Publikation: Helios-Bote Seite 16 von 34

Archivar Jeremias Forschungsbericht

Lange und intensive Nachforschungen in der Bibliothek des Schreibers Jeremias haben aufschlußreiche Dokumente zu Tage kommen lassen, aus denen sich die dunkle Vergangenheit der ehemaligen Burg Beridhan fast vollständig rekonstruieren läßt.  Alte Schriften und Legenden belegen das unheilvolle Treiben des Herzogs Aroben, der vor über 200 Jahren der Burgherr der jetzigen Burg Tatzelfels war. Auch gewann er einen Einblick in das Schaffen des legendären Gelehrten Vahrim.

 

Die dunkle Vergangenheit der Burg Beridhan

Vor zwei Jahrhunderten lebte im Herzogtum Beridhan Herzog Aroben. Dieser hatte als Angehöriger des niederen Adels sein Leben begonnen, aber sein kluger Geist und sein Talent für Strategie und Taktik ließen ihn einen steilen Aufstieg erleben.  Aroben war zu seiner Zeit berühmt für sein Geschick im Krieg und in der Diplomatie. Jedoch war er berüchtigt für seinen grausamen Charakter und seinem rücksichtslosen Umgang mit denen, die ihm unterlegen waren. Selbst sein Sohn und seine Tochter litten unter ihm.

Schon früh wurden auch die Kinder im Können des Vaters unterrichtet, doch nie konnten sie dem Urteil des Vaters genügen.  Aroben alterte und wurde schließlich gewahr, daß er eines Tages sterben würde, ohne sein Lebenswerk einem fähigen Nachfolger zu hinterlassen. Dies grämte ihn und als er nach einer Lösung suchte, geriet er an die Magie.  Er beriet sich mit Vahrim, einem Alchimisten und Magier, dessen Ruhm weit über seine Zeit bis in die unsere reicht.  Aroben gewährte ihm fast unbegrenzte Mittel zur Forschung, damit dieser für ihn eine List gegen den Tod fand. Vahrim hatte Forschungen über die Natur des Lebens betrieben, war aber bisher weniger an seinem Können, als vielmehr an der Moral der Gesellschaft gescheitert. 

Aroben gab ihm aber nun die Möglichkeit, sich über diese Hindernisse hinwegzusetzen.  Nach langer Zeit der Forschung konstruierte Vahrim einen Apparatus, mit dem es möglich war die Essenz des Lebens aus einem Lebewesen zu gewinnen.  Bei Anwendung dieser Essenz konnte man das Alter und den Tod aufhalten. Der Preis dafür war jedoch das Leben dieses anderen Lebewesens. Nach den alten Aufzeichnungen verschwand Vahrim, nachdem er sein Werk vollbracht hatte. Die Lebende besagt, daß er durch seine Erkenntnisse sogar noch heute irgendwo im Verborgenen leben soll.

Aroben lebte also nun länger als die Natur es für ihn vorgesehen hatte.  Lange Zeit herrschte er und es kamen Gerüchte auf, daß es sich bei ihm um ein widernatürliches Wesen handelt.  Dafür sprach auch die Tatsache, daß immer wieder Menschen auf der Burg verschwanden.  Von diesen Begebenheiten zeugen heute auch noch Gruselgeschichten und Märchen. Aroben führte seine Eroberungen fort, bis eine Grafschaft – Purpurfeld mit Namen – ihm trotzte.  Nur mit Mühe und dem Können der Gräfin Isabel konnte Purpurfeld überleben.  Dennoch war es nur eine Frage der Zeit, bis auch sie Aroben zum Opfer fallen würden.  Überraschender Weise bat Aroben die Grafschaft um Friedensverhandlungen auf seine Burg.  Als Sicherheit überließ er Purpurfeld seine Tochter.  Dennoch ermeuchelte er die Gesandtschaft und nahm Isabels Essenz in sich auf.  Ihre Widerstandskraft war zu seiner Lebenskraft geworden.  Der Tod wurde damals als Überfall getarnt.  Purpurfeld wurde in den folgenden Wochen ohne großen Widerstand überrannt.  Unter den Gesandten befand sich der Barde Lukan Rabensang, der die Dame Isabel zu seiner Minnedame gewählt hatte. Er selbst war nicht adlig, um Isabel aber beminnen zu können, täuschte er einen solchen vor.  Als Isabel nicht aufgefunden wurde, da sie ja dem Apparatus zum Opfer gefallen war, forschte der Barde nach.  Er fand heraus, daß Aroben Unseeliges trieb und der Tod seiner Dame ihm anzulasten war.  Er schwor sich, daß er nicht eher ruhen würde, bis die Tat gerächt war. Nach langen und vorsichtigen Vorbereitungen stellte er Aroben.  Im Labor des Apparatus fochten sie gegeneinander, wobei die Maschine zerstört wurde.

Aroben schaffte es in ein anderes Zimmer zu flüchten, wohin ihm auch Lukan folgte.  Im Gefecht entbrannte ein Feuer, das durch eine umgefallene Kerze ausgelöst wurde.  Lukan rannte aus dem Zimmer und hielt die Tür zu.  An der Tür selbst befand sich allerdings kein Riegel und auch war nichts zum verkeilen der Tür erreichbar.  Er hatte also nun die Wahl, die Tür weiter zu versperren, Aroben zu richten und dabei selbst zu sterben, oder sein Leben und damit auch Arobens zu retten.  Ob seines Schwures entschied er sich für den Tod. Nach Arobens Tod wurde er in der Gruft der Burg begraben und mit ihm alle Dokumente und Utensilien, die von seinen unheiligen Taten zeugten, ebenso die Überreste des Apparatus.  Wie befürchtet zersplitterte das Herzogtum.  Die umliegenden Reiche verleibten es sich unverzüglich ein, wobei die Kinder fort gejagt wurden.  Nie wieder sollte diese Familie so viel Macht erlangen können. 

Der Rebell Adveri von Beridhan

Dennoch überlebte das Geschlecht und agierte von nun an im Untergrund.  Unter dem Deckmantel des Einsatzes für das Wohlergehen des Volkes, versuchten sie wieder ihre alte Position einzunehmen.  Heute ist der Anführer der Rebellen ein junger Mann namens Adveri von Beridhan. Er ist  ein legitimer Nachkomme Arobens. Er wird vom Volk des ehemaligen Beridhans als Held verehrt.  Es ist offensichtlich, daß das, was früher Beridhan gewesen war, heute ein spannungsgeladenes Pulverfaß ist, in dem verschiedene Interessen zum Tragen kommen. Durch diese Zerrüttung und die Unfähigkeit nachfolgender Barone ist dieser Landstrich heute ein Reich des Elends. Um die Wogen zu glätten, erklärte der alte Fürst von Thal, Khelvan, daß Adveri nicht mehr als Verbrecher gelten solle.  Er versprach ihm, ihn als Baron in seiner alten Heimat einzusetzen, um so der Feindschaft und den Unruhen ein Ende zu bereiten. 

Dieses Versprechen war aber nur eine politische Finte und war nur mündlich geschehen.  Der unfähige Baron Windjon, der Adveris Vorgänger hätte sein sollen, verstarb unglücklich bei einem bisher noch nicht ganz geklärten Jagdunfall.  Khelvan mußte nun seinen kurzsichtigen Worten Taten folgen lassen.  Sein groben Fehler einsehend, dankte er an seinen Sohn Bartha ab.  Der neue Fürst von Thal ließ den nur mündlich vereinbarten Vertrag nicht gelten und vertröstete Adveri auf bessere Zeiten. Bartha hatte nämlich schon andere, lukrativere Pläne diesbezüglich gefaßt.

Baron Leomar von Tatzelfels neuer Burgherr auf der ehemaligen Burg Beridhan

Graf Waldemar von Drachenhain trat an ihn heran, um mit ihm einen Handel abzuschließen.  Dieser Handel drehte sich um den Tausch der Baronie Beridhan gegen eine ungleich reichere Baronie im Süden Drachenhains, die an Thal angrenzte: Güldental.  Der Grund für diesen Tausch ist der Fluch derer zu Drachenhain.  Der Vater sah darin eine Möglichkeit, den Fluch zu umgehen, da sich Beridhan außerhalb der Grenzen Drachenhains und damit außer Reichweite des Fluches befand. Somit schuf er seinen Nachkommen eine neue Heimat.  Dieser Handel war Thal nicht unrecht, da es sich so einer unbequem gewordenen Provinz entledigte. Waldemars Kinder, die bereits bestens bekannt sind, zogen nun zur ehemaligen Burg Beridhan, um die erste Amtshandlung Baron Leomars zu feiern: die Umbenennung der Burg in „Burg Tatzelfels“.  Zu diesem Anlaß lud Baron Leomar die Bevölkerung auf seine Burg ein. Es sollte ein rauschendes Fest stattfinden. Barden und Gaukler aus allen Teilen Heligonias gaben ihre Kunst zum Besten.

Unruhen auf Burg Tatzelfels

Die Zeit des leichten Lebens sind nun für Baron Leomar vorbei. Die Pflichten, die die Burgübernahme mit sich bringen sind beträchtlich. Schon am Tage seiner Anreise waren Unruhen zu vermelden. Adveri von Beridhan hatte offensichtlich nicht die Absicht, die Burg kampflos zu übergeben. Jede Gelegenheit die Feierlichkeiten zu stören, wurde von ihm genutzt. Sein Terror gipfelte darin, daß er ein unschuldiges Bauernkind entführen und ermorden ließ. Doch damit hatte er sich den Zorn der Bevölkerung zugezogen, die nun nicht mehr bereit war an seiner Seite zu kämpfen. Somit konnte Adveri von den Wachen Leomars dingfest gemacht werden. Derzeit wird er vom Kerker der Burg Tatzelfels nach Drachenhain überstellt, wo ihn der Richterspruch des alten Grafen Waldemar erwartet.

Das Erbe Arobens

Wie bekannt hat sich Leomars Schwester Syria Jaldis der Wissenschaft verschrieben. Seit längerer Zeit forschte sie nach dem sagenhaften Jungbrunnen, der sich auf der Burg verbergen soll. In aller Heimlichkeit schaffte sie die verbliebenen Schriften und Reste des sagenumwobenen Apparatus in ihr Labor. Im verborgenen Turmzimmer versuchte sie ihre Erkenntnisse umzusetzen und wollte mit Hilfe des Apparatus die lebensverlängernde Essenz herstellen. Doch ihre Versuche schlugen fehl und das Experiment gipfelte darin, daß sie zwar kurzfristig jünger wurde, dann aber in doppeltem Maße alterte. Um ihre Forschungen zu einem befriedigendem Ergebnis zu führen, wollte sie Aroben selbst zu seinem Geheimnis befragen. Deshalb schloß sie die Reste des verbrannten Körpers Arobens an den Apparatus an und erweckte ihn schließlich wieder zum Leben. Gemeinsam gelang es ihnen die Essenz des Lebens zu gewinnen. 

Der Versuch an einem Menschen widerstrebte Syria und sie versteckte die gewonnene Essenz. Für Syria war jetzt die Zeit gekommen Aroben zu töten, doch dieser hatte ihre Aufschriebe diesbezüglich gelesen. Syria hatte aus Gewissensgründen ein Tagebuch geführt, worin sie ihre Sorgen und Hoffnungen niedergeschrieben hatte.  Aroben kam ihr zuvor und schlug nieder. Er verband sie mit dem Apparatus und versuchte wieder die Essenz eines Menschen zu destillieren.  Doch die Maschine drohte zu zerspringen. Aroben schaffte es  nicht, die Explosion zu verhindern.  Die Maschine wurde dabei teilweise zerstört. Syria alterte durch den Entzug ihrer Lebenskraft, starb aber nicht und Aroben fiel in Ohnmacht.

Das Ende Arobens?

Als er wieder erwachte und erkannte, was geschehen war vernahm er aufgebrachte Stimmen von draußen. Die Beweismittel versteckte er in der Burg an verschiedenen Orten und trank die letzten ihm verbliebenen Ampullen.

Die Verunreinigungen der Essenz kamen durch diese Überdosis zum tragen: sein Geist war verwirrt und wahnsinnig und sein Körper zerfiel mit rasender Geschwindigkeit.

Irgendwo auf der Burg legte er sich nieder und begab sich in die Arme des Todes.

Syria lebte zwar noch, aber ihre Lebenskraft schwand dahin. Geistig verwirrt und senil wandelte sie durch die Gemächer der Burg. Von dem Major Domus wurden die Bediensteten angewiesen Stille zu waren, er selbst teilte Leomar die Merkwürdigkeit mit. Leomar bat daraufhin Magier und Alchimisten die zum Fest wegen der Lösung seines Fluches geladen waren, zu sich. Die weitaus dringlichere Angelegenheit war nun die Errettung seiner Schwester.

Richtigstellung

In Ausgabe Nr.1 vom 1. Saarka 23 n.A.III wurde behauptet, daß Prinzessin Celia von Thal trotz des Schutzes der Niederwerrner Garde entführt wurde. Dies ist grob mißverständlich bzw. falsch. Richtig ist hingegen, daß genannte Prinzessin von der Niederwerrner Garde entführt wurde. Diese Verdrehung der Tatsachen gefährdet unseren Ruf  als Profisöldner nicht unerheblich.

Festempfang auf Burg Katzenstein

Auf seiner langen, beschwerlichen Reise im tiefsten Winter erhielt Baron Leomar von Tatzelfels eine Einladung des Burgherrns zu Katzenstein. Leomar erwies ihm zwei Tage samt Gefolge die Ehre seines Besuches. Zur Zerstreuung und Unterhaltung lud der Baron die besten Gaukler und Barden des Reiches ein. An diesem Abend konnte sich der Burgherr im Glanze des Barons sonnen und hatte schon eiligst den hiesigen Schreiber bestellt, um am Ruhme des Hauses Tatzelfels teilzuhaben. Wie sich zu späterer Stund herausstellte, war jener Burgherr mehr dem Weingeiste, als den Genüssen der Kunst erlegen. Leomars Spion weiß zu berichten, daß dieser bürgerliche Burgverweser nun mehr Zeit damit verbringen kann in den Weinkelch zu blicken, denn die Burg wird in Kürze von einem hoffentlich würdigeren Nachfolger beseelt.

 

Nachdem Einzug in die Burg gehalten wurde, nahm man im alten Brunnengewölbe Platz, um den Klängen der Barden zu lauschen. Am offenen, wärmenden Kaminfeuer wurde zu angemessener Zeit Spanferkel, Brot und Sauerkraut serviert. Mit besonderem Stolz muß erwähnt werden, daß Gaukler Willi für diesen Abend gewonnen werden konnte, um die Anwesenden durch seine große Zauber- und Gauklerkunst zu verblüffen. Nicht weniger trefflich waren die spektakulären Jonglierkünste des weithin bekannten „Trios Philipo“. Selbst das ärgste Dezemberwetter konnte die Zuschauer nicht davon abbringen den kühnen Feuerspucker Struppi zu bewundern. Natürlich waren alle Akteure beim Spiel mit dem Feuer darauf bedacht, daß die Burg nicht noch einmal in Flammen aufgeht, wie es bereits einem Mond zuvor der Fall war.

Prinzessin Syria stellte zufrieden fest, daß dieser Abend ein gelungener Anlaß war das Gefolge zu zustreuen. Auch konnten bei dieser Gelegenheit neue Gardisten und Getreue für den Hof Tatzelfels gewonnen werden und in ihre neue Aufgabe eingewiesen werden.

 

Der überaus freundliche Vertreter der dortigen Schreibergilde hat uns mit einem sehr heliosgefälligen Bericht bedacht, der beim Archivar Jeremias eingesehen werden kann.

 

Gemäß den Satzungen der Druckergilde sind wir verpflichtet diese Richtigstellung in unveränderter Form zu veröffentlichen. Die Drohung, daß bei Zuwiderhandlung damit zu rechnen sei, daß Koporal Giselher „Feuer und Flamme“ für uns sein wird, haben wir übergangen.

Der Fluch von Drachenhain und die Entstehung der Inquisition

Im Jahr der schrecklichen Prüfung kam es in der Grafschaft Drachenhain zu einer Katastrophe. Graf Waldemar von Drachenhain, auch scherzhaft Stiernacken genannt, ließ in diesem Jahre 39 Bauern qualvoll hinrichten, weil jene unter Verdacht standen, Gerste und Weizen unterschlagen zu haben.  Doch Wolfram und Leomar, die Söhnen des strengen Grafen, hatten das Korn in einem Glücksspiel an einen reichen Händler aus dem Herzogtum Betis verloren.  Dies bekam die Hexenmutter Saleena zu hören. Sie strafte die Grafschaft mit einem schrecklichen Sturmgewitter. Ganze Dörfer wurden vernichtet und die Feste Drachenzahn, der Stammsitz derer zu Drachenhain, wurde zerstört.  Wolfram und Leomar, sowie ihre Schwester Syria flohen aus Angst vor dem Unwetter und somit vor dem Zorn der Hexenmutter. Kaum betraten sie das Gebiet des Fürstentumes Thal, hörte es auf zu stürmen und zu regnen. 

Doch sollten sie je wieder gemeinsam die heimatliche Erde betreten, dann gnade ihnen Helios.

Das Ergebnis dieser „Hexenrache“ war, daß große Teile der Landwirtschaft lahmgelegt und die Feste Drachenzahn zerstört wurde. Dies erfuhr der Erzprimus, das geistliche Oberhaupt der Ceriden, und bat den König um Hilfe.  Hierzu ein Auszug aus dem Brief des Erzprimus Benedict Canesius, Abt von Gunara, an den König:

 

 

An seine Göttliche Majestät Helos Aximistilius III

 

Dieweil dann zu unseren Zeiten alle Zaubereyen auf Teufelsgespänst dermaßen überhandnehmen, das schier alle Städt, Märckt und Dörfer im gantzen heligonischen Reiche, will von anderen Völkern und Nationen nicht reden, desselben unzifers und Teufels dienern voll seindt, welche nicht allein die liebe Frucht auf dem Felde, die mit ungewöhnlichen Donnern, Blitz, Schauer, Hagel, Sturmwinden, Reiffen, Wassernöthen, Mäusen, Gewürm und was andere Sachen mehr sein in dem Grundt zu verderben sich unterstehen, sondern auch den Menschen durch Verderbung des Viechs als Küh, Kelber, Pferdt, Schaff und dergleichen zunehmen und abspannen, nach all ihrem Vermögen trachten, ja nicht das Vieh und Frücht der Erden allein, sondern auch ihrer nechsten und etwan gespinsten Blutzfreund nicht verschonen und in großer anzahl hinrichten. Weil dann diesem als, thut ein Obrigkeit löblich wohl und nach Gottes Befehl das sie solche Teuffels kinder die Gott und dem Menschen zuwider und deren abgesagte Feind sein, von der Erden wegräumen, durch fewer und Schwert aus dem mittel nehmen. Darum will ich bitten, daß ihro Gnaden das „Directorium Inquisitorium“  genehmigen zum Wohle des Reiches und der Menschen und des Viechs.

Erzprimus Benedikt Canesius, Abt von Gunara

 

 

Noch drastischer drückte sich der Graf von Drachenhain in einem Brief an seinen Sohn Edmond, ehemals Wolfram, Abt von Dunkelstein, aus. Hier ein Ausschnitt:

 

. . . Man soll das Unzüber austreiben thun, allenthalb, all Oberkeit mit gleicher Rach, das mir doch ainest mögen haben Fryheit und Ruhe ohn allen Schaden. . .

 

Im Jahre 7n.d.F. (nach dem großen Fluch) genehmigte König Helos III die Inquisition und gab damit dem Drängen und Bitten des Erzprimus nach.  Das „Directorium Inquisitorium wider der Hexerei und Magicae destructiva“, kurz „Heilige Inquisition“ genannt, wurde geschaffen. Das Directorium besteht aus zwölf Inquisitoren und dem Großinquisitor.  Der Titel des Großinquisitors und des Erzprimus sind seit 8n.d.F. in Personalunion. Das Directorium ist also direkt dem König unterstellt. Verurteilt ein Inquisitor einen Ketzer, so kann das Urteil nur vom Großinquisitor oder dem König widerrufen werden. Adlige dürfen von der Inquisition nicht  ohne Beisein des Königs verurteilt werden. Bei Freien (Bürgern) muß der Inquisitor ein Tribunal gründen. Er ist verpflichtet zwei Beisitzer zu ernennen, die ihn bei seiner heiligen Arbeit unterstützen. Unfreie und Leibeigene, die der Hexerei und der Schwarzmagie verdächtigt werden, können sofort in einer Art Standgericht vom Inquisitor verurteilt werden. Die peinliche Befragung, auch Tortur oder Folter genannt, darf jedoch bei Adel, Freien und Unfreien angewandt werden. Hierbei ist jedoch zu beachten: der Tod kommt nicht bei der Tortur, denn diese soll ja erst das Geständnis bewirken. Ohne die Geständigkeit darf hingegen keiner gerichtet werden der schuldig ist der Hexerei und Ketzerei.

Die Inquisition stützt sich bei ihrer Arbeit auf zwei juristische Werke: die kgl. Heligonische Halsgerichtsordnung und den Dunkelsteiner Hexenhammer.

 

Der Dunkelsteiner Hexenhammer wurde in den Jahren 6 bis 7 n.d.F. von einem jungen Mönch namens Edmond de la Cruz alias Wolfram von Drachenhain geschrieben. Hier ein Auszug daraus:

 

. . . Welich Mensch im Reich ungelaubig sein und dymit zauberey und mit gifft  umbgeben, soll man auf einer Hauf prennen. Und welicher richter diese Untat nicht richt, denn soll sein Obrister richten und diser weiss, dy der übeltäter verschuldet hat . ..

 

. . . Item so jemand den leuten durch Zauberey schaden oder Nachtheyl zufügt, soll man strafen vom Leben zum Tod. Und soll solche Straf mit dem Fewer thun. Wo aber jemand Zauberey gebraucht und damit niemandt schaden gethan hett, soll sonst gestraft werden nach gelegenheit der sach. .

Das neue Weltbild

Das weite Feld der Wissenschaft über die Form und Gestalt der Erde ist schon lange nicht mehr bestellt worden. Seit Urgedenken haben sich die Gelehrten darauf geeinigt, daß die Erde eine Scheibe ist.  Nach neusten Messungen und Überlegungen der führenden Ogeden ist man jedoch zu dem Schluß gekommen, daß die Erde auf gar keinen Fall eine Scheibe sein kann, sondern eine Schale sein muß. Bei näherer Betrachtung dieser Behauptung wird man auch feststellen, daß es logisch ist, denn die Meere und sonstige Wassermassen würden am Rande der Scheibe unweigerlich in die Tiefen der Unendlichkeit stürzen. Eine Schale hingegen weist am Rand die erforderliche Krümmung auf um dies zu verhindern. Damit wäre auch die Bedeutung und Notwendigkeit der Gebirge erklärt, die den Rand der Schale säumen. Der Ogeda Kardor aus Ankur äußerte bereits die Befürchtung, daß diese revolutionären Erkenntnisse auf breite Ablehnung unter den Ceriden stoßen wird, die nach wie vor eisern an der alten Vorstellung von der Welt als Scheibe festhalten.  

Warum entsendet König Helos Aximistilius III seinen Reichskämmerer an den Hof von Leomar von Tatzelfels?

Wie schon in der letzten Ausgabe berichtet, wurde Asgrimm Goldschild vom König betraut die Finanzen der Baronie Tatzelfels zu ordnen.  Es ist jedoch zu vermuten, daß König Helos III auch an anderen internen Informationen aus Leomars Umfeld interessiert ist. 

Heilige und Dämonen im Ehlerwald

Wie es scheint, kommt der Ehlerwald nicht zur Ruhe. Zuerst berichtete der
Klosterbruder Videtus aus Rodi über eine Erscheinung des heiligen Adrian
im Ehlerwald (siehe Helios-Bote 80).

Das bewog etliche Pilger sich dorthin aufzumachen, trotz der ständigen
Gefahr sich zu verirren oder gar überfallen zu werden. Im Vertrauen auf
den Beistand eines Heiligen (womöglich Adrian persönlich) begaben sie sich
tief in den Ehlerwald, und es ist nur aufmerksamen Bauern, Holzfällern
und der Ehlerwald-Patrouille sowie glücklichen Zufällen zu verdanken, dass
bisher niemand zu Schaden kam oder auf Nimmerwiedersehen verschwunden ist.

Keiner dieser Pilger konnte die Erscheinung eines Heiligen bestätigen;
doch sind viele von ihnen der Ansicht, dass ein Heiliger oder sogar der
Eine persönlich die Finger im Spiel hatte, als sie aus der ein oder
anderen Notlage im Wald gerettet wurden, in welche sie sich aus purem
Leichtsinn gebracht hatten.

Es tun sich aber anscheinend noch ganz andere Dinge im Ehlerwald. Schon
mehrere Holzfäller haben berichtet, dass der Daimon tief im Wald sein
Unwesen treibe. Die meisten von ihnen trauen sich auch gar nicht mehr
weiter in den Wald als unbeding nötig. Von Blutopfern und Hexentänzen ist
die Rede, was allerdings von den verständigeren unter den Holzfällern als
Aberglaube abgetan wird.

Unbestritten sind jedoch die Berichte über daimonische Erscheinungen
von als vertrauenswürdig erachteten Holzfällern. So beschwört der alte
Hans Glockenschlag, er habe im Wald direkt vor sich einen Blitz gesehen,
von schrecklichem Donner begleitet; und dann habe er Schwefel gerochen.
Diese Aussage wurde bestätigt durch weitere Holzfäller, wie den allseits
geachteten Jakob Einbaum oder Friedrich Gerstensack, die an verschiedenen
Stellen des Ehlerwaldes dieselbe Beobachtung machten. Andere stimmten
darin zu, wenigsten von Zeit zu Zeit einen kurzen Donner tief im Wald
gehört zu haben.

Die Ehlerwald-Patrouille kann diese Begebenheiten bisher weder bestätigen
noch widerlegen, empfiehlt allerdings allen Reisenden, unbedingt auf den
Wegen zu bleiben und nicht tiefer in den Wald vorzudringen.

Wesir spricht Warnung am Redonsbrunnen

Am ersten Tag des 1 Xurlmondes wird in Darbor traditionell der Markt um den Redonsbrunnen abgehalten. Der kunstvoll gestaltete Trinkwasserbrunnen rückt an diesem Tag in den Mittelpunkt des ogedischen Lebens. Die Gläubigen strömen herbei, um sich mit dem klaren Wasser zu reinigen. Zahlreiche Xurlgeweihte wohnen der spirituellen Verehrung bei und bieten neben erleuchtenden Worten auch allerlei heilende Wässer an.
Plötzlich wurde die religiöse Szenerie durch das schrille Läuten der Ausrufer-Glocke gestört. Der Wesir des gräflichen Hauses, Makbul Ibn Ben Feysal, wurde auf den Rand des Brunnens gehoben, um von dort seine Stimme zu erheben.

„Geliebtes Volk unseres großen Herrschers!

Besorgniserregende Ereignisse suchen landesweit die Märkte heim. Gurken, groß wie Buraischwengel überschwemmen die Warenumschlagsplätze unserer Stadt zu lächerlich niedrigen Preisen. Optisch eine Augenweide, doch von fadem Geschmack, geradezu wässrig. Verzehrt man sie nicht sofort, dann wird über Nacht das ganze Ausmaß der Katastrophe gegenwärtig. Binnen weniger Stunden ändert sich der Aggregatzustand von fest zu flüssig – aus der beim Einkauf noch festen, knackigen Gemüse wird übelriechender Matsch.
Auf niederträchtige Art und Weise getäuscht wendet sich der arme, geprellte Darianer von den einstmals so geliebten Gurken ab. Die Frauen weinen über das Unglück, wenn sie ihren Familien statt leckerer Gurken nur eine verdorbene Brühe servieren können. Ob der Dringlichkeit der Angelegenheit hat sich der Dekan der renommierten Academica Rocorion höchstpersönlich um Klärung des Missstandes gekümmert. Ein endgültiges Ergebnis wird im nächsten Mond verkündet, doch es konnte bereits zweifelsfrei geklärt werden, dass es sich um unnatürliches Wachstum handelt. Die Gelehrten konnten sogar Rückstände magischer Strahlung feststellen. Es ist also anzunehmen, dass Gurken mittels Magie vergrößert wurden. Diese entwich jedoch nach dem Kauf, was dazu führte, dass die Verwandlung von der prallen Frucht zum schleimigen Brei nicht lange auf sich warten lässt.
Es versteht sich von selbst, dass kein Darianer es jemals in Betracht ziehen würde, einen solchen Frevel zu begehen, daher sei der Ursprung dieses Betrugs außerhalb der Landesgrenzen zu suchen. Unser geliebter Herrscher rät dazu keine ausländischen Gurken mehr zu kaufen und ein Einfuhrverbot werde gerade geplant.“
Kaum hatte der Wesir seine dringende Warnung ausgesprochen, so wurde sie unverzüglich von jedem Omu des Landes von den Türmen ausgerufen.

Jammernd und wehklagend verließ die enttäuschte Menschenmenge den Marktplatz vor dem Redonsbrunnen, um die naheliegendenTavernen aufzusuchen. Dort ertränkten sie ihre Enttäuschung über die Schändlichkeit der Menschen des Nachbarlandes, jedoch nicht ohne die Gläser auf den verehrten Grafen zu erheben.

Außerordentliche Rede Graf Dedekiens an sein Volk

Endlich ist der Tag gekommen, den die Darianer seit Wochen herbeisehnen. Nach schier unendlich langer Wartezeit wird der geliebte Landesherr zu seinen Untertanen sprechen, so wie er es in all den Jahren seiner glorreichen Regentschaft getan hat. Wie ein Verdurstender, der die Weiten der Wüste durchquert hatte, dürstete die Menge nach den gräflichen Worten. Schon seit Stunden drängen sich die Kinder der Sonne zum Palast, denn jeder möchte noch einen Platz ergattern, der ihm wenigstens einen Blick auf den geliebten Herrscher gestattet.

Endlich ist der große Moment gekommen. Just als Helios seine letzten Strahlen über den Horizont ergießt, erscheint Graf Dedekien auf seinem Balkon. Ein wahrhaft imposantes Schauspiel, das einen augenblicklichen Sturm der Begeisterung auslöst. Gleich dem Tosen sturmgepeitschter Wellen erheben sich die Stimmen des Volkes und vereinen sich zu einem lauten Ruf, der den Namen des Herrschers so lange wiederholt, bis dieser die Hand erhebt, um Schweigen zu gebieten.

„Mein geliebtes Volk!
Seht her, wie sehr Uns die Götter lieben. Nach vielen Monden der Wanderschaft sind Wir an den Ort zurückgekehrt, wo Unser Herz wohnt. Nun stehen Wir vor dem schönsten Volk des gesamten Königreichs, um von Unseren Reisen zu berichten. Überall drängte sich Uns der Landadel auf, um Unseren weisen Worten zu lauschen. Edle Speisen, erlesene Getränke und langatmige Kurzweil wurden Uns in prunküberladenen Gemächern aufgebürdet, während Unsere Gedanken immer bei euch, Unsere geliebten Untertanen waren. Doch all dieses Ungemach haben Wir über uns ergehen lassen, um weitreichende Handelsbeziehungen zu knüpfen und neue Allianzen zu schmieden, damit Unserem geliebten Land noch mehr Wohlstand zuteilwird. Wir haben in Unserer unendlichen Großzügigkeit dem König Unsere Hilfe zugesagt, den gefürchteten Unhold Aroben dingfest zu machen. Der ruchlose Thronräuber konnte bislang jeder Obrigkeit entwischen, doch Unserer exekutiven Gewalt hat selbst ein ausgekochter Schlawiner wie Aroben sich nicht entziehen können. Unsere leeren Kerker können sodann mit Aroben und seinen Spießgesellen gefüllt werden. So werden Wir den Dank und Respekt des gesamten Königreichs erlangen.“
Nur mit Mühe konnte der Landesvater seine Rede fortführen, da die Woge der Begeisterungsstürme nicht verstummen wollte:

„Mit Wohlwollen haben Wir die neu gebauten Koggen im Hafen besichtigt, die Wir schon bald mit dem heiligen Wasser aus den Höhlen der Leyra weihen werden, um sie dann auf die große Fahrt über das weite Meer gen Süden zu senden. Dort warten nicht nur neue Bündnisse, sondern auch neue Herausforderungen auf Uns und Unser Volk. Es sollen neue Heiligtümer zu Ehren Xurls erbaut werden, Wir werden unsere großartige darianische Kultur und unsere einzigartige Lebensart überbringen.“
Zustimmendes, einhelliges Klatschen und ein lautes „Jawohl“ durchbrach die Rede, während die kühle Dämmerung die Nacht ankündigte.
„Lasst uns das Zukünftige feiern! Doch zuerst soll mein geliebtes Volk sich am Gegenwärtigen erfreuen und eine Nacht voller Liebe und Wein genießen. Wir haben dafür gesorgt, dass dieser reichlich fließt und jede Frau und jeder Mann meines prächtigen Volkes soll auf Unsere Kosten so viel davon trinken, wie er vermag.“
Die rasende Menge zog tanzend und lachend durch die Straßen der Perle aller Städte. Es wurde getrunken und gefeiert bis in die Morgenstunden, so dass die Omus Mühe hatten, die lieblichen Worte des mächtigen Herrschers in alle Winkel des Reiches zu tragen.

Feind Heligonias verbündet sich mit Feind Corenias?

Aroben wird der Schurke genannt, der über einen ungesicherten Riss aus Heligonia nach Corenia kam und nun im Tiefen Süden sein Unwesen treibt. Und ausgerechnet mit dem Reich der Mitte soll er sich verbündet haben.

Bisher ist nicht viel bekannt über diesen Aufrührer. Aus Heligonia kommen Geschichten, dass er vor etwa zweihundert Jahren Herzog von Beridhan, eines damaligens Herzogtums von Heligonia, war.

Er habe mit einem mächtigen Gelehrten nach dem ewigen Leben gesucht und dafür die Lebensessenz anderer gesammelt. Schließlich sei er aber wohl besiegt worden. Nun sei er vor einigen Jahren wieder auferstanden, um sein Recht auf das Herzogtum zurückzufordern, welches inzwischen auf verschiedene Herrscher aufgeteilt wurde.
Dies alles klingt wie eine Gruselgeschichte für adelige Kinder. Dennoch ist ein Schurke unter diesem Namen nun hier in Corenia und scheint tatsächlich ähnliche Ziele zu haben wie zuvor.

Zwar konnten vor zwei Jahren einige seiner Verbündeten aufgehalten werden, die einen Apparat gebaut hatten, dem nachgesagt wurde, dass er Seelen fangen kann, doch ist Aroben selbst weiterhin auf freiem Fuß, Gerüchten zufolge hat er bereits einen neuen Apparate-Bauer in seinen Reihen.

Sein Aufenthaltsort ist unbekannt, doch vermutet man, dass er sich weiterhin im Tiefen Süden aufhält, in der Nähe eines der Knoten des Reichs der Mitte, und dass er bereits neue Verbündete gefunden hat. Die Freien sammeln sich dort und auch ausländische Söldner wurden in Sarotal, Vidal und Enzen vermehrt gesichtet.

Die wenigen Siedler im Süden sind inzwischen ins nördliche Felsroog geflüchtet, da sie ihres Lebens nicht mehr sicher sind.

Doch wo sind die Heligonier, um uns zu schützen?

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