Boten-Teil: Drachenhainer Herold Seite 2 von 6

Auszug aus dem Tagebuch von Gregor von Trewerschwing, Knappe des Ritters Samuel von Turlach 29. Tag des 1.Xurl im Jahre 36 n.A.III

Wer hätte das gedacht – kaum ein Dutzend Wochen bin ich in den Diensten meines Herrn von Turlach, schon steht eine Expedition von hoher Bedeutung und großer Gefahr an. Nach Norden soll es gehen, ins Umland von Kratorpolis auf die Grenzburg Hadriansblick, die auf der anderen Seite des Flusses, also nicht mehr in Heligonia selbst, liegt! Bereits vor einiger Zeit wurde eine erste Truppe unter Ritter Hadrian von Sarras dorthin geschickt, der die bis dahin als Ruine dastehenden Gemäuer als Lager für Drachenhain aufzubauen begann. Der Fürst schickt nun diese Expedition aus, um die Grenzburg weiter aufzubauen, das Land zu sichern und schließlich mit den Bilchländern zu verhandeln. Diese Bilchländer, ich weiß nicht, was ich von ihnen halten soll: es sind Fremde und sie sollen in dieser Gegend leben – ich hoffe sie meinen es besser mit uns als die Stuerener, diese feigen Feinde des Fürstentums.

1. Tag des 2.Xurl im Jahre 36 n.A.III
Der Fürst persönlich hat uns, die Expedition „Bilchland“ auf der Drachentrutz verabschiedet. Nun geht es also los, es wird eine weite Reise sein.

13. Tag des 3.Xurl im Jahre 36 n.A.III
Von Störenweiler ging es tagelang auf einem Lastkahn flussaufwärts bis nach Kratorpolis. Von dort geht es nun weiter zu Fuß durch sumpfiges Gelände. Einen Tagesmarsch, so heißt es, haben wir noch vor uns. Die Stimmung ist gespannt, schließlich betreten wir fremde Gefilde, aber gut – endlich ist die Untätigkeit vorbei!

14. Tag des 3. Xurl im Jahre 36 n.A.III
Wir haben Hadriansblick erreicht! Doch nicht ohne Zwischenfall: In der Nacht waren wir unterwegs, hatten schon Lichter der Burg gesehen, da trafen wir auf dem Wege zwei bewaffnete Männer, in blauen Waffenröcken gekleidet und schwer gerüstet. Sie wollten uns die Passage verwehren, sagten, ihr Herr – der blaue Wächter – erlaube dies nicht. Es kam zu einer kurzen Diskussion und dann, ohne Vorwarnung, zum Kampf: ein Hinterhalt! Aus den Büschen kamen noch weitere von ihnen hervorgeprescht und griffen uns an. Doch der Trupp verteidigte sich tapfer und schlug den Feind in die Flucht. Sie schienen gewusst zu haben, wann wir kommen und wer wir sind, hörte ich doch den Ruf „Da sind sie, auf die Ritter zuerst!“. Ohne zu verweilen haben wir schnell die letzten Meter hinter uns gebracht und die schützende Burg erreicht. Doch es war nur ein kurzes Gefühl der Erleichterung – kaum trat ich durch das Tor lief mir ein kalter Schauer über den Rücken. Ich weiß nicht was es ist, aber irgendetwas stimmt hier nicht.

Die Besatzung der Burg sagt, die ganze Feste stünde unter dauernder Beobachtung der Bilchländer. Vielleicht ist es das, was mich so irritiert? Stuerener hat die Burgbesatzung aber noch keine gesehen, dass kann uns nur Recht sein. Doch wer waren dann die Männer, die uns angriffen?

Am Abend näherte sich ein primitives Weib – offenbar eine Bilchländerin – der Burg, mit Fellen bekleidet und mit Tierknochen geschmückt. Sie lud uns – in unserer Sprache, wenn auch gebrochen – zur Unterredung mit ihresgleichen in den Wald, den auf die Burg zu kommen lehnen die Bilchländer ab. Als sie anwesende Kinder der Handwerker sah sprach sie mit diesen und deren Mütter und gab ihnen einen Fruchtstein mit den Worten, dass dies ein Geschenk sei, welches über den Winter getrocknet und im Frühjahr ins Essen gerieben die Kinder zu starken Frauen und Männern machen werde. Ein gut gemeintes Geschenk, doch ob man diesem Weib vertrauen kann?
Wir machten uns, von der Frau geführt, nach kurzer Vorbereitung zum Treffen mit den Bilchländern auf, schließlich ist das der Zweck unserer Anwesenheit. Dabei kamen wir an einem schrecklichen Ort vorbei den sie einen „Warnplatz“ nennen: ein Platz, an dem sie die Überreste der von ihnen besiegten Feinde als Warnung belassen. Wir sollen also mit Menschen verhandeln, die Leichen zur Abschreckung auf Pfähle stecken? Ich will es nicht glauben …

Die Unterredung mit den Bilchländern war verwirrend. Sie sprechen unsere Sprache nur schlecht und verwenden Redewendungen, die wir nicht kennen. Sie zeigten sich nur bedingt interessiert an weiteren Verhandlungen, waren sehr zurückhaltend. Man werde einen Boten schicken, wenn man an weiteren Verhandlungen interessiert sei, so ihre lakonisches Versprechen. Ich weiß nicht, ob dies nun ein Erfolg war – immerhin haben wir sie getroffen. Aber wie es weitergehen soll bleibt unbestimmt.
Doch anderes berichteten sie uns, was mir im Moment mehr Sorge macht als die Verhandlungen. Dass die Burg ein verfluchter Ort sei, berichteten sie, und dass ein Reinigungsritual nach den Maßgaben ihrer Schamanin – das Weib das uns in der Burg kontaktierte – nötig sei um zu überleben, auch wenn dieses Ritual nur für kurze Zeit helfen würde. Und als wäre dies nicht genug: noch vor Mitternacht solle dieses Ritual vollbracht sein. Ich frage mich erneut: kann man diesen Bilchländern trauen? Oder wollen sie uns in eine blutige Fallen locken mit ihrer Zauberei?
Als wir gingen fiel mir auf, dass einzelne der Bilchländer immer wieder auf das Schwert meines Herren – das Drachenhainer Schwert, die Insignie des Schwertführers – deuteten und darüber tuschelten. Ich kann mir nicht vorstellen, dass ihnen die Bedeutung der Insignie bekannt ist, doch scheinen auch sie die Erhabenheit Drachenhains zu spüren.

Zurück auf der Burg unterhielten sich die Herren, Ritter wie Gelehrte und Geweihte über die Angelegenheit des Fluches. Die Geweihten der Götter versicherten, dass dieser Fluch tatsächlich bestehe und kein Hirngespinst der Bilchländer sei. Aber ob das Reinigungsritual helfen würde oder die Sache noch schlimmer machen könnte? Es war keine einfache Entscheidung und schließlich blieb es jedem selbst überlassen, ob er das Ritual durchführen wollte oder nicht.
Mein Herr nahm an dem Ritual teil, und so taten es auch ich und viele andere. Zu einem fremden Gott – Andruch – sollten wir sprechen, uns reinigen und diesem Gott versichern, den Hass in uns zu besiegen und „dieser“ Schlacht fernzubleiben.

In den frühen Morgenstunde des 15. Tags des 3. Xurl im Jahre 36 n.A.III
Wir waren gerade in der Stube des Ritters Hadrian zusammengesessen als es geschah. Die Götter mögen uns gnädig sein!
Es muss zur Mitternachtsstunde gewesen sein, da machten sich die Bewohner der Burg, die schon vor uns da waren, und wie sich herausstellte all diejenigen, die sich nicht dem Ritual unterzogen hatten wie benebelt auf den Weg in den Hof. Sie unterbrachen plötzlich die Gespräche und Tätigkeiten, reagierten auf keine Ansprache. Auf dem Hof angelangt legten sie sich auf den Boden und waren da wie eingeschlafen. Doch dann bewegten sie sich wieder, vollführten Bewegungen, als ob sie etwas vom Boden aufschlürfen würden. Sie bewegten sich immer schneller und wilder und stießen dabei kehlige Rufe aus. Plötzlich hielten sie ein und erst dann schienen sie sich gegenseitig wahrzunehmen. Sie begrüßten sich, umarmten sich und versicherten sich immer wieder und immer lauter gegenseitig: „Ja, ich spüre es!“ Da rief einer von ihnen aus „Es sind neue Freunde eingetroffen!“ Sie stellten sich im Halbkreis auf und dann trat einer nach dem anderen von den unseren, die das Ritual nicht mitgemacht hatten vor, von zwei anderen festgehalten. Von einem dritten wurden sie gefragt: „Bruder, willst du mit uns sein?“ Und auf die erfolgende Bejahung sprach dieser erneut: „So nimm den Hass in dich auf!“, und schlug mit diesen Worten zu, so dass Blut spitze. Doch der Geschlagene wehrte sich nicht! Im Gegenteil: er reihte sich ein in Ansammlung der wie berauscht wirkenden Menschen. Dann erhob der Kerl, der die Frage stellte noch einmal das Wort: „Bald ist die Nacht gekommen, tut nun, was ihr tun müsst!“ Und dann ging ein jeder Handlungen nach, die für seinen Beruf typisch waren: Krieger übten, Schreiber schrieben, Schmiede schmiedeten … Doch alles mit hasserfüllter Wildheit, die sich mehr und mehr in rohe Ekstase wandelte. Schließlich trafen sich alle wieder im Hof im Halbkreis und der Sprecher sprach: „Geht nun schlafen meine Kinder, die Nacht in der die selben Sterne auf die Zinnen scheinen wird kommen.“ Da gingen die Verfluchten, denn das waren sie!, auseinander und erwachten erst dann langsam wieder aus dieser Benommenheit und schienen sich an nichts zu erinnern! Ich habe dies alles aus der Sicherheit des Haupthauses beobachtet, wo wir uns auf Geheiß der Herren in Sicherheit gebracht hatten. Ein grässlicher Vorfall und spätestens jetzt ist klar, dass wir in großer Gefahr sind! Doch: das uns gezeigte Ritual der Bilchländer war hilfreich und so können wir hoffen, dass sie uns wohl gesonnen sind. Ich trete nun meine Nachtwache an und dann, so die Götter wollen, werde ich noch ein wenig Ruhe finden in dieser Nacht.

15. Tag des 3. Xurl im Jahre 36 n.A.III
Die Herren haben beschlossen, zu verweilen und darauf zu warten, ob sich die Bilchländer wieder melden werden. Derweil soll der Fluch untersucht werden – schließlich sind unsere eigenen Männer davon befallen und das Reinigungsritual wird nur eine Weile vorhalten. Es gilt, diesen unheimlichen Fluch ein für alle mal zu brechen. Nur wie?

Am Vormittag trafen zwei recht abgehalftert aussehende Ritter in der Burg ein. Sie berichteten, sie seien aufgrund eines Vergehens von ihrem Lehnsherrn damit bestraft worden, sich über ein Jahr hinweg fern der Heimat je einmal in sieben Tagen in einem Zweikampf auf Gnade oder Ungnade mit fremden Rittern zu messen. Finden sie niemanden, der sie für ehrenhaft genug hält, so erzählten sie, so müssten sie gegeneinander zum Zweikampf auf Leben und Tod antreten. Dies wollten sie natürlich nicht, und nun befanden sie sich in der Notlage, dass sie bereits seit sechs Tagen keinen Gegner finden konnten, als sie nun diese Burg hier entdeckten. Deshalb baten sie die anwesenden Herren, sich in einem ehrenhaften Zweikampf mit ihnen zu messen. Die Herren diskutierten darüber – es kam ihnen natürlich seltsam vor, dass diese Ritter so mitten in der Einöde plötzlich auftauchen. Doch es wurde der Beschluss gefasst, diesen Ehrenmännern in ihrer Not zu helfen. So gab es zwei ehrenhafte Zweikämpfe und die Ritter konnten weiter ihres Weges ziehen. Ich bin froh, dass diesen Männern geholfen werden konnte.

Am Mittag tauchte ein weiterer seltsamer Kerl auf, ein zerlumpter Gesell, der sich neugierig umsehen wollte. Natürlich wurde er von den Wachen befragt, wer er sei und was sein Begehr wäre. Er stellt sich als „der Grenzgänger“ vor, was immer das bedeuten soll. Genauer äußerte er sich dazu nicht, und wenn, dann nur sehr geheimnisvoll. Aber er wusste von dem Fluch auf dieser Burg, schien sich aber nicht vor ihm zu fürchten. Und auch er wurde auf das Drachenhainer Schwert des Herrn von Turlach aufmerksam und fragte diesen in seiner seltsamen Art darüber aus – wie es hieße, woher es käme und was mein Herr damit zu tun gedenke. Ein seltsamer Kauz, doch da er keine Gefahr darstellt und mehr zu wissen scheint, haben die Herren beschlossen, ihn auf der Burg zu tolerieren.

Im Laufe des Tages wurden Hinweise gefunden, wie der Fluch zu brechen ist. Es gilt nun, dies vorzubereiten.

Ein Pfeil wurde über die Burgmauern hinweg in den Hof geschossen. An ihm war ein Zettel mit einer Botschaft befestigt. Doch es sind nur Bilder darauf zu sehen. Nachdem diese studiert wurden scheint es, als wolle irgendjemand uns mit dieser Nachricht vor einem Angriff warnen, der um die Mittagsstunde stattfinden soll. Wer warnt uns da? Und wer soll der Angreifer sein?
Der Angriff hat wie vorhergesagt um die Mittagsstunde stattgefunden! Ein Trupp von einem halben Dutzend, mit Bögen, Armbrüsten, Schild und Schwert bewaffnet. Sie waren weder wie die Männer in den blauen Waffenröcken noch wie die Bilchländer gekleidet. Doch ihr Angriff wurde schnell zurückgeschlagen, sie hatten zu keinem Zeitpunkt eine Chance, uns zu überwältigen. Schnell flohen sie in die umliegenden Wälder. Was soll ein solcher hoffnungsloser Angriff?

Nach dem Mittagsmahl ist erneut ein Pfeil mit einer Botschaft im Burghof gelandet. Der Schütze war nicht aufzufinden. Ein seltsames Bild, das eine Flussbiegung, ein Boot und einen Schatz zeigt. Wir sind uns nicht klar, was das bedeuten soll. Da es eine Flussbiegung am Fuße des Berges gibt, wird eine Gruppe ausgesandt, diese Sache zu untersuchen.

Mir ist schrecklich übel und die Feder zu führen fällt mir schwer. Ich bin von Bauchkrämpfen geplagt – so wie fast alle anderen Anwesenden! Jemand muss das Essen vergiftet haben, denn nur denen, die nichts zu Mittag aßen, geht es gut! Wir haben einen Feind in den eigenen Reihen!

Die ausgesandte Gruppe kommt von der Flussbiegung zurück. Es war dort nichts Außergewöhnliches zu finden, weshalb sie ihre Untersuchung beendeten.

Die Giftmischerin ist gefunden! Dank der Untersuchung anwesender Herren wurde sie geschnappt und verhört. Es war eine Frau, die die ganze Zeit Teil der Expedition war. Sie gab zu eine Stuerenerin zu sein, verriet aber sonst nichts über ihren Hintergrund. Es war kaum etwas aus ihr herauszubekommen – mit ihrer Enttarnung scheint sie nun keine Hoffnung zu besitzen, von ihrem Herrn verschont zu werden, so dass es nichts bringt ihr zu drohen. Wie mit ihr nun umzugehen ist wird beraten.

Am Nachmittag traf eine Gruppe Fremder auf der Burg ein. Mehrere waren verletzt. Sie erzählten, dass sie Flussschiffer seien, die von Flusspiraten angegriffen wurden und auf ihrer Flucht nun hier landeten. Doch schnell zeigte sich, dass diese Geschichte eine Lüge ist. Sie widersprachen sich und einige von ihnen wurden sogar dabei erwischt, wie sie versuchten, Eigentum des Burgvogtes zu stehlen. Daraufhin wurden die Fremden festgesetzt, ein paar von ihnen konnten leider entkommen. Seltsam, wie viele und welche Gestalten sich in dieser Gegend herumtreiben …

Um den Fluch zu brechen wird eine besondere Pflanze, ein Nachtlichtgewächs, benötigt. Es wird deshalb eine Truppe ausgesandt, diese zu finden.

Ein Händler tauchte am späten Nachmittag auf der Burg auf. Er sagte er handelt mit Kräutern und Pflanzen, die er in Betis an Alchimisten verkaufe. Zudem berichtete er, dass er eine Kundin habe, die dringend sogenannte „Kraftherznüsse“ benötigte, um ihre kränklichen Zwillinge zu stärken und dass diese oftmals im Besitz der Bilchländer seien, die sie ihm aber nicht verkaufen würden. Wie der Zufall will handelt es sich bei den Kraftherznüssen um eben jene Fruchtsteine, die die Schamanin bei unserer Ankunft den anwesenden Müttern für ihre Kinder als Geschenk gab. Als der Händler davon hörte wollte er diese sogleich erwerben und es entspann sich eine lebhafte Diskussion. Doch der Händler schien eher gierig zu sein, als dass er diesen angeblichen Zwillingen helfen wollte, und so entschloss man sich, ihm die Nüsse nicht zu verkaufen – schließlich handelt es sich ja auch um ein Geschenk der Schamanin. Daraufhin zog der Händler wieder von dannen.
Etwa zeitgleich mit dem Händler fand sich eine weitere Reisegruppe an den Burgtoren ein – und das war eine wahrlich seltsame Gesellschaft! Vier Bauern waren es, die sich in einem Streit um einen wirren Vorfall befanden, in dem des einen Hund bellte, der andere sich verletzte, weil sein Gaul durchging, der dritte unglücklich über den am Boden liegenden zweiten fiel und des vierten Kuh sich bei all dem Ungemach von der Weide machte. Nun erhofften sie sich von den anwesenden Gelehrten einen Schiedsspruch. Ich muss zugeben: zu sehr ermüdete mich diese Streiterei, so dass ich ihrem Ausgang nicht folgte. Doch sprachen die Gelehrten ein weises Urteil, in dem ein jeder seine Verantwortung tragen musste und sein Schaden aufgewogen wurde, so dass die Bauern guter Dinge wieder von dannen zogen. Zu betonen, dass dies eine wahrlich seltsame Begebenheit war erspare ich mir an dieser Stelle.

Die Truppe, die nach dem Nachtlichtgewächs ausgesandt wurde kehrte gerade zurück. Doch: angegriffen wurde sie bei ihrer Suche nach dem Gewächs! Es waren die blau berockten Männer, denen unsere Mannen entgegen standen. Sie konnten erneut geschlagen werden, doch knapp war es, so wird gesagt! Aber sie hatten Erfolg, die Pflanze ist gefunden! So kann man nun daran gehen, den Fluch zu brechen, denn in der Zwischenzeit haben die Gelehrten alles weitere vorbereitet. Ich fürchte es wird erneut ein seltsames Ritual werden und wieder wird zu fremden Gottheiten gesprochen werden.

Nachdem alle Vorbereitungen beendet waren ging es am Abend daran, den Fluch zu brechen. Seltsames, oh weh!, mussten wir tun, uns gegenseitig mit Schnüren aneinander halten, die Waffen niederlegen, Sprüche sprechen! Und dann, plötzlich, waren diese ganzen Geräusche zu hören, das war nicht von dieser Welt, das ist sicher! Mir wurde ganz schwindlig, alles verschwamm, der Boden unter meinen Füßen schien sich weggezogen zu werden. Und dann: Stille. Nur langsam rappelte ich mich hoch und dann begannen Diskussionen, Gespräche und Untersuchungen. Es scheint, als ob das Brechen des Fluches gelungen sei!

Man erzählte mir, vor vielen Jahrhunderten sei jener Fluch einmal in den Jahren des langen Krieges zwischen Stuerenern und Bilchländern unter der Selbstaufopferung zahlreicher ihrer Schamanen gewirkt worden, um diese Bastion des Feindes auf immer zu verderben, auf dass die Herrschaft des Umlandes wieder in ihre Hände falle.

Kaum war der Fluch gebrochen, da waren Hornsignale und laute Stimmen zu hören: ein Angriff! Das konnte kein Zufall sein! So schnell wir konnten nahmen wir die Waffen zur Hand und verteidigten das Burgtor gegen den Feind: die blau berockten! Es war eine große Truppe, die mit schwerem Gerät große Preschen in unsere Reihen schlug. Ein grässliches Gemetzel, und jeder wusste: diese machen keine Gefangenen! Alle standen wir zusammen, ob Kämpfer oder Gelehrter, und verteidigten gemeinsam unser Leben! Nicht viel hätte gefehlt, und ich hätte diese Zeilen nicht mehr schreiben können. Doch das Schlachtglück blieb uns hold, auch wenn wir schwere Verluste zu beklagen hatten. Lange wird dies so nicht weitergehen!

Gerade sind die schlimmsten Wunden versorgt, da taucht die Schamanin der Bilchländer wieder auf. Sie sagt, dass ein hoher Anführer der Bilchländer – „Paran“ nennt sie ihn – eingetroffen sei um mit uns zu sprechen. Wir sollen uns sofort zum Treffpunkt aufmachen. Drum heißt es nun, sich zu rüsten und diese Gelegenheit zu nutzen, auch wenn der Feind – Stueren! – überall auf uns lauern kann.

Den Göttern danke ich! Ich lebe noch! Ich spürte schon Gwons Schwingen, das kann ich wahrlich bezeugen, doch noch ist es nicht so weit … Aber eines nach dem Anderen.
An der Lichtung, an der uns die Bilchländer treffen wollten angekommen, sahen wir sogleich, dass diese mit einem Kreis aus Fackeln beleuchtet war. Einige Bilchländer – ich weiß nun, dass sie Borharcôner genannt werden wollen – waren anwesend, darunter auch der Paran der Maroncu, wie sie ihren Stamm nennen. Dieser erklärte uns, dass all die seltsamen Begegnungen im Laufe des Tages – die Ritter, der hoffnungslose Angriff, die Bauern, der Händler, und wer weiß was noch – kein Zufall gewesen waren, sondern von den Bilchländern selbst inszeniert worden seien, um uns auf Herz und Nieren zu prüfen: ob wir ehrenvoll seien, klug, aufmerksam, gerecht. Sie befanden uns für würdig und erläuterten sogleich, wozu.
Es gibt eine Weissagung der Bilchländer, dass der letzte Spross der Sorebramorer, welches untergegangene Kriegsfürsten der Bilchländer seien, die Bilchländer eines Tages doch noch zum Sieg über die Stuerener führen werde, sofern dieser „seinen siebzehnten Sommer sieht“. Dieser Junge, ein einjähriges Balg mit Namen Meorte, sei ihre letzte Hoffnung. Doch wüssten die Stuerener von der Weissagung und machten darum Jagd auf ihn. Deshalb suchten die Bilchländer nach Schutz und ihre Weissagung sah ihnen voraus, dass wir Drachenhainer auf der Burg, die wir Hadriansblick nennen, auftauchen werden und ihnen helfen können. Drum prüften sie uns, um sicherzustellen, dass wir die Richtigen seien. Bereits zuvor hatte der Paran dafür gesorgt, dass das Kind hierher gebracht würde, doch waren ihnen die Stuerener – aber nicht die blau gewandeten, gegen die wir uns bei unserer Anreise erwehren mussten, sondern der berüchtigte „Rote Jäger“, von dem die Bilchländer in großer Furcht sprachen – bereits auf der Spur.
Da sie uns für würdig erachteten war es also nun so weit, die neue Freundschaft zwischen Bilchländern – Borharcôner heißt es! Werde ich mich je daran gewöhnen? – und Drachenhainern zu besiegeln: Die Borharcôner vertrauten uns das Wichtigste an, das sie haben: das Kind Meorte, ihre einzige Hoffnung! Wir sollen ihn schützen bis zu dem Tag, da er seinen siebzehnten Sommer sieht und die Weissagung erfüllen kann. Eine schwere Bürde, doch ehrenvoll und unumgänglich! Eine Amme und eine Leibwächterin wird das Kind begleiten. Wo es untergebracht werden soll, das wird wohl nur der Fürst selbst entscheiden können.
Gerade wurde diese neue Freundschaft besiegelt und man machte sich daran, alles Weitere zu besprechen, da stürmte aus den Wäldern erneut der Feind – der „Rote Jäger“! Mit Gebrüll und dem Ruf „Gebt uns die Prophezeiung!“ preschten sie heran. Doch warteten sie auf keine Antwort, sondern ließen ihre Klingen die Verhandlung führen. Es war ein harter Kampf, der gerade so gewonnen wurde, doch das Schlimmste war ein anders: einen weiteren Verräter hatten wir in unseren Reihen, der die Gunst des Moments nutze, sich an die Bilchländer und den Balg, den jungen Meorte, heranschlich und eben diesen zu ermorden trachtete. Nur dadurch, dass die Schamanin – Araslá in ihrer Sprache – ihr eigenes Leben gab konnte sie das Kind retten. Eine edle Tat, die ich dieser Frau in Fell und Knochen nie zugetraut hätte. Ich schäme mich für alles Abfällige, dass ich über sie gedacht habe.
Dann kehrte Ruhe ein und Wunden konnten versorgt werden. Eine Vernehmung des Verräters war nicht möglich, gerade wollte man dazu schreiten, da warf er sich in eine unbedacht gehaltene Klinge der Anwesenden, was alle Hoffnung auf weiteres Wissen zu Nichte machte.
Weitere Unterredungen gab es noch mit den Borharcônern. Einer unserer Geweihten, der Erwählte der Poena Witold Rhyannon, bot sich gar an, mit seinem Sohn als Botschafter mit ihnen zu gehen um so den Kontakt zu halten, was diese annahmen.
Zurück auf der Burg machte ich mich bereits auf den Weg auf meine Pritsche, da sah ich noch einmal diesen zerlumpten Kerl, der sich selbst Grenzgänger nennt und den ganzen Tag auf der Burg herumgelungert hatte. Noch immer wollte er nicht beantworten, wer er sei, doch sagte er uns, dass die Gefahr der Stuerener vor Ort vorerst gebannt sei, wir uns aber beeilen sollten, das Kind in Sicherheit zu bringen. Ich weiß nicht, woher er von all diesen Dingen weiß, und vielleicht will ich es gar nicht wissen. Ich bin müde und will nur noch schlafen.

Widerstand der MadRuadh gegen die Siedlung an der Q1

Unter den MadRuadh mehren sich Stimmen, die den Bau eines Niochs an der Grenze zu Flaitney durch die tieflandstämmigen Hochländer ablehnen. „Dies war unser Gebiet und jetzt gräbt man uns dort das Wasser ab – alle Händler auf der Q1 werden dort Rast machen!“ hört man an den Feuern. Die Rechtslage ist allerdings eindeutig, wie Heliosgeweihte sowohl aus Luchnar als auch aus den anderen Hochlandbaronien bestätigen. Das Gebiet wurde abgetreten, also kann den Bewohnern nicht verboten werden, dort Häuser zu bauen, wenn von Seiten der Druidh nichts dagegen spricht.

Frater Martin Dorn zum Frater Primus des Ordens des Lichts zur Sichelmark ernannt worden

Martin Dorn wurde vom hohen Zirkel des Ordens zum Frater Primus des Ordens ernannt.
Nach dem Tod Theofried Barens kamen nach angemessener Zeit die Frater und die Scientii des Ordens zusammen um darüber zu beraten, wer fortan, besonders in Zeiten, in denen die Zukunft alles andere als friedlich aussieht, den Orden führen soll.
Lange wurde beraten. Einige der besonders kampferprobten Frater sprachen sich dafür aus, dass es ein besonders starker und kriegserfahrener Frater sein müsse, der der neue Primus sein sollte.
Die geschultesten der Scientii setzten sich dafür ein, dass es ein Frater sein solle, der besonders viel Besonnenheit mitbringe.
In beiden Gruppen waren diejenigen zu finden, die ein reines Herz für das wichtigste hielten, was ein Frater haben müsse.
So wurden viele Vorschläge gemacht und immer wieder wurde Martin Dorn als der passende Mann angeführt, um den Orden zu führen.
Herr Dorn, der selbst dem hohen Zirkel, dem höchsten Ordensgremium, angehört, hielt sich in dieser Debatte weise zurück, wissend, welche große Aufgabe es sei, den Orden zu führen. Und selbst als alle sich geeinigt hatten, bat er um eine Nacht, um zu den Vieren zu beten und Saarka ein Opfer zu bringen, um seine Entscheidung zu überdenken.
Alle Männer und Frauen des hohen Zirkels gestanden ihm dies zu und verbrachten selbst die Nacht damit, die Viere darum zu bitten, dass sie das Ordensgeschehen recht leiten mögen.
Am Morgen trat ein Rüstbursche zu Scientius Ralf, einem der hohen gelehrten des Ordens, und berichtete ihm, dass ihm in dieser Nacht Saarka im Traum erschienen sei. In diesem Traum führte sie ihn durch die Vierenburg und führte zu der Kammer, in der Herr Dorn schlief. Als er die Kammer öffnete, war darin nur heller Schein und dann erwachte er. Scientius Ralf hielt dies fürderst für den Versuch des Rüstburschen, Einfluss auf den hohen Zirkel zu nehmen. Doch als er im hohen Zirkel darüber berichtete, wurde von anderen Scientii und Frater berichtet, dass auch andere Rüstburschen, Knappen, Novizen und Adepten denselben Traum gehabt hätten.
Als Herr Dorn dies hörte, verstand er das Zeichen und nahm das Amt des Frater Primus des Ritterordens des Lichts zur Sichelmark an. Weise sei sein Geist, schnell sein Arm und stark sei sein Herz.

 

Und wieder frohe Kunde aus Gaeltacht

Nachdem sich die Streitigkeiten innerhalb Gaeltachts durch die Verbindung zwischen Seamus McGrath und der Schwester der Baronin Caillean McGodfrey Eilaine beigelegt werden konnten – der Bote berichtete – gibt es nun wieder Erfreuliches zu berichten. Am fünften Tag des zweiten Helios 38 n.A.III kam im Hause McGrath eine Tochter zur Welt. Sie trägt den Namen Kendra Flòraidh McGrath und wird im Alter von 3 Monden dem Volk bei einem großen Fest vorgestellt werden.

Der Ausbau des neuen Lehens in Luchnar geht langsam voran

Im vergangenen Jahr wurde eifrig, aber eher im Stillen am neuen Lehen in Luchnar gearbeitet. Mittlerweile ist klar, dass es drei Siedlungen geben soll: Eine nahe Esclarmond, eine an der Q1 dicht der Grenze zu Flaitney und eine dazwischen. Die vorläufigen Namen lauten Neu-Esclarwehr, Heidehöhen und Moorwald. Die Ortschaften sollen durch den Ausbau eines bisher wenig begangenen Weges zwischen Esclarmond und der Grenze zu Flaitney miteinander verbunden werden.
Insbesondere an diesem Grenzort wird bereits intensiv gebaut, da die Q1 die Logistik wesentlich erleichtert. In Neu-Esclarwehr stehen zumindest Schuppen, die bis zum Wintereinbruch mit Baumaterial gefüllt werden sollen, um im nächsten Frühjahr rasch mit dem Bau von Häusern zu beginnen. Der dritte Ort wurde bisher nur von der Lage her festgelegt.
Ein Termin für die offizielle Gründung des Lehens steht immer noch nicht fest, ebenso wenig der Titel des Lehensnehmers. Bei letzterem wird es sich vermutlich um Eylwine von Esclarmond handeln.

Frohlocken im Hause Drachenhain-Tlamana

Gleich einem gleißenden Heliosstrahl erhellt seit dem 28. Tag des 1.Helios im Jahre 38 n.A.III ein freundliches Kinderantlitz die Welt und schenkt den Menschen zu Zeiten dräuenden Kriegssturms Mut und Zuversicht.

Denn an jenem Tage fand zu Mirain:

Prinzessin Lenia Orwyn Sarava von Drachenhain – Tlamana

den Weg in unsere Mitte, auf Poenas Leib.

Ihre Hochwohlgeboren Prinzessin Lenia ist nunmehr das dritte Kind des Fürsten Leomar und seiner Gemahlin Baronin Leabell von Tlamana.

Das Haus Drachenhain-Tlamana, es lebe hoch, hoch, hoch!

 

Politische Korrektheit oder der Begriff Artir

Politische Korrektheit kann eine Qual sein.
Bei Entstehung gewisser Konstellationen im Hochland war klar, dass es für neue Begriffe Doppelbenennungen geben muss, Namen, die in beiden Sprachen unterschiedlich lauten, Dies galt insbesondere für Namen neuer Orte (heligonisch Kastelmond – luchnisch Caistlmond) oder Titel. So wird die Freifrau mit dem bisher nicht existierende Ceart Caraid übertragen, was aber nicht freie Frau, sondern eher aufrechte Freundin bedeutet.. und an dieser Stelle gehen die Ausführungen eigentlich schon zu weit.
Denn das Problem ist in der gesprochenen Sprache gering. Rede ich Luchnisch, sage ich Ruadhmora, spreche ich heligonisch, sage ich Rotmark und verwende Ruadmora allenfalls, wenn ich meinem hochländischen Gesprächspartner gegenüber besonders höflich sein will.
Wenn ich schreibe, kommen aber die Fragen – trete ich meinem luchnischen Leser, den ich nicht kenne, zu nahe, wenn ich in einem Text über sein Land meine Namensgebung benutze? Formal wäre das zwar korrekt, die fremde Form inkorrekt. Aber wie ist es moralisch zu lesen? Soll ich beide Formen verwenden und riskieren, dass ich spätestens nach dem zweiten Satz über Braunfriedensmoor / Holemsithmondh den Leser ganz verliere?
Deshalb sind wir sehr froh darüber, dass, wer auch immer es entschieden hat, dem neuen Lehen Luchnars nur ein Name gegeben wurde, ein kurzer dazu: Artir. Auf Luchnisch hat das eine tiefe Bedeutung: Unser Land (und das können nun Tieflandhochländer und Hochlandhochländer interpretieren, wie sie wollen). Auf Heligonisch klingt es nur nett. Das muss ausreichen, und wir sind sehr froh darüber, dass es offenbar tatsächlich allen Hochländern reicht.
Mit Konflikten im Hochland reicht es nämlich schon lange.
Mit der Länge dieses Artikels vermutlich auch.

Aufruf und Einladung

Verehrte Freunde Luchnar im ganzen Reiche und darüber hinaus,

wie in diesem Boten auch an anderer Stelle bekannt gemacht wird, ist das neue Lehen in Luchnar endlich offiziell ausgerufen worden.
Hierzu wird es weitere Feierlichkeiten geben und zwar am 17. Tage des 1. Poenamondes im kommenden Frühjahr.
Es ist den Einladenden durchaus bewusst, dass sowohl Ausrufung als auch Feierlichkeiten für Luchnar höchstrangig, für das Hochland interessant, für Drachenhain schon nachrangig und für den Rest der Welt weitestgehend irrelevant sind.
Dennoch legen der Baron von Luchnar, Koldewaiht von Hautzensteyn und die neue Freifrau / Ceart Caraid Eylwine von Esclarmond Wert darauf, dass jeder, der teilnehmen möchte, in Kastelmond / Caistlmond willkommen ist.
Adlige und andere höhergestellte Persönlichkeiten – gerne auch alle anderen – bitten wir, ihre Teilnahme formell oder informell anzumelden.

Das neue Lehen in Luchnar – endlich offiziell!

Die offizielle Ausrufung des neuen Lehens in der Baronie Luchnar hat endlich stattgefunden. Wie angekündigt wurde von Seiten der Druidh und Sagai des Landes das Erntedankfest Arán als passender Anlass auserkoren. Der Zeitpunkt dieses Festes ist allerdings vom Ablauf der Ernte abhängig. Ein festes Datum konnte deshalb nicht festgelegt werden.

Die Feier wurde deshalb aufgeteilt in eine offizielle Verkündung durch die Verantwortlichen in Luchnar am letzten Tage dreitägiger Feierlichkeiten, so dass jeder Bewohner des Landes, der die Wegstrecke zurückzulegen vermag, daran teilhaben kann. Im Frühjahr wird es einen weiteren Festakt geben mit Gästen aus ganz Drachenhain und anderen Teilen Heligonias, bei der voraussichtlich auch Fürst Leomar von Drachenhain, Foranan McDonough, Baron von Flaitney und Cailleen McGodfrey, Baronin von Gaeltacht anwesend sein werden.

Als Tag der letzten Ernte wurde der 27. Tag des 1. Xurl bestimmt. Maßgeblich war natürlich die Ernte im neuen Lehen, diese wurde aber so eingeholt, dass auch die Ernte in den anderen Teilen Luchnars abgeschlossen war.

So begannen sich am 28.Tag die Bewohner des Lehens und nach und nach immer mehr Gäste aus den Clangebieten in Kastelmond / Caistlmond, dem Hauptort des Lehens zu sammeln. Auf dem Dorfanger wurde ein großes Feuer entzündet. Speisen und Getränken standen auf Tafeln rund um den Anger und im Saal des Landhauses der Freifrau. In und um Kastelmond gab es aber viele weitere Möglichkeiten sich an kleineren Lagern aus Strohballen oder Fellen zusammenzufinden.

Die ersten beiden Tage des Erntedankes waren weitgehend frei von offiziellem Programm. Man aß und trank miteinander, unterhielt sich, sang alte und neuere, luchnische und tiefländische Lieder. An manchen Tischen wurde gespielt, auf freien Flächen kleinere Wettkämpfe und freundschaftliche Gefechte durchgeführt und vor dem Dorfe mehrere Utzganpartien bestritten, bei den die Mannschaften unabhängig von Zugehörigkeit und Herkunft bunt zusammenfanden. Abends rückte man am Feuer zusammen, erzählte sich Geschichten und Trivialitäten und sang und zechte bis tief in die Nacht.

Die zukünftige Freifrau oder Ceart Caraid des Lehens, Eylwine von Esclarmond hatte sich bis um den Mittag des zweiten Tages zwanglos unter den Feiernden bewegt und die neuen Gäste begrüßt, die auch an diesem Tag zahlreich eintrafen, sogar einzelne aus den naheliegenden Nachbargebieten, vor allem von der Drachentrutz, aus Flaitney und aus Wolfenfeld. Nun trat sie vor die Menge und verkündete, allen Interessierten das neue Lehen noch etwa näher zu zeigen. Drei Wanderungen waren organisiert – je nach Lust und Fußfertigkeit rund um Kastelmond, bis Rotmark und durch die Ausläufer der Moorgebiete oder bis nach Braunfriedensmoor tief im Lehen. Eine große Zahl der Gäste nutzte eine der Möglicheiten und bis die letzten wieder in Castelmond anlangten, brach schon die Nacht herein.

An diesem Abend wurde verkostet, was das Jahr an edlen Tropfen beschert hatte – Bier, Brände und Or-Ban aus den verschiedenen Gegenden Luchnars. Manch einer bereute am nächsten Morgen, nicht doch die eine oder andere Runde ausgelassen zu haben.

Um die Mittagszeit des dritten Tages versammelten sich Druidh und Sagai an einem Ort, der ein gutes Wegstück von Kastelmond entfernt war, auf einer Weide, die an die äußersten Ausläufer des Moores und an einen Wald grenzte. An diesem Grenzpunkt lag ein Cairn, eine Verbindung zur Anderwelt und die Druidh hatten die Weide für geeignet befunden. Natürlich waren sämtliche Druidh und Sagai des neuen Lehens anwesend, dazu manche aus den Clangebieten und einige Geweihte aus dem Osten Flaitneys, der an das neue Lehen grenzt. Sie bereiteten das Land auf den Wandel vor, der klein, aber weit mehr als politisch war.

In den folgenden beiden Stunden sammelte sich nach und nach auch die Festgesellschaft am Rande der Weide und gegen die zweite Stunde war auch der letzte größere Schwung an Gästen eingetroffen. Nur wenige waren in Kastelmond zurückgeblieben, die für den Weg zu gebrechlich waren oder die sich in den beiden vorherigen Nächten zu sehr verausgabt hatten.
Der dem Cairn zugehörige Druidh sprach zunächst einen Segen über den Ort, dann die anderen Druidh und Sagai über das Lehen, Luchnar, das Hochland, Drachenhain und ganz Heligonia. Schließlich wurden gute Botschaften zu den Sternen und mit Behutsamkeit in die Anderswelt gesandt. Die Stunde der Ausrufung war gekommen. Die Festgesellschaft betrat die Weide.

Als erstes sprach der Baron des Landes, Koldewaiht von Hautzensteyn. Er schlug den geschichtlichen Bogen zurück zum Dòrchiu, dem Bruderkrieg im Hochland vor bald hundert Jahren, der die Tiefländer letztlich erst nach Luchnar gebracht hatte, schilderte die wechselhafte Geschichte des Clans- und Vogtswesens über die Jahrzehnte und wie das System, das einst den Zwist überwunden hatte, neuen Zwist hervorrief und letztlich in etwas Neues münden musste.

Als nächstes sprachen nacheinander die Clansoberhäupter Gwarra Tekindra MadGlas, Gallory Lland MadRuadh und Flarn Flirhan MadUaine. Sie schilderten in teils sehr persönlichen Worten das Verhältnis der Clans und der Tiefländer zueinander während ihrer Zeit als Ceann und Ceanna Cuath, die jeweils mehr als 20 Jahre umspannte. Gwarra Tekindra brachte es in ihren Schlusssätzen wohl auf den Punkt: Sie konnte die Tieflandstämmigen als Hochlandbewohner annehmen, als sie begriff, dass das Land selbst sie angenommen hatte.

Zuletzt sprach Eylwine von Esclarmond, die neue Ceart Caraid. Die bittere Vorgeschichte von Teilen ihrer Familie mit den Clans streifte sie nur kurz und schilderte ihre Liebe zu dieser Gegend und wie das Lehen in den letzten Jahren mit Hilfe vieler aufgebaut worden war. Sie schloss mit den Worten: Und so rufe ich Dich, unser Land und Teil unseres Landes, bei Deinem neuen Namen: Artir!

Viermal rief sie den Namen und viermal wiederholte ihn die Menge. Kurz herrschte Stille. Dann strich plötzlich ein Wind über die Weide, im Wald rauschte es in den Wipfeln, aus dem Moor stieg Nebel empor und in der Ferne war ein Ächzen zu vernehmen.

Druidh und Sagai, die um die Weide gesessen hatten, erhoben sich und schritten langsam davon, in Richtung ihrer Cairns, ihrer Haine und Wohnstätten, um die enge, intensive Verbindung mit dem Land, die sie zuvor gewoben hatten, wieder zu lösen. Der Wind legte sich, die Menge fand zur Sprache zurück und begab sich, plaudernd oder sinnierend, in kleinen und großen Gruppen zurück nach Kastelmond. Er herrschte Einigkeit, dass ein guter Name gefunden war – Artir, übersetzt „Unser Land“.

Die Alten, die zurückgeblieben waren, hatten den vorbereiteten Holzstoß auf dem Anger angefeuert und mehrere Ballen auf einer Tafel geöffnet. In ihnen lagerte der Großteil der Jahresernte an Eithill, dem seltenen und kostbaren luchnischen Pfeifentabak, der nun unter den Gästen verteilt wurde. Etliche steckten sich eine Pfeife an oder labten sich an den neuen Speisen und Getränke, die vom Sitz der Ceart Caraid herbeigetragen wurden. Mancher nutzte aber auch die Gelegenheit, sich zu bedanken und zu verabschieden, insbesondere diejenigen, die noch einen weiten Weg vor sich hatten.

So schrumpfte die Menge über den Rest des Tages allmählich wieder, wie sie zuvor gewachsen war, bei Schmaus und Trank, Sang und Spiel, am Feuer und auf den Lagern. Die Stimmung war heiter, etwas ruhiger und besinnlicher als zuvor, doch wieder wurde für die, die geblieben waren, der erste Abend und die erste Nacht in Artir fröhlich und lang, unter guten Sternen und mit dem Segen aus anderen Welten.


Als Chronistin dieses geschichtsträchtigen Erntedankfests möchte ich mir einige Anmerkungen erlauben. Es war mir seit langem klar, dass ich vermutlich für den Heliosboten und ganz sicher für mich an der Ausrufung des Lehens teilnehmen würde und ich habe mich ebenso lange mit der Problematik dieser Gründung beschäftigt. In manchem Jahr rief allein die Erwähnung des Themas nur Desinteresse, Spott oder genervtes Kopfschütteln hervor.
Aus heutiger Sicht ist es aber hervorragend, dass es so lange gedauert hat. In der Vergangenheit hätte dies eine gespaltene Feier sein können, mit Anspannung auf beiden Seiten und dem Risiko, dass irgendein Vogtsbengel oder Clansbock, vielleicht auch eine Clanszibbe einen Eklat anzettelt, eine Rauferei provoziert oder Schlimmeres.

Mittlerweile ist das Lehen ohne eine offiziellen Ausrufung oder einen Namen fast vollständig aufgebaut. Viele Clansangehörige haben es besucht, Handelsverbindungen sind entstanden, Freundschaften. Die mittlere Generation beider Teile spricht die Sprache des anderen fließend, die jüngere in der Regel sogar akzentfrei. Es muss nicht mehr zusammengezwungen werden, was nicht recht zusammen will – es ist tatsächlich etwas zum Gutteil zusammengewachsen und wird dies weiter tun. Das Land ist ganz und heil.
Es war außerdem richtig, zwei Feiern zu planen. Die Luchner mussten diese Wunde zunächst für sich selbst schließen, sich auf sich konzentrieren, um erst in einem zweiten Schritt sich nach außen zu öffnen, auf hochrangige und der Hochlandsprachen unkundige Gäste zu achten und ein auch heligonisches Fest zu feiern. Hier, an Arán mussten keine Rücksichten genommen werden. In ihren Reden wechselten Baron und Freifrau je nach Thematik zwischen den Sprachen, die Clansoberhäupter und Druidh sprachen ausschließlich Luchnisch, die anderen Geweihten nur selten Heligonisch oder das Flaitneyer Idiom – alles eine Unhöflichkeit bei einer Vielzahl an tiefländischen Gästen, hier eine Selbstverständlichkeit.

Aber die heligonische Feier wird kommen. Auch Drachenhain, auch ganz Heligonia möge ganz und heil bleiben oder werden.
Auf Artir!

Altes Blut und neue Herrschaft in Sengenberg?

Der Bote I.
Es geschah zur Kanzleraudienz, am 21. Tag im 2. Heliosmond, im Jahre 42 n.A.III, in der Drachentrutzer Fürstenburg, als ein sichtlich waffenfähiger Mann, mit festem Schritt aus der Menge an Kanzler Giselher von Mühlenheim herantrat, der hier und heut, in Vertretung des im Feld befindlichen Fürsten, Recht sprach und den Anliegen des Drachenhainer Volkes Gehör schenkte. Der Neuankömmling verbeugte sich flüchtig und brachte hernach ein gar erstaunliches Begehr vor:
„Mein Name lautet Laurenz Rudolf Doloros und ich bin ein Mann von Hans-Thiems-Haufen aus dem Lande, das Ihr Sengenberg zu nennen geruht. Mein Anliegen an Euch, Herr Kanzler, ist einfach und diffizil zugleich: Bestellt dem Fürsten von Drachenhain, dass in meiner Heimat endlich wieder Recht und Friede möglich ist. Denn unter dem Schutz unseres Haufen gedieh in den letzten Jahren diejenige heran, die von Legoddins und Frendals Blut ist. Alenka Sophie, so lautet ihr Name, ist die wahre Erbin von Drachenberg und sie will seiner Durchlaucht den Vasallenschwur leisten, um als legitime Nachfahrin Frendals über dessen Land und Volk zu herrschen.“
Da war mit einem Male Ruhe im Saal und auch der Kanzler benötigte einen kurzen Lidschlag, um das Vernommene zu verarbeiten:
„Für Sengenberg spricht er, soso! Nun sehe ich ihn aber in keinem Templerrock gekleidet und eine Legitimation, wie ein Heliosbrieflein, zeigt er auch nicht vor?“
Laurenz Rudolf Doloros, ob der Worte nur wenig eingeschüchtert, sprach:
„Herr Kanzler, meine Legitimation habe ich vom Volke meiner Heimat erhalten und die ist auf keinem Bogen Pergament verzeichnet. In der Tat bin ich kein Templer und auch nicht von Stand. Doch ist mein Anliegen wichtig und von größter Tragweite. Denn anders als Ihr und die Welt es vielleicht glauben mögt, ist in Sengenberg mitnichten alles still und friedlich, und alles fest im gutherzigen Beschlag des Templers! Im Süden, in den Städten und auf den Straßen, da mag dies stimmen, doch der Norden, das Hinterland und die Sümpfe? Alles in der Hand der drei Haufen, die schon seit den Zeiten Richildas Verschwinden – und im Grunde auch schon davor – gut für Ordnung und Ausgleich sorgen. Nun…“
Da unterbrach der Kanzler ruhig, aber mit kaltem Eisen in der Stimme:
„So, ist er also ein Verfemter und Rebell und gehört sofort in Ketten gelegt? Sehr wohl drangen und dringen noch immer die von ihm selbst genannten Schwierigkeiten der Templer an des Fürsten Ohr. Wir wissen wohl, dass die Brüder in diesem Lande keinen leichten Stand haben, da die Sengenberger verstockte Rückwärtsschauer sind. Von Glück kann er sprechen, dass derzeit Krieg herrscht und das Auge seiner Durchlaucht auf anderen Obliegenheiten ruhen muss.“
Da streckte der Besucher unschuldig die bloßen Hände vor:
„Keine Rebellen und keine Aufrührer vom Schlage eines Freiherrn Gellers von Mannseck sind wir, welcher stets nur an die eigene Börse dachte! Wir Männer der Haufen sind das, wozu die schlechte oder ausgerissene Herrschaft uns gemacht hat. Verfemte wurden wir genannt, nachdem wir das fortführten, worum sich über viele Jahre niemand ernstlich scherte: die Ordnung im Lande zu wahren und das Überleben der einfachen Menschen zu sichern. Nun aber, mit der Erbin, steht der einmalige Weg offen, Sengenberg ein für alle Mal zu befrieden und in die Gemeinschaft der Drachenhainer Baronien zurückzuführen. Das Volk und die Haufen wollen das Knie vor einer Baronin Alenka Sophie beugen, Haumesser und Pike wegwerfen und treulich ergeben sein“
Der Kanzler strich sich nachdenklich über das Kinn:
„Hmm, hmm, hmm…. Ich weiß, dass Euch Sengenberger das Blut und die Linie alles gilt, deshalb gab es damals ja diesen Zinnober im Schrifthaus und diese Frechheiten in Richilesruh, (der Helios-Bote 62 berichtete) was hatte es mit all dem auf sich, frage ich! Wie kam das Mädchen zu Euch und ist sie es überhaupt? Doch halt, bevor wir die Geschichte wiederbeleben, soll die Feder hinzukommen, um zu helfen, die losen Stücke geordnet zusammenzufügen. Das ist außerdem nichts für diesen Ort und auch ich bin nicht jene Person, die hierin zu entscheiden hat.“
Mit diesen Worten erhob sich der Kanzler Drachenhains und sprach zur gespannt lauschenden Menge:
„Die Audienz ist für heute beendet, soll aber ob der Kürze heute, am morgigen Tage weitergeführt werden. Ihn, Laurenz Rudolf Doloros, werden die Wachen bis zur Ankunft des Fürsten in unsere innersten Gemächer führen, damit diese interessante Unterhaltung dort ungestört fortgesetzt werden kann.“
Laurenz Rudolf Doloros nahm dies Urteil ergeben hin und rief lächelnd dem bereits gehenden Kanzler hinten nach:
„Nun, ich dachte mir schon, dass mir ob meines Ansinnens nicht gerade das Haar gestreichelt werden würde! Gerne wartet Sengenberg die Ankunft des Fürsten ab.“
Beigewohnt und aus der Erinnerung niedergeschrieben

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