von Tepharea, Hofgelehrte in Drachenberg für alle geneigten Leser und in den arcanen Wissenschaften Erfahrenen zur Erlangung größerer Erkenntnis.
(Auszug aus ihrer Rezepturensammlung über die hohe Kunst der Alchymia)
Es folget nun ein kurz Tractath und Nachricht, wie man unzeitige und fleckete Edelstein und Juwelen und unzeitig gefleckete Perlen zeitig machen, vergrößern mittels Augmentatio und in die höchste Klarheit zu bringen vermag mit Hülffe der Alchymia, wobei dies Verfahren ein groß natürlich Geheimnis ist und nicht wider den Lauf der Natur und des Gottes Ordnung, sondern zu Seinem höheren Ruhme. Nun soll geoffenbaret werden aus eigener Erfahrung, daß man also verfahren solle, nemlich wurde folgender Processus particularis erstellet:
Primo muß hergestellt werden die Rothe Tinctur, denn sie tingirt gantz wunderbarer Weise alle unvollkommenen Edelstein in die besten, wodurch sie zu ihrer höchsten Essentz solviret werden. Zu diesem Behuffe bereitet man ein aquam mercurialem, als da heißet die Zurückführung des Mercuri communis in sein erstes Wesen, als ein kristallklares Wasser, ohne welches in der wahren Alchymia nichts zu erlangen ist. Et est Aqua mercurialis. Alsdann gießt man hiervon in ein langgehalstes Glas und gibt dazu einen per aquam fortem calcinirten und wohlgefällig edulcorirten Calcem Lunae, jedes drei Loth, verschließt die Phiol hernach, und setzt sie in ein lindes Dampf-Bad, anderthalben Monath lang, vermöge dessen sich vollständig erschließt das Corpus Lunae. Indessen solvirt man in besagter Weise im aqua mercurialem einen per aquam regis praeparirten Calcem Solis, dessen Corpus weiland gereinigt worden durch Antimonium. Und weilen nach der gethanen Arbeit beide Solutiones zusammengossen wurden in einem mit einem blinden Helme verschlossenen Kolben-Gläslein, wird das Gemeng wiederum zur Digestion gebracht. Alsdann wird per Balneum das Mercurial-Wasser mit einem aufgesetzten offenen Helme in einen angesetzten Recipienten destillirt. Das Mercurial-Wasser wenigstens bey siebenmal rectifizirt, und man solle es wohl aufheben zu fernerem Gebrauche. Das am Boden der Phiol zurückbleibende Gold- und Silber-Oele gibt man als dieses Maß in eine Retort, und treibt es mit heftigem Sandfeuer herüber. Wenn von dem Oele nurmehr ein Caput mortuum übergeblieben, so muß man das stärckste Feuer unter die Retort geben, vermögedessen sich sublimiren wird ein schneeweisser Schwefel, der vor jedwedem Sonnenlichte verwahret werden muß. Zart berieben und begossen mit dem am Beginne erstellten Aqua mercuriali, hernach abermahlen über die 20 Tage in linder Digestion verbracht, wird das Caput mortuum dann im heißen Sande destilliret, so daß sich der Schwefel unter dem Feuer in der Retort sublimiren wird. as nun in fundo zurückebleibende Pulver imbirirt man mit frischem aqua mercuriali: nach weiteren 10 Tagen in putrefactionem lenem, worauf es wiederum destilliret wird und erhitzet und dem Schwefel beigemenget. Jener Schwefel in einer hohen Retort irririrt mit dem Wasser des Mercurii, nach einiger Tage Digestion bis wannen der Schwefel trocknet und dies geduldsam und auf das fleißigste so lange verrichtet, bis alles coaguliret sey. Von dem bereitheten Silber- und Gold-Oele wird nun darübergemischt, bis alles geträncket und wiederum getrocknet wie beim vorherigen Processum, hierdurch wird bereitet eine Tinctura ad Album, zu erkennen an der weiße Farb. Nur allein dieses ist bey dem so hochkostbaren Wercke zu observiren vonnöthen, daß unter starck Feuer wird die Tinctur in gelbe Farb sich wandeln, ferner in die einer Rose, und appliciret auf ein silbern Blech zerfließen gleich einem Wachse. In Wachs impastirt auf funffzig Theile verschlackt und vermenget mit gereinigtem Bley, so erlanget man eine lauter Tinctur, deren Farbe ein bluthrot ist, welche auch genannt die Rothe Tinctur.
Secundo der Processum zu behandeln die genannten Edelstein, nemlich in der rothen Tinctur wird solvirt ein wohlgereinigtes Mercurium vivum, so entstehet eine dicke Milch, in diese man alsdann den Edelstein dunckt, welchselbigen man zu verbessern gedencket, und hängt nachdem solchen in eine klein Phiol.
Nachdem es eines Tages Länge ausgesetzt linder Wärme, auf daß es wieder ertrockne, dunckt man ihn in einen Azot, und hängt ihn wieder in die Phiol. Alsdann bereitet man ein Oleum croci Veneris adiuvante nostro Alkahest, auf darauffolgende Weise, nemlich von einem Grünspan geschieden per destillationem den Spiritum, und calcinirt das Caput mortuum in offenem Feuer, dann laugt man hieraus mit destillirtem aqua pluviali alles Saltz, kochet es kräfftig ein und gießt höchstens drei Zoll hoch von dem Alkahest darauf. Leni calore wird es digerirt, so wird sich an seiner Kron ein fettes Oel begeben. Nun gießt man von diesem Alkahest auf einen Regulum Antimonii martialem. Die daraus entspringende Solution gießt man rein ab, so werden nach geraumer Weil allerschönste Crystalle denen kostbarsten Diamanten gleich anschießen und wach sen. Von dergestalt wohlgetrockneten Crystallen reibt man zwey Theile in einer Glas-Schaalen unter einen Theil des obigen fetten Olei Veneris und setzt sie in digestionem, so werden sie in eit von einem Monath durch alle Farben gehen, mit dessen endgültigem Stoffe man unzeitige und fleckete Edelstein, Juwelen und Perlen zeitig machen, vergröern und in die höchste Klarheit zu bringen vermag.
Das Ausmaß des menschlichen Verstandes reicht nicht aus, die ganze Wahrheit zu verstehen. Alle Wahrheiten sind nur halbe Wahrheiten. Dabei muß die Wahrheit in Symbole gekleidet sein, damit sie verstanden werden kann. Der Geist vermag nur das zu erkennen, was bereits in ihm ist. Wer sich selbst nicht erkannt hat, hat nichts erkannt, ist die Erkenntnis des Selbst doch gleichzeitig die Erkenntnis des Universums. Wer darum nach dem Prinzip der Wahrheit in seinem Innern sucht, kann die Erkenntnis und Weisheit, die er erstrebt, erlangen; die Suche nach dem Prinzip in der ratio. Das, was gegeben ist, zeucht die Antworten; das Vorgegebene legt das Ziel fest. Denn die Aufgabe des Erkennens besteht allein im Wahrnehmen des Wirklichen, um mit seiner Unterstützung zur wahren Erkenntnis aufzusteigen.
Tepharea, Gelehrte