Per Eildepesche ging im Moment der letztendlichen Niederschrift die irritierende Kunde ein, Fürst Leomar habe Ritter Herse von Gundelan, Landkomtur der jungen Ballei Tharlisburg, sowie den Großteil dessen Templer, eilends zu sich auf die Feste berufen. Zu welchem Behuf dies geschehen ist – aus Bedrohungslage oder ernsthafter Unterredung – war nicht übermittelt und zur Stunde auch noch von keiner Seite kommentiert worden.
Publikation: Helios-Bote Seite 18 von 34
Eine Zusammenkunft in ungewöhnlicher Runde konnten Beobachter an einem späten Nachmittag im Poënamond beobachten, welche sich im Kanzlerturm auf der Drachentrutz aufhielten. Dass sich Fürst Leomar und sein Kanzler Giselher zu einer Unterredung einfinden, ist hier mit Nichten ungewöhnlich. Beim Anblick der nächsten, äußerst ungewöhnlichen, Gäste merkten einige Zaungäste mit fragendem Blicke verwundert auf und rätselten ob der Besucher. Ich aber sage hier mit Gewissheit, dass dies niemand anderes als Baronin Alenka Sophie nebst ihrem Kanzler waren. Das Gespräch selbst fand höchst selbstverständlich hinter verschlossener Türe statt. Wohl aber war zu erkennen, dass die hohen Herrschaften zu Beginn mit strenger, teils grimmiger Miene dreinblickten, eben diese beim Verlassen zu etwas spätere Stund entspannt und zufrieden, gar gelöst wirkten. Ein aufgeschnappter, allerdings keiner Person zuzuordnendem Satz, lud fürderhin zu Spekulationen ein: „Das Haus Mühlenheim bekommt, wie ehedem entschieden, einen angemessenen und gedeihlichen Ort.“
Die glühende Hitze der Heliosmonde sorgt seit Tagen für menschenleere Gassen und schon beinahe unheimliche Stille in der Grafschaft Darian. Auf lange, heiße Tage folgen warme Nächte, die für ordentliche, darianische Feiern zu kurz sind. In den wenigen, erträglichen Stunden wird selbstverständlich gearbeitet, denn die Geschäfte müssen ihren Gang gehen. Einzig für die sehnlichst erwartete Rede des verehrte Landesherrn unterbrechen die Kinder der schönsten Stadt ihr Nachtwerk, um den süßen Worten ihres geliebten Grafen zu lauschen.
Im Augenblick, da Helios seine letzten Strahlen über den Horizont ergießt und Saarka in ihrer vollen Pracht aufsteigt, erscheint Graf Dedekien auf dem Balkon. Getaucht in wunderbarem Licht, löst sein Erscheinen einen Sturm der Begeisterung aus.
Fanfaren und Trommeln erklingen, worauf die Masse den Jubel weiter ansteigen lässt.
Ein Gong ertönt und Graf Dedekien gebietet Schweigen, indem er seine Arme gen Himmel reckt:
„Mein geliebtes Volk! Wir dürfen heute endlich Unser geheimes Wissen mit euch teilen.“
Graf Dedekien hielt kurz inne, um seinem Volk einen Moment der Spannung zu gönnen. Nachdem das erwartungsvolle Raunen der Masse abklang, hob er erneut an:
„Unsere tapferen Seeleute bereisen seit Jahren die Jolsee und drangen dabei immer weiter in den Süden vor. Diese Pioniere unter Unserer Flagge fanden eine Insel, die ihnen auf ihrer gefährlichen Reise Schutz und Nahrung bot. Doch dies allein war den Entdeckern nicht genug, vielmehr erforschten sie die Insel und freundeten sich mit den Einheimischen an. Dem immer noch nicht genug, machten sie eine sensationelle Entdeckung.“
Die Menge hielt gespannt den Atem an, nicht das leiseste Geräusch war zu vernehmen. In diese Stille hinein erhob der Graf erneut seine Stimme:
„Ihr fragt Euch, was so wichtig war, dass selbst der König Uns nach Escandara gebeten hatte? Über 5 Jahre sind nun ins Land gezogen – lange dauerten die Forschungen der Gelehrten, um aus dem Verdacht eine Gewissheit werden zu lassen. Auf jener Insel fanden Unsere tapferen Seeleute die Beweise, dass sie einstmals ein Teil des heligonischen Reiches war. Vor hunderten von Jahren siedelten dort unsere Vorfahren, doch hinterließen uns nur Ruinen. Diese symbolträchtigen Zeugnisse sprechen eine deutliche Sprache: die glorreiche Grafschaft Darian hat die wichtigste Stätte der Vergangenheit entdeckt.
Das offene, freundliche Wesen Unserer Seeleute führte dazu, dass sie sich mit den Einheimischen anfreundeten. Gemeinsam bauten sie die ruinösen Hafenanlagen wieder auf, um weitere Schiffe Unserer Seeflotte zu empfangen. Diesem behutsamen Vorgehen haben Wir es auch zu verdanken, dass sich die Inselbewohner voller Freude Unserer Grafschaft anschlossen. Gemeinsam bewirtschaften sie nun den Handelsposten mit ebenso viel Fleiß, wie Wir es von Unserem geliebtem Volk gewohnt sind.
So wie einst der Göttervater Helios auf dem Sonnendrachen Crelldinor ritt, ebenso stolz ritten unsere tapferen Seeleute auf den Darbor-Koggen über die stürmische Jolsee.
Die Einzelheiten dieses epischen Abenteuers werden Wir für euch und alle nachfolgenden Generationen niederschreiben. Dies sei euch noch gesagt: die Insel ermöglicht einen sicheren Hafen auf dem waghalsigen Seeweg nach Modestia.
Um die Götter zu ehren, haben Wir beschlossen dem Einland den Namen „Redonia“ zu schenken!“
Nach diesen Worten ließ der geliebte Herrscher seinen Untertanen einen Moment des Nachsinnens. Aus seinem Schatten trat eine prächtig gekleidete Frau, deren Hand er in seine nahm.
„So lasset Uns diese tapfere Schildmaid begrüßen: Aleyna AyBytan, Gouverneurin von Redonia! Sie wird Unsere Interessen in der neu gegründeten Hafenstadt „Dedekistan“ wahren und in Unserem Sinne über die Insel gebieten. Sie wird am längsten Tage des Jahres eine Armada nach Redonia führen, um dort die Erschließung der Insel und deren Besiedlung voranzutreiben. Jede Frau und jeder Mann, der Teil dieser heldenhaften Fahrt sein möchte, ist herzlich willkommen.“
Die rasende Menge tobte, der Jubel schwoll zu einem Donnerbrausen an bevor sie sich eilends aufmachte die zahlreichen Schänken zu besuchen. Es wurde schnell getrunken, denn die Nacht währte nur kurz. Viele musste noch ihre Habseligkeiten packen, um dann auf einem der Schiffe nach Redonia anzuheuern.
In den Saarkamonden wurde eine wertvolle Flöte gestohlen. Der erste Diebstahl ereignete sich in der Bardenakademie in der Provinz Gaberon in Escandra. Dort wurde eine Flöte der Akademie entwendet, als Magister Robald Flinkfeder abends vor den Toren der Akademie ein Lied darauf spielte. Der Edle Ritter Martin Dorn war dem Magister zu Hilfe geeilt, kurz nachdem dieser niedergeschlagen und die Flöte entwendet worden war. Es handelt sich laut den Beschreibungen des Magisters um eine kleine, flache, rechteckige Flöte mit Verzierungen. Falls die Flöte irgendwo auftaucht, so ist sie unverzüglich an die lokale Obrigkeit auszuhändigen.
Ich wandere des Tals entlang,
viele Monde hin und her,
und suche nach dem Winter,
das Tiefland liegt ohne Schnee,
und dennoch bitterkalt
spüre ich des Winters Hand,
„Nach oben müsst ihr“,
sagen die Leut,
„ins Hochland führt Euch Euer Weg.“
„Ins Hochland?“,
fragen andere dann.
„Im Winter ist’s ein tödlicher Weg.“
Und dennoch, trotz Warnung, durchs Versprechen gelockt,
reißt es mich ins hohe Land,
und trotz Bedenken, Angst und Zittern,
wage ich den ersten Schritt,
und statt schrecklichem Gewetter,
führt mich mein Weg ins Glück.
Die Saarkazeit, so wird’s genannt,
die Zeit, die färbt das Hochland weiß,
die Zeit des Eises und der Kälte.
Ja genau, die Saarkazeit,
ist es, was mich nun hier hält.
So kalt, nur eines kann es sein,
Die Saarkamonde kommen wieder heim,
wir begrüßen sie, unsere Arme weit offen,
In unseren Häusern, fest die Türen verscchlossen.
Während sich draußen die Landschaft neu erfindet,
Drinnen eine Flamme im Kamin sich windet,
Wärme füllt den Raum, Kälte dringt herein,
Ein unendlicher Kampf, bis sie sind ein.
Die Bäume sind schon längst aus Eis,
Zusammengebrochen unter Mengen aus Weiß,
Gras unter einsamen Schritten klirrt,
Der Ton verlassen durch die Kälte klirrt.
Doch wir sind sicher, bei uns ist es warm,
Die Stürme des Winters, nur eine Illusion, die wir sahn,
Die lauert da draußen, dringt nicht zu uns ein.
Nun auf ein frohes Fest, mit viel Bier und Wein.
Soweit man schaut der Himmel blau,
soweit man sieht die Woken grau,
Teils aus Ruß, teils aus Staub,
Fällt Schnee hinab wie einst noch Laub.
Menschen nun das Draußen meiden
Tiere alleine, unbemerkt leiden,
Jeder hungert, jeder friert,
Alles Froh hat sich verirrt.
Ab und zu ein Licht zu sehen,
Inmitten zahlreicher Schneewehen,
Verspricht Wärme, verspricht Trunk
Bevor es wieder vom Winter umrankt.
Das feste Weiß, von der Kälte genährt,
Alle Türen und Fenster es versperrt,
Scchließt Menschen ein, lösst sie nicht sehn,
Was draußen alles ist geschehn.
Ein Teppich so weich, doch wir können nicht drauf gehen,
Ein Farbenspiel so bunt, doch wir hönnen es nicht sehen,
Eine Ruhe so leis, wir können sie nicht hören,
Eine Welt so friedlich, lass uns sie nicht stören.
Die Welt ist dick weiß eingedeckt.
Der Schnee knirscht. Ich gehe
dem Waldsaum zu, an dessen Eck
und dann entlang in frischer Helle.
Zwischen Wald und zugeschneitem
Nussbaum in der grellen Helle
des blendenden weißen
Schnees schweift frei der Blick.
Schwarze sitzen im Baum.
Raben aufgeplustert, bewegen sich kaum
nur ihr Kopf folgt mir einsamem Wanderer
bewegt sich ja nichts anderes.
Starr die Augen, unergründlich,
Rabenaugen, was saht ihr?
Aas von Erfrorenem, Verhungertem,
Erschlagenem, Verlorenem?
Herbstkörner, abgefallen bei
der Bauern fröhlicher Ernte?
Tränen und Lachen, Freud und Leid
wie es kommt und geht aus und in die Ferne?
Die Raben, sie denken wohl nichts
weiter und wenn dann heiter
und ganz ohne Bosheit
„Geht er, ist er weg, fällt er um, ist er Speise.“
Wenn der Schnee sanft vom Himmel fällt
die Welt von weißer Pracht bedeckt,
Kerzenlicht die Nacht erhellt,
erst spät von Helios geweckt
seh ich die zauberhafte,
winterliche Wunderwelt.
Und wenn Magisters krumm Gestalt
sich dann aus seiner Gruft bewegt
sorg ich dafür, dass dort alsbald
sein grässlich Grinsen ihm vergeht.
Denn wer hat Tadel mir gegeben,
grund- und zudem ehrenlos
muss mit meiner Rache leben
mit gefrorenem Geschoss.
Ich freu mich, wenn es ist so weit
in wunderbarer Winterzeit.
Werte Leserschaft, immer wieder lesen wir von Menschen, die aus dem Süden von Nuremburg den Weg über das Gebirge wagen, um Sicherheit und Schutz zu suchen. So ganz genau weiß niemand zu sagen, was in diesem einst so stolzen und stabilen Reich vor sich geht. Ganz offensichtlich aber ist das Land tief in einen grausamen Bürgerkrieg versunken, mit Kriesgsbanden, Resten von Ordnungsmacht und heillosem Durcheinander. Von dort ist auch ein Lied über das Gebirge zu uns gekommen; es erhellt nicht die Details des Bürgerkriegs und seiner Fronten, aber es gibt einen Einblick in den Zustand des Landes und der Seelen der Menschen, mehr als eine gelehrte Abhandlung.
Der Tod im Nurem
Der Tod reit´t auf einem kohlschwarzen Rappen
Er hat eine undurchsichtige Kappen
Wenn Landsknecht´ in das Feld marschieren
Läßt er sein Roß daneben galoppieren
Nurem in Not
In Nuremburg reitet der Tod
Der Tod reit´t auf einem lichten Schimmel
So schön wie ein Sternbild vom Himmel
Wenn Mädchen ihren Reigen schreiten
Will er mit ihnen im Tanze gleiten
Nurem in Not
In Nuremburg reitet der Tod
Der Tod kann auch die Trommel rühren
Du kannst den Wirbel im Herzen spüren
Er trommelt lang, er trommelt laut
Er schlägt auf eine Totenhaut
Nurem in Not
In Nuremburg reitet der Tod
Als er den ersten Wirbel geschlagen
Da hat´s das Blut vom Herzen getragen
Als er den zweiten Wirbel schlug
Den Landsknecht man zu Grabe trug
Nurem in Not
In Nuremburg reitet der Tod
Der dritte Wirbel ist so lang gegangen
Bis der Landsknecht vom Einen den Segen empfangen
Der dritte Wirbel ist leis und lind
Als wiegt eine Mutter in Schlaf ihr Kind
Nurem in Not
In Nuremburg reitet der Tod
Der Tod kann Rappen und Schimmel reiten
Der Tod kann lächelnd im Tanze schreiten.
Er trommelt laut, er trommelt fein:
Gestorben, gestorben, gestorben muß sein.
Nurem in Not
In Nuremburg reitet der Tod