäh ein Ende fand, als der Schwarze Ritter, welcher den ehemaligen Großmeister des Reiches in Gefangenschaft hielt, seine unverschämten Forderungen verkünden ließ. Fast alle Anwesenden des Festbanketts kamen, teils mit schnell angelegter Rüstung, zum anderen Ende des Turnierplatzes, um den Kampf Sir Goeffrey mit dem Schwarzen Ritter, welcher einen Bihänder wie ein Kurzschwert schwang, beizuwohnen. Es wäre schlecht um die allerländischen Kämpen gestanden, hätten nicht die Ritter der anderen Reiche, entgegen der Weisung des Königs von Allerland, eingegriffen. Doch so mußte sich der Schwarze Ritter zurückziehen. Der ehemalige Großmeister des Reiches und das Reichsschwert befinden sich nun endlich nach einem Jahr wieder im Besitz der Krone.

Für Heligonia ward dieses Tourney ein großer Erfolg, da hier die diplomatischen und wirtschaftlichen Beziehungen zum Königreich Allerland, zum Fürstentum Hohensolms, zum Königreich Galladoorn und zum Königreich Trawonien aufgenommen wurde. Möge Heligonia in Frieden und im Lichte Helios, wie Poenas Leib blühen und gedeihen, immerdar.

Lord Angus McPhee, Baron von Tagil
Teemburg, im 1.Saarka des Jahres 87 n.d.E

Erschienen in Helios-Bote 9