Im 2. Poëna, 25 n.A.III
Ausgabe 5

Was auf Burg Fhein geschah…

Die Ereignisse, die vor noch nicht all zu langer Zeit auf Burg Fhein in der Baronie Brassach vor sich gingen, wurden bereits im Heliosboten hinlänglich beschrieben. Der geneigte Leser sei also auf den entsprechenden Artikel hingewiesen. An dieser Stelle soll dem arcanen Publikum ein Einblick in den Stand der magischen Ermittlungen gegeben werden.
Ausgangspunkt der Ereignisse war tatsächlich ein Hinweis von unbekannter Stelle, daß Burg Fhein eines der Hauptziele der Ödländer sein soll. Nachdem man zufürderst wenig Glauben in ihn gelegt hatte, wurde beschlossen, dennoch eine Untersuchung einzuleiten. Vor Ort fand man – wie erwartet – zunächst nichts besonderes vor, doch nachdem vor allem das Fundament näher und auch arcan untersucht worden war, wurde offensichtlich, daß tatsächlich irgend etwas unter der Burg verborgen sein mußte. In der Tat stieß man bei Ausgrabungen auf einige höchst interessante Dinge, die in wissenschaftlicher Hinsicht geradezu revolutionär sind. In einigen Metern tiefe unter uralten Mauerbruchstücken versteckt lagen einige Gegenstände begraben, die zum Erstaunen aller aus Ameryll geformt waren. Zur Erinnerung sei noch einmal erwähnt, daß bis zu diesem Zeitpunkt angenommen wurde, daß das mysteriöse Mineral unformbar und unbrauchbar sei. Doch die Fundstücke lehrten die Welt der Gelehrten etwas besseres. In mühsamer Kleinstarbeit suchte man die verschiedenen Teile zusammen und versuchte mit Hilfe der Archive des Nexus Corenae, die Artefakte zu rekonstruieren. In diesem Bericht soll nun auf zwei solcher Gegenstände eingegangen werden.
Das erste, was gefunden wurde, war ein Ring aus Ameryll, der mehrere Meter durchmaß und von einem Zeichen ausgefüllt wurde. Diesem völlig intakten Artefakt ordnete man zwei krallenförmige Säulen zu, die eine Achse tragen konnte, die direkt durch den Ring lief. Der Nutzen dieses Dings blieb lange im Verborgenen, doch durch vorsichtigste und genaueste Untersuchungen konnte auch dies schließlich aufgeklärt werden. Bei diesem Ring handelt es sich offenbar um ein Teil eines noch größeren magischen Komplexes, der in das ursprüngliche, wahrscheinlich sogar präheliotische Fundament der Burg eingelassen ist. Er scheint eine Art Steuer- und Überwachungsmechanismus zu sein, der der Art der arcanen Struktur nach am ehesten mit sehr komplexer Ordo Mechaniscus-Magie verglichen werden kann. Jedoch nur bis zu einer gewissen Grenze, hinter der der Zauberkomplex sehr seltsam wird und sich unbekannter Vorgänge bedient. Wird er aktiviert, so bildet sich um das Fundament und die über ihm stehende Burg ein Wall, der das Innere vom Äußeren Isoliert, jedoch aber für resonierende Dinge durchlässig ist. Auf diesem Faktum beruht auch die Beobachtung, daß Sehen und Hören durch den Wall hindurch möglich war, da es sich bei Bildern und dem Auge, respektive Tönen und den Ohren um Resonanzpaare handelt. Wir vermuten, daß als die Ödländer die Burg angriffen, die Untersuchungsgruppe das Artefakt in Betrieb nahm, um Docartus und die Angreifer fern zu halten. Jedoch erfolgte das Erwachen des Apparatus nach seinem langen Schlaf nur langsam, so daß der Unhold und seine Schergen dennoch eindringen konnten. Jedoch war der Wall nun aktiviert und das Artefakt gut in einem verschlossenen Raum versteckt worden. Hierbei wurde der Verschluß der Tür dieses Raumes mit dem Wall gekoppelt, so daß es Docartus tatsächlich nicht gelang, diese zu öffnen. Es stellte sich heraus, daß der Wall in aktivierter Form sogar so stark war, daß nicht einmal Gwon hindurch konnte, um die Seelen der Toten ins Jenseits zu bringen. Dies ist der Grund für die Anwesenheit von Geisterwesen auf Burg Fhein. Das Artefakt verbrauchte allerdings eine geradezu gewaltige Menge an arcaner Energie, die es aus den Auren der Umgebung zog und in sich konzentrierte, weswegen Begabte beobachten konnten, daß ihnen das Wirken ihrer Kunst außerhalb des Walles sehr schwer fiel innerhalb aber kinderleicht war und fast von selbst funktionierte. Dieser Energiefluß produzierte einen Sog, der die Seelen derer, die außerhalb in einem gewissen Radius um die Burg gestorben waren nach Innen zog.

Daß nun mutige Abenteurer den Wall durchdringen konnten beruht auf einem zweiten Fundstück, dessen Eigenschaften die erste Expedition nutzte und es außerhalb versteckte. Bei diesem handelt es sich um ein komplexes Gitter, daß aus vielen Einzelteilen besteht. Aktiviert wird es, wie sich herausstellte, durch das eher nicht so einfache Zusammenfügen der Teile zu einem (korrekten) Gesamtkomplex. Hierbei kann auf magische Weise eine bis zu einer Grenze beliebige Wirkung hineingelegt werden, die bei Komplettierung realisiert wird. Lapidar ausgedrückt handelt es sich also de facto um eine Art Wunschbrunnen. Die erste Expedition installierte nun einen Zauber in den Wall, der durch die Kraft des zweiten Apparatus getrieben, eine Lücke öffnen konnte. Dies wurde allerdings gesichert durch die Notwendigkeit von verschiedenen Schlüsselkomponenten, die bei der Öffnung anwesend sein mußten. Um diesen Vorgang auch nicht magiebegabten Personen zu öffnen, wurde ein Weg gewählt, bei dem der installierte Zauberkomplex in anwesende Personen manifestiert wurde, die durch Interaktion den Wall auf die geschilderte Art öffnen konnten. Auf diesem zweiten Apparatus beruht wohl auch die Fähigkeit eines Dorfbewohners, der Gerüchten nach über die Fähigkeit verfügte, an bestimmten Stellen in der Nähe der Burg fast beliebige magische Wirkungen zu verursachen.

Bei den Ausgrabungen wurden weitere Artefakte entdeckt, wie zum Beispiel ein mit unbekannten Zeichen versehener Kreis, um den ebenfalls drei krallenförmige Säulen angeordnet waren. Darüber hinaus gab es Hinweise, daß unter der Burg wohl noch mehr begraben lag. Dies mag die Ursache für die weiteren Geschehnisse auf Fhein gewesen sein. Man erfuhr, daß Docartus schon durch die Hand der Geister den Tod gefunden hatte, wie aber zu erwarten war, trieb er nun sein Unwesen ebenfalls als Geist. In dieser Form gelangte er zu den Apparati in die versiegelte Kammer, denn die Geister hatten dennoch Zutritt zu diesem Raum. Dort aktivierte er vor den Augen der Abenteurer den mit Zeichen verzierten Kreis, womit er wohl einige der noch vergrabenen Dinge ansprach und löste so ein Chaos aus. Während er dies noch tat, wurde er den Beobachtungen nach von Schmerz gepeinigt und brach schließlich zusammen, wie auch die beistehenden Abenteurer, die einige Zeit später wieder erwachten und bemerkten, daß Docartus bis auf seine Kleider verschwunden war.

Untersuchungen des Prior Narramus ergaben im Folgenden einige erschreckende Ergebnisse. Nachdem bei Betreten des Kreises einige Personen ohnmächtig, blind und fast wahnsinnig geworden waren, widmete dieser sich der Ergründung der Ursachen hierfür. Docartus scheint bei dem, was auch immer er vor hatte, gescheitert zu sein. Es ist zu vermuten, daß der Grund wohl in den alten und doch schon beschädigten Artefakten liegt, die die arcanen Ströme nicht mehr richtig zu bündeln vermochten und so unweigerlich die Aufmerksamkeit des Unsichtbaren auf sich zogen. Innerhalb des Kreises konnte eine Art Bruch im Gefüge der Wirklichkeit entdeckt werden, der die beschriebenen Probleme verursachte. Zwar gelang es zufürderst nicht, ihn mittels eines magischen Schutzkreises zu isolieren, doch konnte Prior Narramus durch größten magietechnischen Aufwand und hoher Kunstfertigkeit eine Versiegelung des Risses bewirken. Der Ring aus Ameryll konnte ebenfalls gestoppt und der Wall so deaktiviert werden, doch soll an dieser Stelle auch Erwähnung finden, daß zwei Abenteurer das Artefakt zerstörten, wobei einer der Beiden den Tod fand.
Schließlich sei noch eine Vermutung gegeben, warum Phiarae anwesend waren. Bei den Vorgängen auf Fhein war nicht nur eine große Menge Ameryll beteiligt, sondern es kam auch zu Störungen der Realität, wie sie im Parimawald nicht selten sind. Dies mag die Phiarae angelockt haben, wenn auch wie immer unklar ist, was ihre Beweggründe und Absichten sind.

Zur näheren Untersuchung der Ereignisse wird Burg Fhein im Namen seiner allerdurchlauchtigsten Majestät, dem König und des Nexus Corenae bis auf weiteres gesperrt.

Ausgabe 5 des Helios-Boten im April 1998
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