Als ich kurz nach der Gründung unserer Academia die Kunde vernahm, daß nun auch die Gründung der Universitas zu Cambrück bevorstehen würde, befürchtete ich, eine noch weitere Universitas würde die Bemühungen, die wir gestartet haben, um die Gelehrtenschaft Heligonias zu vereinigen, auf daß nun mit konzentrierten Kräften an den Problemen und Gefahren, die unser Land bedrohen, gearbeitet werden könne, dadurch durchaus einen Rückschlag erleiden könnten. Wären es dann nicht mindestens 5 Universitäten und unzählige kleinere Institute, die sich um die Dozenten, Studenten und um das Wissen streiten würden. Denn wir alle wissen ja, daß unter uns Gelehrten immer noch Dünkel dem anderen gegenüber herrschen und daß der Wille und die Entschlußkraft zur notwendigen Zusammenarbeit noch ein junges Pflänzchen ist, welches erst noch weiter wachsen und gedeihen muß.
So traf dann im Laufe des 2. Saarka ein Bote ein, der uns ein Einladungschreiben zu den Gründungsfeierlichkeiten übergab. Wir nahmen jene Einladung an und stellte eine Delegation zusammen, wie sie vortrefflicher aus unserer Sicht kaum sein konnte.
Es befanden sich darunter die Magistres Mira Mabignon, Belgabor, Hannes Reichenbach, Isildor, Londae von Sargentis, Quendan Zauberwacht und meine Wenigkeit. Wobei man sagen muß, daß ich und Quendan nicht mit den anderen aus Idyllie anreiste, sondern wir kamen direkt von einer Expedition nach dem fernen Lande Gutingy, wo wir auf einer Acadmie zu Gaste waren und trafen die restliche Delegation auf dem Wege. Doch dies ist eine andere Geschichte.
Als ich dann schließlich – und meine Reisebegleiter mögen mir verzeihen, daß ich jenen Berichte hier aus meiner persönlichen Sicht schreibe – in Cambrück ankam wurden wir schon von Lakaien erwartet, die uns dann auch gleich in den großen Saal geleiteten, in dem die Gründung der Universitas vonstatten gehen sollte. Wir nahmen also die Plätze ein, die uns zugedacht worden waren und verfolgten gespannt die Gründungszeremonie, über die ich nicht viele Worte verlieren möchte. Nur soviel sei gesagt, daß es Johannes Vergenhans gelungen ist, bei Prinz Anselm von Thal zu erwirken, daß die Universitas zu Cambrück den Status einer reichsfreien Institution genießt, also direkt dem König unterstellt ist. Eine sicherlich vortreffliche Grundlage für eine freie und ungebundene Forschung und Lehre, doch sollte sich dies auch noch als hinderlich herausstellen. Zu Johannes Vergenhans möchte ich noch anmerken, daß mir jene Herr sehr selbstsicher und sich seiner selbst sehr bewußt zu sein scheint. Vielleicht etwas zu selbstsicher.
Wie dem auch sei, es wurden die üblichen Lobreden gehalten, die Heliosbriefe übergeben, ein jeder, der meinte, etwas sagen zu müssen tat dies dann auch, der Universitas wurden die obligatorischen Geschenke überreicht (wobei ich stolz anmerken möchte, daß – als der Universitas ihre Wappen, welches von Jantiff Gilvenlohe persönlich angefertigt wurde – überreicht wurde gleichzeitig auch uns eine Ausfertigung unseres Wappens überbracht wurde).
Danach begab man sich in die Vorhalle, um dort sich im Gespräche gegenseitig zu beglückwünschen, einen Trunk zu sich zu nehmen und von den dort bereitstehenden Kuchen zu naschen. Generell kann man sagen, daß die Universitas sehr um unser körperlich Wohl besorgt war und dementsprechend gar köstlich Speis und Trank aufgefahren hat – so köstlich, daß ich beim Abendmahle den Lordkanzler darauf ansprach, ob er denn nicht befürchte, bei einer solch opulenten Küche sei zu befürchten, daß die Bequemlichkeit des Körpers auch auf den Geist übergreife und dieser dann träge und unflexibel werde.
Nach jenem Umtrunk wurde dann wieder in den großen Saal gebeten, in dem dann die Vorträge gehalten werden sollten. Die Liste der anberaumten Vorträge las sich äußerst interessant und es versprach, ein unterhaltsamer Nachmittag zu werden.
Begonnen wurden die Vorträge mit einem Rundgang über das Gelände der Universitas, der allerdings nur rein ideell erfolgte. Der Lordkanzler persönlich hielt diesen Vortrag, der uns auf sehr bequeme Art und Weise die Lokalitäten der Universitas offenbarte.
Anschließend wurde uns von Josephina von Drachenhain ein Vortrag über die Nutzung der Wasserkraft präsentiert. Besonders Magister Reichenbach erwartete diesen mit großem Interesse, mußte sich dann jedoch eingestehen, daß er für ihn nichts neues bot.
Nun folgte ein Vortrag über die grundlegenden Dinge der Kräuterkunde, auch eine Thematik, mit der sich ein jeder, den es auch nur ab und zu in die Weiten des Landes hinauszieht, beschäftigen sollte.
Als nächstes wurde versucht, uns die zugegebenermaßen etwas trockene Materie des Steuer- und Finanzwesens zu vermitteln. Wie die Materie selbst es wohl verlangt, war auch dieser Vortrag von der theoretischen Seite aus gestaltet, dadurch jedoch nicht minder uninteressant.
Den nächsten Vortrag erwartete ich mit einem gewissen Argwohn, sollte er doch über die Resonanzen des Körpers gehen und – wie ein jeder schnell und unverblümt von dem Lordkanzler erfahren kann – ist diese Gesamtthematik der Universitas zu Cambrück eigentlich völlig fremd und auch jener Vortragende, von dem ich zugegebenermaßen noch niemals etwas vernommen habe, wurde auch nur auf persönlichen Wunsch von Prinz Anselm angeworben. Wie dem auch sei, der Vortrag hielt das, was ich von ihm erwartet hatte.
Nun war dann die Reihe an mich gekommen, und ich hielt einen Vortrag über den Sinn und Zwecke der Forschung sowie deren Mittel und Wege. Einem jeden interessierten sei hierzu der Besuch unserer Academia angeraten, wo dieser Vortrag innerhalb der Vorlesungen des Fachberichs Grundlagen gehalten wird und auch ein Enblick in das Scriptum genommen werden kann. Nicht ohne Stolz möchte ich anmerken, daß mein Vortrag wohl Gefallen bei den Zuhörern fand.
Nach mir waren dann noch die inzwischen landauf landab bekannten Problematisten an der Reihe, die über das Fachgebiet der experimentellen Problematistik referierten.
Zu guter letzt hielt dann noch Koldwaiht von Hautzensteyn einen Vortrag über das Sternbild der Sanduhr, in dem er mit viel Witz die Unterschiede und Gemeinsamkeiten von Forschung und Legende erläuterte. Ein wahrlich vortrefflich gehaltener Vortrag, der uns alle tief beeindruckte.
Nach dem nun alle Vorträge gehalten waren und die Gesellschaft schon fast dabei war, sich wiederum aufzulösen und in den Vorraum zu gehen, da erhob sich noch ein Gast, der sich bisher vornehm im Hintergrund gehalten hatte. Er bat um das Wort und verkündete, er hätte zwar keinen Vortrag zu halten, so doch aber immerhin der Universitas ein Geschenk zu überbringen, er habe es bereits oben im Dachgeschoß aufgebaut, wir mögen ihm doch bitte folgen um es in Empfang zu nehmen.
Was wir dort oben vorfanden, nun man kann nicht gerade sagen, daß wir es erwartet hätten. Jener Herr, ein Uhrmacher aus Betis, präsentierte uns dort den – wie er es bezeichnete – Mirakonglomeraten (oder so ähnlich, ich habe mir die genau Bezeichnung leider nicht merken können), eine Maschine, die – soviel steht fest – überhaupt nichts mit einer Uhr zu tun hatte. Sie erinnerte viel mehr an den Apparatus, den wir in Grünwalden vorfanden.
Doch laßt sie mich ein wenig beschreiben: Die Maschine bestand aus einem großen, flachen schwarzen Kasten mit vielerlei Verziehrungen, Schläuchen, die zu einer Gesichtsmaske führten, einem großen Wasserbehältnis, einer „Resonanzschale“, einer Glaskugel und einem Dreibein, an dem oben ein achteckiger Schirm angebracht war. Zusätzlich fand sich dann noch eine Drehscheibe mit einer Skala und ein großen Hebel.
Als wir nachfragten, was denn die Maschine täte, so antwortete der Uhrmacher uns, sie würde die Fischchen darin in Verbindung bringen mit den Dingen, die man in die Resonanzschale lege und dem Probanden, dem man die Maske aufsetzte. So jedenfalls hätte jener Herr gesagt, der ihm den Auftrag für die Maschine gegeben hatte. Und ach ja, der Proband solle in Trance sein, damit er nicht so zuckt.
Bei einer weiteren Befragung stellte sich schnell heraus, daß der Uhrmacher wirklich nicht mehr wußte über „jenen Herrn“ und die „Fischchen“ – wir mußten also den Appartus selbst untersuchen um herauszufinden, wozu er gedacht war und vor allem, woher er stammte.
Dies wollte uns auch der Lordkanzler gestatten, mehr jedoch nicht, da er solchen Dingen äußerst skeptisch gegenüber stand. Wir beschäftigten uns also eingehend mit dem Apparatus und fanden dann folgendes heraus – was wir dann auch den versammelten Adeligen und anderen Gästen mitteilten, um dann dem Lordkanzler die Entscheidung über das weitere Vorgehen zu überlassen.
Der Apparatus also schien dazu gedacht zu sein, Gedanken zu visualisieren, die der Proband mit dem in der Resonanzschale liegenden Gegenstand verband, dazu selbst brauchte es noch einen Anschub und dann würde man die Gedanken sehen können. Im übrigen – so fanden wir heraus – sei der Apparatus absolut sicher und ungefährtlich, so man die üblichen Vorsichtsmaßnahmen ergreife. Es gelang uns nämlich auch herauszufinden, wer den Apparatus entworfen hatte. Dies alles und auch die Erinnerung an die unvorteilhaften Vorkommnisse in Grünwalden beruhigten die Anwesenden jedoch nicht, auch dann noch nicht, als ich mit meinem Wort für die Sicherheit des Apparatus einstand. Es wurde also beschlossen, den Apparatus nicht zu benutzen und ihn wegzuschließen, bis dann schließlich Prinz Anselm daselbst eingriff und erklärte, wenn sich alles so verhielte, wie ich es der versammelten Gesellschaft dargelegt hätte, so würde er gerne den Appartus benutzen, um mehr über seine Alpträume und die Wirren seiner Reise, auf der er verschwunden war, herauszufinden. Obwohl der Lordkanzler mit der Wendung der Ereignisse nicht einverstanden war gestattete er, daß mit dem Apparatus also weiter geforscht werden solle, so wie es Prinz Anselm wünsche.
Wir selbst bestanden jedoch darauf, daß bevor wir den Prinzen als Probanden zulassen würden, wir einen Testdurchlauf mit dem Apparatus veranstalten würden. Dafür meldete sich der Knappe des Prinzen freiwillig, als Resonanzobjekt gab er uns eine Kette, die ihm von seiner Mutter geschenkt worden war.
Zusätzlich legten wir Wert darauf, und das sagten wir auch der versammelten Gesellschaft, daß ein jeder, der sich dem Apparatus überantworten würde, dies freiwillig und ohne Zwang tun solle. Wir baten also Arana von Sedomee, den Probanden bei Poena schwören zu lassen, daß er aus freiem Willen und ohne Zwang sich zur Verfügung gestellt habe.
Wie bereiteten also alles vor, starteten den Apparatus und siehe da, wir sahen wirklich eine Projektion der Gedanken, die der Knappe mit der Kette verband, wie sie ihm nämlich von seiner Mutter übergeben wurde.
Nach diesem Experiment untersuchten wir den Knappen und fanden ihn völlig unversehrt, so daß wir für die Sicherheit des Prinzen nun völlig garantieren konnten.
Nachdem auch er geschworen hatte, daß er sich diesem Procedere aus freiem Willen unterzog, starteten wir das Experiment. Wie üblich begann die Projektion mit einer Kerzenflamme, dann sahen wir Bilder vom Beginn seiner Reise, wohl aus Betis. Doch schon nach kurzer Zeit kam erneut die Flamme, die wohl das Ende der Projektion anzeigte und dann nichts mehr. Wir erweckten also den Prinzen aus seiner Trance und erzählten ihm, was wir gesehen hatten. Darauf hin bat er uns, die Energie des Apparatus zu erhöhen um so zu der nächsten Vision zu gelangen, da die Anfangsenergie wohl nicht ausreichend war, um eine innere Schwelle zum tiefergehenden zu überwinden. Doch wollte er auch nach jeder Pojektion aufgeweckt werden, um sogleich über das Gesehene informiert zu werden und erneut über das weitere Vorgehen zu entscheiden. Diese Procedere wiederholte sich 3 mal, bis dann der Prinz schließlich meinte, nun sollten wir bis zum Ende abwarten und immer weiter die Energie erhöhen, doch nicht weiter als bis zur Stufe 4 auf der Scala.
Das alles endete schließlich damit, daß wir fast den ganzen Verlauf der Reise sahen, bis schließlich zu der Szene, in welcher der Prinz von einer ihm zum verwechseln ähnlichen Person angegriffen wurde und er diese tötete. Doch schien auch der Prinz die Erlebnisse noch einmal nachzuerleben, denn er erlitt die gleichen Schmerzen, wie wohl auch auf der ursprünglichen Reise und war am Ende so entkräftet, daß er fast mit Gwoon entschlüpft wäre, hätten nicht Arana von Sedomee und Mira Mabignon ihr bestes getan, um ihn wiederum zurückzuholen.
Währenddessen wurden alle Schritte und die Projektionen mitdokumentiert und verzeichnet, auch wurde die ganze Zeit überwacht, wie denn nun das arcane Potential der Maschine sei und ob eine Gefahr für wen auch immer bestünde. Doch war dies nie der Fall, es verlief alles so, wie es zu erwarten gewesen war.
Nach dem nun diese Experimente abgeschlossen worden waren, wurde nun dikutiert, wie mit dem Apparatus weiter zu verfahren sei. Der Lordkanzler hätte ihn am liebsten im nächsten Fluß versenkt, ich für mich vertrat die Ansicht, das man ein solches Geschenk nicht nutzlos verschwenden dürfe, böte es doch herrliche Möglichkeiten, um z.B. auch Prinz Leomar zu helfen. Nach langem Dispute einigte man sich schließlich darauf, daß eine Eingabe an den König gemacht werde und das er entscheiden solle, was mit der Maschine zu geschehen habe. Während man auf die Antwort des Königs wartete, wolle man solange versuchen, den Apparatus zu Leomar zu bringen um ihn bei ihm heilbringend einzusetzen.
Ich kann diesbezüglich nur noch einmal dazu aufrufen, daß jener Apparatus eine Chance ist, die zum Wohle des gesamten Reiches eingesetzt werden sollte und muß. Er muß der Gesamtheit aller rechtschaffener heligonischer Gelehrter zur Verfügung stehen. In derlei Dingen ist das bei uns leider so verbreitete kleinkarierte Denken völlig fehl am Platze. Und ich bin mir sicher, daß die Entwickler jenes Apparatus genau das auch im Sinn hatten, als sie ihn uns zur Verfügung gestellt haben.
Gez. Rasmus Adastrasus
Idyllie, Tlamana, am 15. Tag des 1. Poena 28 n.A.III