Boten-Teil: Kronkurier

Getöse auf der Talwacht – Murbach in Aufruhr

Seltsames ereignete sich vor kurzem in der Provinz Celvar auf dem Plan der vor langer Zeit verschwundenen Burg Talwacht.
Leset im Folgenden die exklusiven Bekanntmachungen unseres Schreibers Rüdiger Purzelboom, der sich todesmutig an den Ort des Geschehens begeben und vor Ort Gespräche mit Augenzeugen geführt hat.
Im kalten, verschneiten Winter des Jahres 45 n.A.III manifestierte sich plötzlich über mehrere Tage am Standort der ehemaligen Burg Talwacht ein neuer Bau. Erst waren nach Augenzeugen¬berichten nur Umrisse einzelner Mauern, Häusern und Türmen geisterhaft zu erkennen. Dann erschien mit einem Donnerschlag ein neuer Gebäudekomplex auf dem Berg und hüllte diesen in eine dichte Wolke aus aufgewirbeltem Schnee. Erst nach Stunden war das neue Gemäuer erkennbar auf der Berghöhe wieder sichtbar.
Schon aus der Ferne fällt die ungefähr dreizehn Fuß hohe Mauer, die zwar Teils beschädigt ist, aber dennoch das gesamte Areal zu umschließen scheint, auf. Umringt ist die Mauer von einer Vielzahl von Trümmen und halbzerstörten Hütten und Häusern, die über das Geröll des Berghangs um den Gebäudekomplex verteilt sind. Nur einzelne Häuser scheinen noch mit des Einen Hilfe gerade zu stehen.
Hinter den hohen Mauern kann man eine seltsame, bunte Mischung von Baustilen erkennen: Neben bekanntem Mauerwerk, Zinnen und Schindeldächern, wie sie in aller gesitteten Länder bekannt und bewährt sind, reihen sich fremdartig wirkende, an das Land Darian erinnernde, Häuser und Türme auf, mit reichverzierten Kuppeln und Fensterbögen. Allein die blauen Dächer, ob nun mit Schindeln bedeckt oder aus Kuppeln bestehend, scheinen als Merkmal diese von unterschiedlicher Meisterhand erbauten Werke zu vereinen. Nur im Osten des Komplexes scheint unpassender Weise ein großer Platz angelegt zu sein, auf dem kein Gemäuer steht.
An Kuriosität übertroffen wird diese wilde Mischung an Stilen nur durch das Objekt, welches zwischen den Kuppeln und Türmen im Herzen des Komplexes alles andere überragt: ein hoher wie über Generationen gebauter, abgerissener, neu – neugebauter, wieder teils abgerissener und ausgebesserter Turm. Immer wieder ungleich verteilt sind an einzelnen Stockwerken in unterschiedlichen Höhen Anbauten am Mauerwerk befestigt worden. Gekrönt wird dieser Finger eines Titanen von einer chaotisch aussehenden Anordnung von mysteriösen Gerätschaften, die mit Gläsern und Linsen versehen sind, welche im Schein der Sonne aufblitzen. Seiner imposanten und architektonischen Finesse wird nur durch seine leicht schiefe Lage ein wenig Abbruch getan.
Wenn man sich dem Ort nähert, fallen dem aufmerksamen Beobachter weitere Kleinigkeiten auf. Vereinzelt lassen sich aufgeregte Rufe vernehmen und hinter einzelnen Fenstern der Bauten im Inneren kann man immer wieder Gestalten huschen und seltsame Lichter aufleuchten sehen.

Wer also mehr über diese Bewohner dieser Erscheinung in Erfahrung bringen möchte, muss an einem recht imposanten Eichentor mit kleinem Pförtnerhäuschen um Einlass bitten. Dem Besucher wird momentan allerdings rüde durch einen Sehschlitz mitgeteilt, dass ein Besuch aufgrund „arkaner Indifferenzen und backtechnischer Unannehmlichkeiten“ momentan nicht möglich sei.
In der nächstgelegenen Taverne „Zum lachenden Auerhahn“ kann man allerdings von der ortsansässigen Bevölkerung einige Dinge in Erfahrung bringen:

Purzelboom: Wann habt Ihr den Gebäudekomplex in Talwacht entdeckt?
Herr Kraut (Bauer): Vor gut sieben Tagen flimmerte die Luft dort so seltsam, ich dachte
zuerst, das würde an meinem Rübenschnaps liegen, war aber nicht so.
Frau Kraut (Bäuerin): Dann war da dieses Donnern, die Luft wurde schwer, wie vor einem
Gewitter und es roch nach Sellerie.
Purzelboom: Sellerie?
Herr Kraut: Ja, Sellerie. Am dritten Tag dann tauchten auf einmal verschwommene Umrisse auf, ich dachte, es liegt am Bier, war aber nicht so.
Frau Kraut: Da hab ich zu meinem Mann gesagt, Gustav, habe ich gesagt, hol die Lisbeth und die Adelheid da weg.
Purzelboom: Wen?
Frau Kraut: Unsere beiden besten Milchkühe
Herr Kraut: War leider schon zu spät, plötzlich standen die Häuser da, wo gerade noch die Kühe waren.
Purzelboom: Die Gebäude sind einfach aufgetaucht?
Frau Kraut: Nein, es hat gewaltig gerumst und der Boden hat noch hier im Dorf gewackelt.
Herr Kraut: Über der Talwacht gab es eine Wolke, so etwas habe ich noch nicht gesehen, das war schlimmer als damals, als dem Jan der Brennkessel explodiert ist.
Purzelboom: Seid Ihr nach Talwacht gegangen, um nachzusehen, was passiert ist?
Frau Kraut: Natürlich nicht, wir sind doch nicht bescheuert. Was denkt Ihr denn?
Herr Kraut: Wir haben uns in unseren Häusern versteckt und der Helmut, der
Ortsvorsteher, hat die Bürgerwehr zusammengetrommelt, falls da noch mehr kommt.
Purzelboom: Und kam denn noch mehr?
Frau Kraut: Ein paar sehr nette Männer in seltsamen Anzügen und eine noch nettere Frau mit einem spitzen Hut tauchten ein paar Tage später hier im Dorf auf und fragten nach Gebäck.
Purzelboom: Gebäck?
Herr Kraut: Ja, das war ihnen ziemlich wichtig.
Purzelboom: Haben sie gesagt, wer sie sind und was sie hier wollen?
Frau Kraut: Nein, nicht wirklich. Sie meinten aber sie seien „Magister“ und fragten eben nach dem Gebäck
Purzelboom: War das alles?
Frau Kraut: Sie wollten außerdem noch wissen, wie der Ort hier heißt und wo sie denn nun sind.
Herr Kraut: Genau und dann haben sie mit uns Schnaps getrunken und anschließend die Kühe bezahlt. Wie es sich gehört!
Frau Kraut: Außerdem haben sie ein paar von unseren besten Handwerkern für Renovierungsarbeiten angestellt.
Purzelboom: Also geht von diesem Ort und seinen Bewohnern keine Bedrohung aus?
Herr Kraut: Bisher ist bis auf ein paar komische Lichter und ein paar Geräusche alles ruhig geblieben.
Purzelboom: Vielen Dank für das Gespräch.

Die Herkunft dieser rätselhaften Residenz und die Gründe ihres Erscheinens sind bisher noch völlig ungeklärt. Es wird daher nicht ohne Grund im Volk gemunkelt, dass Fitzzeug im Spiele sei.
Der wagemutige Schreiber Purzelboom wird Euch auch weiterhin über die rätselhaften Geschehnisse hier in Talwacht auf dem Laufenden halten.

Rüdiger Purzelboom für den Kronkurier

Schreine zu Ehren Ardens

In immer mehr ogedischen Städten und Dörfern zeigt sich die Beliebtheit des Götterkindes Arden. Seit einigen Monden gibt es nun auch erste Schreine zu Ehren Ardens. Der wohl prunkvollste Schrein entstand am Rande des Schlangenkamms in Darian, wo eine Theater-Bühne in den Fels geschlagen wurde, um Lieder und Geschichten zu Ehren Ardens vorzutragen.
Nicht allen Geweihten ist diese neue Art des ogedischen Glaubens zwar recht, aber sie betonen auch, dass Arden als Kind der Viere durchaus das Recht habe, einen Platz im Ogedentum zu erhalten.

Mark Ardelun unter neuer Führung – Solodgia feiert

Die wohlfeile Stadt Solodgia, man spricht ihr gerne den Zusatz „Zwischen-Baum-und-Feld“ zu, gilt als bedeutendste Ansiedlung der tlamanischen Provinz Ardelun. Gemessen an ihren Nachbarinnen Mirain und Tabruk allerdings, geht es hier das Jahr über höchst beschaulich, ja recht betäubend, zu.
Gänzlich anders gestaltete sich diese Gewohnheit jedoch in den ersten Tagen des 2. Xurlmonds, als Solodgia sich in ein fürwahr festlich Prachtgewand kleidete. Mensch, Haus, Strauch und gar Getier waren mit farbigen Glasperlenbändern und bunten Federn geschmückt. Spiel, Spaß und Spectaculum zogen Jung und Alt in Bann. Es wurde vortrefflich von Poenas Gaben getafelt und gebechert, die Ernte fiel in diesem Jahr reichlich aus, und so währten die ausgelassenen Feierlichkeiten – von einem einzelnen Fest kann gar nit mehr die Rede sein – ganze drei Tage und Nächte.
Denn es trug sich zu, dass Prinzessin Lenia Orwyn Sarava mit der Mark belehnt und in den Rang einer Freifrau von Ardelun erhoben worden war.
Wie in Tlamana bewährte Sitte, fällt die Verwaltung der „lieblichen Mark“ Ardelun dem zweitgeborenen Kind des herrschenden Linienstammes zu. Obschon es Absicht ist, auf diese Weise monäre Ausstattung und politische Betätigung zuzuführen, handelt es sich bei diesem Ausgleich mitnichten um die Gründung einer unabhängigen Nebenlinie. Die Belehnung Ardeluns beinhaltet gewissermaßen eine Reserveposition, also die Möglichkeit des Nachrückens, so die eigentliche Thronfolgerin – dieser Tage Erbprinzessin Alessia Velana – aus drängenden Gründen die Baronswürde nicht anzutreten vermag. Bekanntlich kam diese Regelung erst in jüngster Zeit zur Anwendung, als Baronin Tamara von Tlamana zugunsten ihrer jüngeren Schwester, unserer heutigen Baronin Leabell, abdankte.
Als der drachenhainisch-tlamanische Hausvertrag (der Helios-Bote berichtet) am 1.Tag des 1. Helios, 45 n.A.III, durch das Licht Seiner Allerdurchlauchtigsten Majestät Gültigkeit erhielt, war auch die Neubelehnung der Mark erforderlich, welche bislang noch unter der zuverlässigen Verwaltung der inzwischen siebzigjährigen Freiherrin Ambrosiata von Perltautal stand.
Da die Prinzessin zum gegenwärtigen Zeitpunkt jedoch erst sieben Sommer zählt, bestallte Baronin Leabell ihren getreuen Ritter Elluard von Eberkling zum neuen Verwalter der Mark, bis Prinzessin Lenia ihr 21. Lebensjahr erreicht hat.
Auch eine Wappenänderung der Mark bringt die Neubelehnung traditionell mit sich. Ihre Hochgeboren Prinzessin Lenia Orwyn Sarava von Tlamana, Freifrau von Ardelun, erwählte sich den aurazithenen Pfau auf schwarzem Grund. Und freilich wart auch der tlamanische Stern nit vergessen, ehrfurchtsvoll schaut der Vogel zum Gestirn empor.

Mark Ardelun

Eine Eigenheit, fern der tlamanischen Gepflogenheiten – dies vergaß ihre Baronin Leabell von Tlamana während der Einsetzung ihrer Tochter nicht zu erwähnen – beinhalte der drachenhainisch-tlamanische Hausvertrag indes doch: sollte es Erbprinz Halmar von Drachenhain nicht gegeben sein, sein Amt anzutreten, so fällt Prinzessin Lenia im Erbfall die Thronfolge des fernen Fürstentumes zu.
Die Vier Götter mögen dies verhüten!

Thronfolge in Drachenhain und Tlamana geregelt

Die beiden Adelshäuser Drachenhain und Tlamana – vor den Vier Göttern durch Lebensehe ihrer Häupter, Fürst Leomar und Baronin Leabell, verbunden – hinterlegten bei Seiner Allerdurchlauchtigsten Majestät jüngst als einvernehmliche Empfehlung, wie nach ihrem Ableben hinsichtlich Thronfolge und Erbe in Drachenhain und Tlamana zu verfahren sei, einen drachenhainisch-tlamanischen Hausvertrag.
Bekanntlich entstammen der poenagefälligen Verbindung drei Thronprätendenten. Namentlich der männliche Erstgeborene Prinz Halmar Arwell, dann die weibliche Erstgeborene Prinzessin Alessia Velana, sowie die weibliche Zweitgeborene Prinzessin Lenia Orwyn Sarava.
Entsprechend des drachenhainisch-tlamanischen Hausvertrages würde beim Tod ihrer Eltern folgende Regelungen, gemäß primo genitur, gewollt sein:
I. Prinz Halmar Arwell soll dereinst Nachfolge und Erbe seines Vaters, Fürst Leomar von Drachenhain, antreten und mit seinen Nachkommen die Linie des Hauses Drachenhain fortführen.
II. Prinzessin Alessia Velana, soll dereinst Nachfolge und Erbe ihrer Mutter, Baronin Leabell von Tlamana, antreten und mit ihren Nachkommen die Linie des Hauses Tlamana fortführen.
III. Sollte eine dieser vorgenannten Linien erlöschen, so geht jene Nachfolge an Prinzessin Lenia Orwyn Sarava über, die mit ihren Nachkommen die entsprechende Linie fortführen soll.
Sollte eine weitere der vorgenannten Linien erlöschen, so verliert dieser Heliosbrief seine heliosgefällige Kraft und fällt an Seine Allerdurchlauchtigste Majestät zurück.
Inzwischen wurde verlautbart, Seine Allerdurchlauchtigste Majestät, König Helos Aximistilius III, geruhte dem drachenhainisch-tlamanische Hausvertrag zu entsprechen und die Helios-Briefe Fürst Leomars von Drachenhain und Baronin Leabells von Tlamana um diese Devolutionsartikel zu erweitern.

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