Sollte der werte Leser sich auf eine der beliebten Reden des Landesvaters freuen, so muss dieser auf die nächste Ausgabe vertröstet werden. Vielmehr sprach der Wesir des gräflichen Hauses, Makbul Ibn Ben Feysal, eine dringende Warnung aus, die unverzüglich von jedem Omu des Landes von den Türmen über das Land schallen soll.
„Geliebtes Volk unseres großen Herrschers!
Besorgniserregende Ereignisse suchen landesweit die Märkte heim. Tomaten, groß wie Buraihoden überschwemmen die Warenumschlagsplätze unserer Stadt zu lächerlich niedrigen Preisen. Optisch eine Augenweide, doch von fadem Geschmack, geradezu wässrig. Verzehrt man sie nicht sofort, dann wird über Nacht das ganze Ausmaß der Katastrophe gegenwärtig. Binnen weniger Stunden ändert sich der Aggregatzustand von fest zu flüssig – aus der beim Einkauf noch festen, knackigen Frucht wird übel riechender Tomatensaft.
Auf niederträchtige Art und Weise getäuscht wendet sich der arme, geprellte Darianer von den einstmals so geliebten Tomaten ab. Die Frauen weinen über das Unglück, wenn sie ihren Familien statt leckerer Tomaten nur eine verdorbene Tomatenbrühe servieren können. Ob der Dringlichkeit der Angelegenheit hat sich der Dekan der renommierten Academica Rocorion höchstpersönlich um Klärung des Missstandes gekümmert. Ein endgültiges Ergebnis wird im nächsten Mond verkündet, doch es konnte bereits zweifelsfrei geklärt werden, dass es sich um unnatürliches Wachstum handelt. Die Gelehrten konnten sogar Rückstände magischer Strahlung feststellen. Es ist also anzunehmen, dass Tomaten mittels Magie vergrößert wurden. Diese entwich jedoch nach dem Kauf, was dazu führte, dass die Verwandlung von der prallen Frucht zum schleimigen Brei nicht lange auf sich warten lässt.
Es versteht sich von selbst, dass kein Darianer es jemals in Betracht ziehen würde, einen solchen Frevel zu begehen, daher sei der Ursprung dieses Betrugs außerhalb der Landesgrenzen zu suchen. Unser geliebter Herrscher rät dazu keine ausländischen Tomaten mehr zu kaufen und ein Einfuhrverbot werde gerade geplant.“
Jammernd und wehklagend verließ die enttäuschte Menschenmenge den Platz vor dem gräflichen Palast, um die Tavernen aufzusuchen. Dort ertränkten sie ihren Kummer, jedoch nicht ohne die Gläser auf den verehrten Grafen zu erheben.