Wie aus wohlunterrichteter Quelle aus der Kanzlei zu Windenbork zu erfahren war, hat die Baronin Richilda persönlich das Gebiet Bargenstein als Lehen vergeben an eine Person, die noch nicht einmal den Vorzug besitzt, im Lande Heligonia geboren worden zu sein, und damit nicht genug, nahm sie die besagte Weibsperson namens Tepharea auch noch in ihren engeren Beraterstab auf.

 

Aus der Stadt Windenbork

In den frühen Stunden eines klaren Wintermorgens wurden die Bewohner des sonst so friedlichen Windenborks aus ihrem wohlverdienten Schlummer gerissen durch eine Feuersäule und eine große Menge schwarzen Qualms, welcher vom Marktplatze ausgehend sich zunehmend verdichtete und etliche brave Handwerker und Kaufleute zwang, sich in ihrem Nachtgewand den eisigen Temperaturen auszusetzen. Was war geschehen? Aus noch unbekannten Gründen brannte der Schuldturm der Stadt bis auf die Grundmauern ab. Glücklicherweise befanden sich zu diesem Zeitpunkt keine Gefangenen innerhalb des Gebäudes, den Wachen war es möglich, rechtzeitig den Turm zu verlassen. Ob es sich um einen Racheakt oder einen Unglücksfall handelt, ist derzeit noch ungeklärt.

 

Ernte in Gefahr

Aus der Baronie Drachenberg erreicht uns derzeit eine gar erschröckliche und folgenschwere Nachricht: wie jedermann weiß, werden dort hauptsächlich Rüben angebaut, als da sind Runkelrüben, Zuckerrüben, Kohlrüben, Zaun- und Steckrüben, schwarze, weiße und rote Rettiche, Schwarzwurzeln, gelbe Rüben, Wasserrüben und verwandte Sorten Gemüse.

Nun geht das Gerücht, daß der Großteil der Rübenernte des Jahres, welcher in weiser Voraussicht gegen kriegerische Einfälle jedweder Art in den sicheren Getreidespeichern von Windenbork lagert, seit einiger Zeit und offenbar irreparabel von einer geheimnisvollen Seuche befallen ist, die in Gestalt eines gelblichen, aufgeworfenen Belags, gleichwie eines Mooses, die Pflanz befallen hat. Inwiefern Menschen dadurch gefährdet sind, läßt sich noch nicht sagen. Es ist aber zu befürchten, daß sich die Rübenpreise gewaltig erhöhen. Jedenfalls hat die Kanzlei zu Windenbork alle Gerüchte dementiert, wonach Drachenberg diesen Winter eine Hungersnot bevorsteht.

 

Seltsame Pflanze im Moor von Bargenstein

Interessante Neuigkeiten, die freilich bezüglich ihres Wahrheitsgehaltes mit Vorsicht zu genießen sind, berichtet ein Wanderer, der kürzlich das Moorgebiet von Bargenstein in der Baronie Drachenberg durchreist hat. Angeblich will er nächtens, als er vom Wege ab und in den Sumpf hineingeraten ist, eine Pflanze gesehen haben, welche längliche, schmale Blätter aufweist, die aufrechtstehend einem Menschen bis zum Bauche oder gar Kopfe reichen und dergestalt von einer klebrigen Flüssigkeit überzogen sind, gleichwie eine Kröte von Warzen, daß  – wer immer sich diesem Gewächse nähert – er daran hülflos festzukleben beginnt und dort verbleiben muß bis zu seinem nahen Ende.

Mögen die Götter es fügen, daß der Wandersmann nach zu kräftig genossener Stärkung der Länge nach auf dem Boden liegend, ein Büschel Unkraut für eine vermeintliche Gefahr gehalten hat, oder aber daß diese Geisel der Reisenden bleibt, wo sie hingehört, nämlich im Sumpf, oder unbemerkt wieder verschwindet.

Erschienen in Helios-Bote 10