„(…) Warum Maschinen, liebe Zuhörer, warum? Immer wieder bricht der Disput zwischen den Gelehrten aus, wo denn die Vorteile der Apparati liegen und ob denn überhaupt ein Vorteil besteht. So möchte ich denn hier noch einiges dazu sagen, was jedoch nur meine Überzeugung wiederspiegelt und sicher nicht die der Allgemeinheit.
Zuvorderst ist zu klären, warum denn nun die Apparati gerade in Heligonia so weit verbreitet sind. Bei genauer Betrachtung muss dieser Punkt aber anders hinterfragt werden. Warum sind sie in anderen Ländern so selten? Nun, dafür gibt es 2 Gründe. Der erste ist jener, dass ein oder zwei der Vorteile der Hohen Mechanik (vor allem bezüglich der Dämpfung) in Heligonia ganz besonders vorteilhaft sind. Der zweite ist das Wissen über diese Kunst. Auch wenn man in vielen Ländern hin und wieder Kundige findet, so ist denn das einzig mir bekannte Land, das eine entsprechende Organisation beheimatet – nämlich den Ordos Mechanicus – unser geliebtes Königreich.
Eines eben jener speziell heligonischen Vorzüge ist die Dämpfungseignung der Maschinen. Auch wenn ein Apparatus von Magie durchdrungen ist, so ist denn diese für das Auge des Unsichtbaren wesentlich schwerer zu entdecken, als dies sonst der Fall wäre. Die Theorie besagt, dass die Mechanik an sich schon auf dem richtigen Wege ist und die Magie nur den letzten Schritt tut, um die gewünschte Funktion zu ermöglichen. Ein interessantes Beispiel wäre eine gasgefüllte Kugel aus Metall. Nun wurde schon öfter ein dünner Ballon mit Gasen gefüllt, auf dass dieser auch aufstieg, aber die Kugel ist denn nun deutlich zu schwer. Hier hilft die Kraft der Magie. Der natürliche Effekt des Schwebens eines solchen Ballons würde dermaßen verstärkt, dass auch die Kugel abhebt. Es wird also kein neuer Effekt geschaffen. Und gerade dieses Nicht-Erschaffen von etwas Neuem sondern das geschickte ausreizen von Vorhandenem bewirken die dämpfungstechnisch günstigen Eigenschaften.
Allerdings wurden in den letzten Jahren immer wieder – wenn auch äußerst selten – rein magische Konstrukte gefunden, die einen ähnlichen Effekt aufwiesen. Die Fäden waren so geschickt gewoben, dass es so etwas wie nach außen abstrahlende Kraft nicht gab. Alle Kraft war ihrem Zweck zugeführt, nichts ging nach außen. Wo nichts abstrahlt, kann nichts wahrgenommen werden. Wo nichts wahrgenommen wird, da wird auch nichts erkannt. Wo nichts erkannt wird, da ist auch keine Schuld. Der Effekt ähnelt also dem der Apparate, wenn auch auf einem anderen Weg. Leider ist das Wissen um diese Kunst der Konstrukte äußerst komplex und wohl kaum jemandem bekannt.
Auch der Zeitaufwand, um einen Apparatus zu aktivieren wird oft als äußerst günstig gesehen. Einen oder zwei Schalter umgelegt, ein paar Räder gedreht und schon entsteht ein kleines Wunder. Wie kurzsichtig diese Meinung doch ist! Kaum einer, der eine Maschine bei ihrer Arbeit betrachtet, denkt daran, wie sie entstand. Die Idee zu haben, diese Idee in Skizzen zu bannen und diese Skizzen schlussendlich in einen Apparatus umzusetzen, das geht nicht über Nacht. Meist ist die Zeit, die eine Apparatur zum Bau benötigt nicht in Stunden und Tagen zu messen, sondern in Wochen und Monaten. Und damit ist mitnichten eine ruhige Zeit des Studiums und der Theorie gemeint. Mal ist die Arbeit schwer, mal diffizil. Nie jedoch so, dass man unachtsam sein dürfte. Und ist dann nach langen Mühen das Werk einmal vollbracht und funktioniert, dann will das Gerät gewartet werden. Die Kraft zehrt die Teile aus und die Reparaturen nehmen ihren Teil der Zeit. Der Schein der schnellen Funktion ist zwar und nicht völlig falsch, doch man bedenke die lange Zeit davor. So mancher Zauber ließe sich wirken in dieser Zeit. So mancher Kreis würde gezeichnet, voll von großer Macht. Doch der Mechanicus weiß, Geduld ist seine Tugend und Geschwindigkeit ist nicht der Weg, der zu einem neuen Apparat führt.
Doch wenn eine neue Maschine durch die kundige Hand des Apparatisten geboren wurde, dann zeigt die lange Zeit der Arbeit ihre Wirkung. Kaum ein Apparat wird erschaffen, nur um ein kleines Licht zu erzeugen, es sei den zur Übung. Meist ist die Dichte der Kraft, die dem Gerät innewohnt so groß wie seine Komplexität. Für die schwere Aufgaben wurden die Werke der Apparatisten schon eingesetzt, großes bewegten sie. Und wieder erklingt der Ruf, die Apparati seien mächtiger als die gewöhnliche Magie. Doch auch wenn dies die Hoffnung vieler ist, so ist es denn falsch. Die Kraft der Maschinen liegt nicht in ihrer Natur, sondern in ihrem komplexen und doch soliden Aufbau. Es wäre denn durchaus möglich, das gleiche zu tun, auf anderem Wege. Ein Detail darf aber nicht verschwiegen werden: Die Präzision. Nun ist es allen Kundigen bekannt, dass bei der Magie Kräfte im Spiel sind, die den Nutzer ohne weiteres in den Wahnsinn, ja den Tod treiben können, vom Unsichtbaren ganz zu schweigen. Wird ein Zauber erst einmal gewirkt, so ist der Sprechende doch sehr anfällig für Störungen und Ablenkungen und selbst der mächtigste Kreis kann wertlos sein, wegen einer einzigen falschen Rune. Sicher hat ein trockener Hals und das dadurch entstandene Räuspern schon mehr als einem Beschwörer das Leben gekostet und finstersten Kreaturen ein unerwartetes Mahl beschert. Die Maschine jedoch wird während des Baus immer wieder getestet, Teil für Teil und am Ende in Einem. Immer wieder geschmiert und kalibriert. Und so kann der Apparatist sicher sein, dass die Funktion des Tests auch genau so zu Tage tritt, wenn es darauf an kommt. Das kalte Funktionieren ersetzt das menschliche, aber fehlerhafte des Zaubernden. Wehe aber dem, der den Apparat falsch plante und baute. Wehe dem, der Versuche unterließ und blind auf seine Fähigkeiten vertraute. Denn die Maschine wird dann eben so präzise den Fehler des Erbauers wiederholen. Denn der Apparat kennt weder Freund noch Feind und auch keine Gnade.
Manchmal zum Segen, manchmal aber auch zum Fluch zeigt sich hier aber auch eine weiter Eigenschaft, die aus den bereits genannten erwächst. Ein Apparat ist geradezu beneidenswert effizient! Wurde der Weg konsequent beschritten, so geht kaum Kraft verloren, die Funktion wird exakt erzeugt und die Kraft der Mechanik durch die Kraft der Magie verstärkt. Wohl kein anderer Zauber kann mit ähnlich geringen Mengen der Kraft so viel bewirkten. Und doch, was ist dieser Vorteil schon, gegen den Pferdefuß der Zeit, die aufgewendet wurde, um das Gerät zu bauen. Alles und doch nichts. Gerade hier ist es schwer zu sagen, wo der größere Vor- oder auch Nachteil liegt, so wie bei vielem.
Lange könnte die Liste der Beispiele geführt werden und noch weiteres wäre auffindbar, das die Apparati bestärkt oder auch abschwächt. Aber eine Erkenntnis würde immer stärker werden. Weder der Zauber noch der Apparat hat die größere Macht. Jedes hat den seinen Vorteil. Jedes seinen Nachteil. Alles ist eines und doch nicht.
Wo aber liegt der Grund, dass die Apparaturen so großes Aufsehen auf sich ziehen, auch wenn nur wenige ihre Funktion begreifen. Wo ist die Ursache zu suchen, dass Menschen, die kaum wissen was des denn sei, staunend vor laufenden Zahnrädern stehen? Der Grund liegt tief im Geist der Menschen. Es ist die Faszination, die diese Dinge ausstrahlen! Die pure Begeisterung, die ein Apparat in einem Betrachter hervorruft. Wer könnte sich schon der Urgewalt erwehren, wenn riesige Wasserräder stampfend an Zylindern arbeiten? Wer fühlt nicht die schiere Kraft, wenn sich ein Druckkessel mit Dampf füllt und zischend und bebend den Kolben hebt? Und oh welch Genuss ist der Anblick, wenn Zahnräder zum ersten mal ineinander greifen und ihren gleichförmigen und schnellen Tanz beginnen, ohne Makel und Fehl. Nur wenige sind unter uns, die je die Ehre hatten, die Großen Maschinen zusehen, deren Funktion hier nicht genannt wird. So gewaltig, dass sie ein einzelner weder bauen noch begreifen kann. Welche Ehrfurcht sie erwecken!
Und vielleicht findet jeder in dieser Begeisterung und dem kaum verständlichen Erstaunen einen Funken von sich selbst. Vielleicht ist es die Erkenntnis, dass die Welt an sich einer Maschine gleicht und jeder, wie ein kleines Zahnrad seinen Tanz vollführt. Frei und doch gebunden in der Funktion, im Schicksal der Welt. Vielleicht ist es dies, vielleicht auch nicht, aber wer möchte das begründen? Denn wird es begründet, wird es dadurch vielleicht auch zerstört. Und wer möchte es missen, wohl keiner derer, die unter uns weilen. Dieses Gefühl, das unser Antrieb ist. Die Faszination der Maschinen.“
Gehört von einem neugierigen Ohr
im Sommer 30 n. H.A. III