Publikation: Helios-Bote Seite 21 von 34

Was in Idyllie im Jahr 49 n.A.III Gerüchten zufolge tatsächlich geschah….

Leberknecht jr. stapfte wütend die Kellertreppen der Universität hinauf. Sein Vater hatte ihn als kleinen Jungen oft mit in die Tiefe genommen und ihm die Kisten, Schränke und Regale gezeigt, in denen die zahllosen Artefakte lagerten, die der jahrzehntelangen Sammelwut der Gelehrten zum Opfer gefallen waren: Unzählige Apparati, oft auch nur Teile davon, intakt, teilweise zerlegt oder auch nie fertig gestellt, harrten einer weiteren Untersuchung oder waren wie uninteressant gewordenes Spielzeug in einer Ecke abgelegt. Ganze Kisten mit Amuletten, seltsamen Steinen oder bemalten Kacheln standen mehr oder weniger sortiert in staubigen Regalen. In hunderten von Gläsern befanden sich in alchimistische Essenzen eingelegte Monstrositäten. Zerbrochene Zauberstäbe, verbrauchte Schreibfedern und kistenweise Pergamentfetzen mit vermurksten Ritualsprüchen verstopften die Schubläden. Besonders fasziniert hatte ihn dabei immer die leicht schillernde Aura, die über all dem waberte.

Sein Vater hatte sich als Hausmeister redlich bemüht, Ordnung in das Chaos zu bringen, die wichtigsten Dinge sorgfältig und staubfrei in Kisten zu verpacken, zu beschriften und zu katalogisieren, musste aber schließlich vor der schieren Menge kapitulieren.

Leberknecht erinnerte sich häufig an das verzweifelte Händeringen seines Vaters, wenn er beim Abendessen von einer neuen Wagenladung an „Mitbringseln“ der Gelehrten erzählte: „Wo soll ich all das nur unterbringen? Wem nutzt das Gerümpel? Warum müssen sie nur ständig alles, alles mitnehmen? Sie werden sich das Zeug doch niemals mehr ansehen – keiner wollte je wieder etwas aus dem Keller von mir geholt haben!“
Doch – und das hatte ihm sein Vater immer wieder eingetrichtert – wegwerfen war keine Lösung, die Dinge waren… nun ja… magisch. Man konnte sie nicht einfach zum Komposthaufen hinten im Garten bringen. Auch Vergraben oder im Brazach Versenken schied aus: Was, wenn die Artefakte in die falschen Hände gerieten oder auch nur von einem hungrigen Fisch gefressen wurden? Bekam er womöglich grüne Flügel oder begann gar zu sprechen? Solche Dinge waren… gefährlich.

Jeder wußte, dass Magie das Unsichtbare anzog, mit Grausen erinnerte man sich in der Universität an den Fall der Burg Thalwacht, der für alle Neulinge als warnendes Beispiel herangezogen wurde, wenn es um unvorhergesehen Nebenwirkungen ging.

Und darin bestand das zweite Problem, dachte Leberknecht jr. besorgt, als er die Gänge entlang hastete. Sein Vater war auch für das reibungslose Funktionieren des Hauptdämpfers zuständig gewesen, der verhinderte, dass die Magie, die innerhalb der Universität gewirkt wurde, nach außen drang und die Aufmerksamkeit des Unsichtbaren auf sich zog. Nicht, dass er genau gewußt hätte, wie der Apparat wirklich funktionierte, seine Arbeit bestand hauptsächlich aus dem Ablesen und Vermerken der Betriebsanzeigen, der Überwachung der Energiezufuhr und gelegentlichem Ölen. Jegliche Änderungen hatte er zu melden, was auch gewissenhaft geschah. Doch bald schon nach der Gründung der Universität Idyllie reichte die Konzeption des Hauptdämpfers nicht mehr aus, die stetig wachsende Menge Magie in den Kellern zog mehr Energie ab als berechnet, Erweiterungen wurden nötig. Anfangs noch mit Sorgfalt durchgeführt, hatte sich inzwischen ein Sammelsurium an Applikationen breit gemacht, deren Verbindungen mit dem Hauptapparatus kaum mehr zu entwirren waren. Nach dem allseits bekannten Grundsatz „Was läuft, wird nicht befummelt!“ hatte es seit längerer Zeit kein Gelehrter mehr gewagt, Hand an den Gesamtaufbau zu legen.

Doch bereits zu Zeiten seines Vaters hatte das Dämpfungsfeld begonnen, sich zu verändern, das leise Summen war einem lauteren Brummen gewichen, und manche Zeiger näherten sich bedrohlich den roten Feldern. Sein Vater hatte ordnungsgemäß Meldung erstattet, und hin und wieder bemühte sich tatsächlich ein Herr Magister in den Keller, warf flüchtige Blicke auf den Hauptdämpfer und verschwand mit einem gemurmelten „Das geht noch, das geht noch…“ wieder in höhere Gefilde.

Die letzten Wartungsarbeiten waren eher oberflächlich durchgeführt worden, wie immer fehlte für solche Dinge das nötige Geld und die erforderliche Zeit. Doch seit dem Neustart vor einer Woche lief irgend etwas nicht mehr rund, Leberknecht spürte es in den Nackenhaaren. Es kam zu kleinen Aussetzern, nichts dramatisches, aber sie wurden mehr. Auch die Raumtemperatur war gestiegen. Leberknecht jr. hatte eine dringende Note verfasst, worauf tatsächlich eine Gruppe würdiger Robenträger gekommen war und stirnrunzelnd das eine oder andere Zahnrädchen in Augenschein nahm. Nach längerer Beratung war man sich einig, dass die Temperatur im Hauptdämpferraum doch recht warm sei. Seitdem hatte er nichts mehr gehört.

Und nun das: Am Vorabend war eine Forschungsexpedition aus WußteSaarkawoher eingetroffen, natürlich wieder mit den obligatorischen Kisten voller Fitzkram. Noch in der Nacht war er durch seltsame und beunruhigende Geräusche aus dem Dämpferraum geweckt worden: Ein unheimliches Sirren und Vibrieren drang durch die Grundmauern der Universitas. Die Schlieren aus den Lagerkellern hatten die untersten Treppenstufen erreicht und faserten in die Eingangshalle, in der die „Souvenirs“ standen. Unter großen Mühen schleppte er eine Kiste aus dem Dämpfungsfeld nach draußen in den Innenhof und ging wieder zu Bett. Sollten sie ruhig zetern. Er war hier für die Sicherheit der Menschen in diesen Mauern verantwortlich, auch wenn er keinen gelehrten Titel trug und nur als einfacher Hausmeister behandelt wurde.

Natürlich hatte es am Morgen wütende Diskussionen im Hof gegeben. Magister Belgabor bestand darauf, seine Kiste ins Hauptgebäude „zum Zwecke der Untersuchung“ zu bringen, was Magister Adastratus vorerst verhinderte, bis die Probleme mit dem Hauptdämpfer geklärt waren. Das Beutegut konnte aber auch nicht ungesichert im Hof stehenbleiben, so dass sich nach längerem Hin und Her Magister Quendan anbot, ein temporäres Dämpfungsfeld zu errichten, was wiederum Magister Isildor erboste, der darin keine dauerhafte Lösung und schon gar keinen geregelten Forschungsbetrieb erkennen konnte. Und er werde seine eigene Kiste selbstverständlich mit in seine Bibliothek nehmen!

Schließlich zogen sich die werten Gelehrten zur Beratung in die Mensa zurück. Der Nachmittag verging.

Nun hatte sich die Vibration des Hauptdämpfers plötzlich abermals verändert. Leberknecht jr. stürzte in den Keller, bahnte sich halbblind einen Weg durch schillernden Dampf, wehrte sich gegen einen Schwarm flatternder Schreibfedern, wich einem Thesaurus aus, der durch die Regale vermodernder Bücher galoppierte, und sah im ohrenbetäubenden Kreischen konvergierender Sphären die Anzeigen: Alle Nadeln zitterten im roten Bereich! Ohne Zweifel hatte der Bibliothekar seine Kiste heimlich in sein Studierzimmer geschafft… und da war noch etwas… Leberknecht hastete wutentbrannt die Treppen hinauf ins Erdgeschoß – tatsächlich! Magister Belgabor stand, fasziniert dem unterirdischen Wummern lauschend, in der Eingangshalle und legte vorsichtig ein weiteres Artefakt auf einen kleinen Haufen. „Aufhören!“ brüllte Leberknecht. „Hört sofort damit auf! Schafft das Zeug raus, hier fliegt uns gleich alles um die Ohren!“ Doch Belgabor hob beschwichtigend die Hände. „Das muss der Dämpfer abkönnen…“ Entschlossen schritt der Magister durch das Tor in den Hof hinaus. Leberknecht stürzte hinterher. „Nichts kann er! Der Apparatus läuft seit Wochen am Anschlag! Warum könnt ihr solche Dinge nicht einfach an ihrem Ort lassen?!“

„Leberknecht…“ Magister Belgabor schüttelte milde lächelnd den Kopf und nahm etwas aus der fast leeren Truhe, die er genau eine Handbreit vor der inzwischen flimmernden Grenze des Dämpfungsfeldes platziert hatte. „Warum überlasst Ihr solche Dinge nicht einfach den Leuten, die sich damit auskennen? Vertraut mir: nur noch dieses hauchdünne Amulettchen –“

Sammlung heligonischen Liedguts

Ein Aufruf an alle Barden, Sänger, Gönner und Freunde von Liedern, Gesängen und Melodien

Liebe Freunde des (nicht nur) heligonischen Liedguts!
Die Bardenakademie zu Gaberon hat es sich zur Aufgabe gemacht, ein Archiv heligonischen Liedguts zu erstellen. Das Augenmerk soll zunächst auf zeitgenössische Stücke gelegt werden, die in den letzten drei Jahrzehnten entstanden sind Auch ältere Werke sind aber willkommen. Aufgenommen werden Texte und / oder Melodien, die aus Heligonia stammen oder in Heligonia bzw von Heligoniern gerne vorgetragen werden. Dies gilt auch für Lieder / Texte, deren Melodie ursprünglich nicht aus Heligonia stammt. Wir bitten deshalb alle Interessierten, eigenes oder anderweitig vorliegendes Material uns zur Verfügung zu stellen. Auch Zweifels- / Grenzfälle dürfen gerne vorgelegt werden.
Eine Herausgabe an andere oder eventuelle Veröffentlichung wird selbstverständlich nur in Absprache und mit Angabe der Verfasser stattfinden. Eine Liste bereits vorliegenden Materials (um Mehrfach-Einsendungen zu vermeiden) kann angefordert werden.
Auf die einigende Kraft der schönen Künste!

Sonett an Lenien

Des Sommers bunte Pracht zieht ein in unser Land
Der Blüten volles Kleid schmückt freudig unsre Gärten
Der Feste leichtes Spiel beglückt unsre Gefährten
Der Tänze froher Gang flicht ein gemaltes Band.

In tausendfacher Farbe erklingt ein froher Ton.
Aus hunderttausend Sträuchern schlägt an der Vögel Rufen
Im kühlen grünen Grunde, den einst die Götter schufen,
Erfüllt der hellen Lieder Zikadenrufen schon.

Doch dies gleicht eitlem Spiele, ja eitler Tändelei!
Fehlt doch dem Sommerglanze beständiges Gedeih,
Ist doch des Lichtes Gleißen nur Herbstes Botenschaft.

Wie anders blüht der Sommer dem holden Fürstenpaar,
Das ewig Blumenreigen mit Lenien gebar.
Dies Fürstenkind erscheinet in nicht vergehnder Pracht.

 

Einmal eins und einmal zwei

Einmal eins und einmal zwei –
Früher eins und jetzt entzwei,
Sedomee und Darian:
so fängt die Geschichte an.

Einmal zwei und einmal drei –
heia, welche Streiterei!
Dort in Heligonias Süden
zanken Schwestern sich mit Brüdern.

Einmal drei und einmal vier –
Neid und Hass und große Gier.
Frieden gibt es niemals nicht,
bis Heliosbrief ein Machtwort spricht.

Einmal vier und einmal fünf –
hier der Neid und dort die Münz‘.
Auch wenn man sich vertragen könnte,
nimmt die Streiterei kein Ende.

Einmal fünf und einmal sechs –
ich stehl dir was und ich versteck’s.
Auch wenn man von Eintracht spricht:
leiden kann ich dich doch nicht.

Einmal sechs und einmal sieben –
jemand kommt und machet Frieden
einmal sieben und einmal acht –
wo Freundschaft ist wird viel gelacht,
wo Feinde sind, nimm dich in acht.

Einmal acht und einmal neun –
Valmera wird bald wieder Ein.
Einmal neun und einmal zehn –
wer’s nicht glaubt, der muss jetzt geh’n.

 

Neulich im Gasthaus „Zum geprellten Zecher“

In der kleinen, aber geschichtsträchtigen darianischen Ortschaft Ravani, sehr nahe der sedomeesischen Grenze betreibt unsere Familie seit vielen Generationen das gepflegte Gasthaus „Zum geprellten Zecher“. Eines schönen Tages, als angenehme Frische der Poenamonde bereits in die sengende Hitze der Heliosmonde umschlägt, lässt uns Vetterchen das ganze Haus putzen. Es ist nicht etwa so, dass wir unser Gasthaus nie putzen, aber eben nie einfach so unterm Jahr. Ich frage natürlich: „Vetterchen, warum lässt Du uns das Haus putzen, wo sich doch noch nicht einmal richtiger Schmutz angesammelt hat?“ Die Antwort kam prompt und ohne spannende Vorgeschichte: „Wir bekommen morgen hohen Besuch aus Darbor und Marola. – Keine weiteren Fragen jetzt, gehe zum Fluss, hole Wasser und fange an zu schrubben.“ Was haben wir unser eigentlich schon schönes Gasthaus noch prächtiger gemacht, denn solch hohe Gäste hatten wir noch nie.

Pünktlich zur Mittagsstunde treffen dann die beiden Delegationen aus Sedomee und Darian ein. Mit ernster Miene schütteln sich die prächtig gekleideten Damen und Herren die Hände. Vetterchen weist ihnen eine separate Gaststube zu, damit die Verhandlungen ungestört ablaufen können. Ich war so neugierig und wollte unbedingt die Bedienung der Delegation übernehmen. Aber Vetterchen meinte, dass sie keine Störung dulden werden. Zwei Stunden lauschte ich angestrengt, um etwas interessantes zu vernehmen, doch es war nichts zu hören. Plötzlich vernahmen wir fröhliches Lachen aus der Gaststube. Zwischen dem angeregten Gespräch war sogar liebliche Musik zu hören. Jetzt durfte ich die Gaststube betreten, denn der Schreiber aus Sedomee bestellte einen Schlauch Wein nach dem anderen. Die Gesellschaft war schon recht ausgelassen und ging dann zum Abendessen über. Viele Stunden dauerte die Feier noch an und wir konnten erst im Morgengrauen zu Bett gehen.

Am nächsten Morgen verabschieden sie die beiden Delegationen voneinander mit einer herzlichen Umarmung, nachdem sie einen gemeinsamen Götterdienst abgehalten hatten. Der sedomeesische Schreiber drückte Vetterchen und mir noch ein ordentliches Trinkgeld in die Hand. Völlig verblüffte blickten wir den beiden Gruppen noch eine Weile nach, die sich immer wieder zum Abschied zuwinkten, bis sie aus unserem Blickfeld verschwanden. Die einen setzten wieder über den Fluss in Richtung Sedomee über und die anderen zogen gen Süden.

Wir haben uns noch tagelang gefragt, ob es denn an unserem sauberen Haus lag, an unserem schmackhaften Essen oder an unserem betörenden Wein, dass sich die beiden Delegationen so gut verstanden hatten. Vetterchen meinte: „Sie kamen als Feinde und gingen als Freunde.“ So beschlossen wir die weisen Worte unseres Vetterchens auf ein Brett zu schreiben und es in die Gaststube zu hängen, als Erinnerung an diesen denkwürdigen Tag. Obgleich sich bei mir schon wieder Zweifel regen, ob das mit der Freundschaft für unser Geschäft so gut ist. Das wird uns aber die Zukunft zeigen, jetzt müssen wir erst mal das Trinkgeld gut anlegen.

Das Al’Palaver von Darwena

Der Saaroko rüttelte an den blanken Zeltwänden wie ein unduldsam ausgesperrter Gast. Jene, die im großen schwarzen Zelt des Grafen Dedekien in den hinteren Reihen saßen – sei es weil sie erst seit kurzem ihr Amt inne hatten oder weil sie die Ältesten nur unbedeutenderer Örtlichkeiten waren – hatten ihre liebe Not. Gegen den eisigen Griff der Göttin hielten sie sich die weichen Buraifelle einfach an Rücken und Nacken, anstatt darauf zu sitzen, kauerten so jedoch im unbequemen Wüstensand. Wider den knallenden Lärm der Planen und der damit verbundenen Schwierigkeit, keinerlei Anteil am Verbaal’dowern im inneren Kreis haben zu können, half nur wildes Gestikulieren und laute Zwischenrufe, auf dass das Gesagte über mehrere Münder von innen nach außen und zurück echotet wurde. Die Stunden verstrichen wie im Fluge, die erhitzten Gesichter der Anwesenden – allesamt namhafte und huldvolle Amt- und Würdenträger der großen Grafschaft – glühten rot, die Augen leuchteten fiebrig und ein jeder plapperte aus vollem Halse wild durcheinander. Nach draußen drang der ungeheuerliche Lärm nur mäßig gedämpft, dunkelste Nacht war über die windumtoste Shayed-Wüste hereingebrochen und der sternenklare Himmel lag, gleich einem noch größeren Zeltdach, still über allem.

Es war der Tag des Al’Palavers zu welchem Graf Dedekien die Mächtigsten, Wichtigsten und Namhaftesten in die Mitte seines Reiches nach Darwena geladen hatte. Seine Hochgeboren war zu diesem Zeitpunkt noch nicht erschienen, einem hohen Beamten oblag es die Ratsversammlung ungefähr in Kenntnis zu setzen. Jedoch nicht eben erfolgreich, wie Geschrei und Gezeter erahnen ließ. Als der Tumult am größten war und die Männer anfingen, sich gegenseitig an den krausen Bärten zu ziehen, glitten mit einem Mal zwei Zeltplanen zur Seite und eröffneten der Menge den Blick auf eine bis dato verborgen gebliebene Nische des übergroßen Zeltes. Helles Lampenlicht drang daraus hervor, so leuchtend, dass die Menschen sich zunächst die geblendeten Augen bedecken mussten. Alsdann gewahrten sie ihren Herrn Dedekien auf einem erhöhten Steinsessel, es muss Alabaster gewesen sein. Prachtvoll war seine Hochgeboren anzuschauen. Zu seinen Füßen knieten auf edlen Fellen, laszive aurazithumhängte Schönheiten beiderlei Geschlechts. Die vielberingte rechte Hand des Grafen strich sanft über die Stirn eines schläfrig dreinschauenden Wüstentigers. Gewandet war der Erste Darianer in reinstem weiß; nur Samt und Seide, sowie edelste Nordpelze bedeckten seine Haut. Da herrschte mit einem Mal absolute Stille im Zelt, keiner der Anwesenden wagte nur zu atmen. Wie in Trance ließen sie von ihrem bisherigen Tun ab und starrten wie gebannt auf jene Lichtgestalt, die ihr heliosgegebener Herr und Meister war. Dieser saß nur da und schaute huldvoll reglos auf die Seinen. Sein Antlitz glich in diesem Augenblick einer jener aus Stein gehauenen Büsten. Einzig die geölten Spitzen seines prächtigen Schnurrbartes bebten – ein sicheres Zeichen des übergroßen Unwillens des großen Herrschers. Also senken die Anwesenden vor dem sich abzeichnenden Grollen die Häupter, zogen vorsorglich das Genick ein und schämten sich für ihr soeben noch an den Tag gelegtes schlechtes Benehmen. Allein, es kam ganz anders, der Graf schwieg weiter, die Stille nahm zunehmend schmerzhafte Qualität an und die Menschen darbten sichtlich. Da setzte sich seine Hochgeboren in einer fließenden Bewegung auf, hob die Arme und was er nun zu verkünden hatte, fiel wie warmer Heliosregen auf seine Untergebenen herab:

„GELIEBTES VOLK!“
Jäher Jubel toste auf und brandete in Wellen durch das Zelt. Hüte, Turbane, Feze und andere Kopfbedeckungen flogen wie wilde Vogelschwärme durch die Luft, bis die Menge einvernehmlich mit einem vielstimmigen:
„GELIEBTER HERRSCHER!“ die traditionelle Antwort fand, worauf wieder Stille herrschte, um die weiteren Worte des Grafen zu hören.

„Geliebtes Volk!“ Wieder wollten Begeisterungsstürme anschwellen, doch Dedekien unterband dies mit dem gestrengen Heben der linken gezupften Augenbraue und so ward es wieder still.

„Geliebtes Volk! Lasst mich von den alten Zeiten sprechen. Von einer wahren Geschichte, die seinerzeit in aller Munde war und von Feuer zu Feuer getragen wurde. Damals lebte an dieser Stätten ein junger, aufstrebender Prinz, der vollkommen arglos im Herzen und vom unerschrockenen Mute eines jungen Löwen war. Jener Prinz beschloss in seiner jugendlichen Ungezügeltheit, den Göttern der Wüste zu trotzen und allein, ohne jedwede Wegzehrung, in die Wüste zu ziehen. Denn große Dürre hatte ihm in den Seinen seit Monden stark zugesetzt und das Land austrocknen lassen wie einen einhundert Jahre alten Buraifladen. Bevor er den ersten Schritt in die niederhöllische Hitze tat, traten seinen Verwandten eng an ihn heran und wollten den Prinzen von seinem Vorhaben abhalten, denn sie liebten ihren Anverwandten sehr. Zuerst stellte sich ihm der Bruder in den Weg und sagte: „Sohn meiner Mutter, Blut von meinem Blut, was willst du dort hinaus in die tödliche Dürre, warum hast du abgeschlossen mit deinem Leben?“ Da antwortete der Prinz: „Ich gehe suchen und werde finden, was am sehnlichsten wir benötigen, halte mich nicht auf!“ Da wandte sich der Bruder ab und schlug sich mit den Fäusten auf die Brust, das es krachte, denn er wähnte ihn nie wieder zu sehen. Alsdann trat die Mutter herbei und greinte: „Kind, mein Kind, warum willst du im Sandmeer ertrinken, was suchst du zu finden, was deucht dir so wertvoll?“ „Liebe Mutter“ antwortete da der Prinz, „in deinem Auge sehe ich keine einzige Träne, so geschunden ist dein Leib von Dürre, was ich suche? Du kannst es erraten.“ Da zerfurchte sich das Weib ihr Antlitz gramerfüllt mit spitzen Nägeln und schrie ihren Schmerz den Göttern zu. Letztlich legte der Vater unserem Prinzen beide Hände auf die Schultern und hielt ihn fest im Blick: „Was ist dein Begehr und Wille, Frucht meiner Lenden, was soll werden mit dir in den mörderischen Dünen und was mit uns, da dein Tod unsere Herzen ersterben lassen wird? Lohnt dein Ziel über alle Maßen?“ „Vater, guter Vater, Wasser suche ich zu finden und hernach zu euch zu bringen, damit das Darben ein Ende hat und wir leben wie einst in meiner Kindheit, da kühle, sprudelnde Quellen unsere Füße reichhaft umspülte.“ Da gab der Vater dem Sohn neben seinem Segen drei Dattelkerne sowie einen Schlauch, gefüllt mit dem letzten Xurltrunk des Tages. Also begab sich der Prinz auf die gefährliche Wanderung durch die Shayed-Wüste und vor lauter Mut und Zuversicht, gab es in seinem Herzen kein Raum für Furcht und Argwohn. Sieben mal sieben Tage zog er erfolglos umher, der Schlauch war schnell getrunken, die Dattelkerne vom vielen Lutschen letztlich so dünn wie Spinnenhaar. Die Kleider lagen in Lumpen auf seinem Körper, seine Haut glich gegerbtem Leder und quälender Durst marterte seinen Körper und seine Seele. Dennoch kamen ihm Umkehr oder Aufgabe nicht in den Sinn. Als am fünfzigsten Tag seine Füße festen Grund betraten, wollte er dies zunächst kaum glauben, wähnte sich von Sinnen oder bereits auf Gwons tröstenden Schwingen. Doch als der feste Grund sich mit einem Mal zu Schlamm und letztlich zu dem kühlen Nass einer großen Oase wandelte, da dankte er den Göttern und war voller Freude und Stolz über sich selbst. Er tauchte seinen Kopf in das Wasser, trank und trank bis sein Durst gestillt war. In Gedenken an seine Verwandten zu Hause machte sich nun sogleich daran, den leeren Lederschlauch seines Vaters mit der süßen Flüssigkeit zu füllen. Als er erkannte, dass dies kaum den Durst aller stillen würde, zog er seine Stiefel aus und füllte diese ebenfalls. Damit immer noch nicht zufrieden, fertigte er aus den Lumpen, die einst seine Kleider gewesen waren weitere Behältnisse an und füllte diese ebenfalls. So vollkommen nackt doch schwer bepackt, lief er schleunigst nach Hause, ohne auch nur einen Tropfen verschüttet zu haben. Bei den Seinen angekommen, staunten diese nicht schlecht. Das mitgebrachte Wasser wurde an alle verteilt und bevor die Familie sich aufmachte, ihre Zelte an der entdeckten Oase neu aufzuschlagen, feierten sie gemeinsam ein großes Fest des Stolzes und der Dankbarkeit für ihren heldenmütigen Prinzen… So die Geschichte.“

Als Graf Dedekien mit seiner Erzählung geendet hatte ließ er den Blick über die Menge schweifen, schaute teils in nachdenkliche und teils in verwirrte Gesichter. „Was ich euch mit dieser Geschichte, die sich natürlich getreulich so zugetragen hat, sagen möchte fragt ihr euch? Nun, auch wir, das Volk Darians, leben in Zeiten großer Dürre. Doch wie soeben von meinem Beamten zu erfahren war, ist die Oase, die uns und unsere Kinder zu tränken und zu nähren vermag, nicht fern. Lasst uns aufbrechen in eine neue Zeit der fetten und freudigen Jahre. Hierzu ist, wie ihr gehört habt, nur eines wichtig: gebt mir, was ihr erübrigen könnt, gebt mir euren letzten Dattelkern und ich führe euch, wie einst der Prinz, aus der öden Wüste in eine wundervolle Oase des süßen Nasses. Und wer nicht mit uns ziehen kann, der soll bei unserer Rückkehr erhalten, was wir nur irgend tragen konnten. Auf, auf in die Oase!“ …

Wie eine erhabene Karawane wanderte zu dieser Stunde bereits schaukelnd die Morgenröte am Horizont heran, mit sich führend, die kostbaren Waren eines neuen Tages, die da heißen Heil, Trauer und Hoffnung. Auch der Hall des frenetischen Jubels aus dem Zeltinneren vermochte es nicht, diesen Neuankömmling zu vertreiben.

Einige Überlegungen zum Wechsel der Herrschaft in der Freigrafschaft Sedomee und zur Annäherung an den Erbfeind Darian

Unsere verehrte Freigräfin Arana von Sedomee und Apurien wird auf Wunsch des Königs ihre schöne Grafschaft verlassen und gen Escandra ziehen. Nun wird niemand die Weisheit des Königs in Zweifel ziehen noch die Eignung Aranas von Sedomee für ihr neues Amt als Hohe Richterin. Dennoch möge es erlaubt sein, sich zu fragen, ob nun des Königs Entscheidung wie ein gestoßener Dominostein die Kaskade der folgenden Ereignisse auslöste oder ob sich hier mehrere Ursachen und Anlässe wechselseitig durchdringen.

Der Verzicht auf den Herrschaftsanspruch nach glänzender Regentschaft in der Blüte der Jahre wie bei Arana von Sedomee hat beste Tradition in der Freigrafschaft. Starrherzige und entscheidungsunfähige Greise mögen in anderen Landen an ihrem Throne haften wie der Geruch nach Weihrauch an ihren Predigern; nicht so in Sedomee. Wenn ein solcher Wechsel geplant war, so kann der Zeitpunkt als günstig bezeichnet werden. Denn auch der absolute Verzicht auf die Herrschaft in der Bevorzugung, dem Ruf der Göttin zu folgen hat Tradition und wenn die Tochter der Freigräfin, Larissa von Sedomee nun diesen vernahm, ist es besser, die jüngere Schwester Amira Kaela rasch zu etablieren, bevor diese selbst, bald auch schon Großmutter, einem Alter näher rückt, da ihre eigene Tochter eine Kandidatin für Herrschaft wäre.

Auch die bedeutenden Änderungen im Verhältnis zu Darian, die sich anzubahnen scheinen, mögen die Etablierung eines neuen Gesichts ratsam erscheinen lassen. Wer kann sich vorstellen, wie Arana von Sedomee einem selbstgerechten Manne wie Dedekien von Darian Schritte entgegen geht, die noch vor Jahresfrist undenkbar schienen und die keine offensichtliche Not gebietet? Amira Kaela von Sedomee mag dies sicher leichter tun, ohne deshalb Sedomees feste und wichtige Grundsätze aufzugeben. Eine solche Annäherung könnte noch leichter fallen, wenn Darians Gesicht weniger das des eigengefälligen Grinsens wäre – der Nachbar aus der Wüste möge sich dies überlegen, wenn seine Vorschläge ernst gemeint sind.

Diese überraschende Annäherung gilt es noch näher zu hinterfragen, insbesondere, da sie nicht langsam und tastend geschieht, sondern sehr schnell sehr viel erreichen will. Sind dies die neuen Leitlinien von Amira Kaelas Politik? Dies scheint sehr weitreichend, wo sie ihr Amt doch eben erst übernimmt und kann eigentlich, da sie nicht im vollen Galopp der Erfahrung politischer Jahrzehnte in Marola einreitet, nicht einzige Ursache sein. Oder wird die Geschwindigkeit von Dedekien von Darian bestimmt? Der Graf aus dem Norden greift nach neuen Lehen jenseits der Meere und mag den Frieden an den heimatlichen Grenzen gewahrt haben wollen. Doch droht ihm von der neuen Freigräfin, eine Meisterin der schönen Künste und nicht der des Krieges solche Unbill? Einige blumige Versprechungen und kleinere Gesten wären viel eher nach der Manier des Cersansohnes. Und der bloße Wunsch nach den Münzen für ferne Expeditionen ist in anderen Gegenden Heligonias erfolgsversprechender und weniger zinsenlastig als bei unseren aus Erfahrung und mit Recht misstrauischen Kämmererinnen.
Gibt es also in einer der Grafschaften ein noch unbekanntes Problem, eine drohende Krisis, die zwingt, die Hand rasch und weit auszustrecken? Sollte dem so sein, muss man sich zunächst die geplanten Vereinbarungen und Projekte anschauen, soweit sie bereits offenbart sind. Da stößt man auf den Wunsch Darians, mit unserer Unterstützung in den Ogedenbund einzutreten, auf die – nach Jahrzehnten des Streites – bereitwillige Rückgabe alter Originaldokumente, die der Universität zu Marola gestohlen wurden und in Darbor lagern und gar auf das Angebot der Ausweitung der sedomeesischen Pflege der urogedischen Riten und Bräuche auf den Nordteil des alten Valmera, wo sie einst ebenso galten. Letzter Punkt wäre dem doch eher pekuniär geprägten Glauben des Grafen früher ferner gelegen als ein Nech-Burai fliegen kann.

Sedomee würde also zu Recht seine Sichtweise der Welten deutlich weniger ändern als Darian, was zu dem Schlusse verleiten mag, dass es der entfremdete Vetter aus der Wüste ist, welcher unter uns nicht bekanntem Drucke steht und deshalb bereit ist, bisher undenkbare Zugeständnisse zu machen. Vielleicht aber spiegelt er auch nur eine Fata Morgana auf, als Teil einer ganz großen, perfiden Täuschung.

Oder aber all die Dominosteine fallen durch eine Kraft, die tief unter allem wirkt, was wir erörtern und die wir Uneingeweihten und vielleicht selbst die Mächtigen nicht oder nur vage erahnen.

Arana von Sedomee reicht die Insignien ihrer Herrschaft weiter

Den Göttern hat es gefallen, dass es am Hofe zu Marola in naher Zukunft eine neue Freigräfin geben wird.

Ihre Hochgeboren Arana von Sedomee, langjährige Herrin über Sedomee und Apurien und Erwählte der Göttin wird nach dreiundzwanzig Jahren ihre Ämter niederlegen. Somit folgt sie dem Wunsche des Königs, der sie an seinen Hof berufen hat, um Heligonia als hohe Richterin zu dienen. Gen Escandra begleiten werden sie zwei ihrer langjährigen Vertrauten, ihre Hochwohlgeboren Valeria Baronin zu Calena, Schwester der Erwählten sowie beider Cousine, ihre Hochwohlgeboren Nadyma Baronin zu Sebur, welche ihre Regentschaft ebenfalls niederlegen werden.

Die Tochter der Freigräfin, Larissa von Sedomee, selbst eine Erwählte der Göttin und einst als Nachfolgerin ausersehen, ist Poënas Rufe gefolgt und wird sich als Nachfolgerin ihrer Großmutter Mariama von Sedomee ganz der Leitung Heiligtums von Hagiapolis widmen, somit auf die weltliche Herrschaft über die Grafschaft verzichten.

Die neue Regentin wird nach den Willen Seiner allerdurchlauchtigsten Majestät Helos Aximistilius III und in Einvernehmen mit dem Wunsche der Freigräfin selbst wieder aus der Familie von Sedomee stammen. Ausersehen wurde Amira Kaela von Sedomee, die jüngere Schwester von Arana und Valeria von Sedomee. Bisher residierte sie auf einen Gut in der Nähe Marolas und leitete die Weiterentwicklung der musischen Künste am Minnehof der Freigräfin Arana, weshalb ihr in Sedomee klangvoller Name bisher kaum über die Landesgrenzen hinaus bekannt sein dürfte.

Amira Kaela ist wie ihre ganze Familie den Göttern eng verbunden, selbst aber keine Geweihte. Ihre Tochter aus einer frühen Poëna-Ehe wurde hingegen vor kurzem zur Geweihten Poënas berufen.

Nicht mehr über die Vervollkommnung der Künste, sondern über die Geschicke der Grafschaft zu wachen sieht Amira Kaela als überraschende Fügung der Götter, doch fühlt sie sich durch das Vertrauen des Königs und ihres Clans sehr geehrt und freut sich auf ihre neue Herausforderung.

Wer die Nachfolge in den Baronien Calena und Sebur antreten soll, wird die zukünftige Gräfin in den kommenden Monden bekannt geben. Für eine Zeit des gefälligen Überganges werden Nadyma von Sebur und Sedomee und Valeria von Calena und Sedomee noch die Geschicke ihrer Baronien lenken.

Xurl-Heiligtum bei Burg Rothenfels neu errichtet

Nur wenige Neuigkeiten über die ruhige Provinz Rothenberg in der Baronie Tolens erreichten uns, seit Reichsritter Hermann als verschollen gilt. Der tapfere Recke nahm am Ödlandfeldzug im Jahre 28 n. A. III zur Befreiung der Leomark und Kratorpolis teil. Inzwischen gilt als gesichert, dass Reichsritter Hermann sein Leben für das Königreich gelassen hat.
Seit nunmehr 10 Jahren wird Rothenberg von Rhupert Allmendinger kommissarisch verwaltet. Baron Sihran von Tolens hatte zu keiner Zeit Grund zu Beanstandungen, er erhielt die Abgaben pünktlich und auch sonst gab es in der Provinz weder Klagen noch Beschwerden. Der treue Verwalter bat den Baron nur in einer Sache um eine Gefälligkeit: sein einziges Kind Eythne möge Aufnahme in der Akademie der Schönen Künste zu Betis finden. Dies gewährte ihm der Baron nicht nur gerne, sondern er stellte Eythne auch einige Räume seines Stadthauses in Betis als Wohnung zur Verfügung. Nach ihrem erfolgreich abgeschlossenen Studium kehrte sie im ersten Xurlmond des vergangen Jahres nach Rothenberg zurück, um ihren inzwischen greisen Vater zu unterstützen. Um ein göttergefälliges Leben zu führen, weihte Eythne ihr Leben dem Gott Xurl. Mit großem Engagement unterstütze sie die Xurl-Geweihten, um den Schrein von Ghangol wieder zu neuem Leben zu erwecken. Ebenso errichtete sie das Xurl-Heiligtum bei der Burg Rothenfels neu.
Im letzten Mond kehrte sie von ihrer Reise vom Schlangenkamm zurück, wo sie nach Tradition der Xurl-Geweihten die Höhle der Leyra aufsuchte. Eilends begab sie sich danach an den Hof des Barons, um dort eine Audienz zu erlangen.
Dieser entsandte sie nun nach Escandra, um im Hause des Reichsritters von Sarmand an seiner Statt präsent zu sein.

Wer soll da überhaupt wohnen?

Es gibt ja jetzt ein neues Tiefländer-Lehen in Luchnar und wir und die MadRuadh haben einen Teils unseres Landes abtreten müssen , so dass auf jeden gleich viel kommt wie auf einen echten Hochländer und das ist ganz schön viel. Ich hab mich jetzt mal ein bisschen umgehört und gerechnet und frage mich: Ist das überhaupt gerecht ausgerechnet?
Also: Vor ein paar Jahren gab es so 120, 130 von ihnen, vielleicht 40 oder 45 in Esclarmond, 25 oder 30 in Turlach und Tuachall, 20 auf der Feste Hautzensteyn und 15 in Soilach. Ein paar wenige sind im Krieg mit Fürst Waldemar geblieben und Vogt Eylhardt hat gut drei Handvoll aus Esclarmond und eine Handvoll aus Turlach und Tuachall mitgenommen. Dann kommen noch manche nicht aus dem Tiefland zurück wie Samuel und Lukas von Turlach und so weiter – also was ich meine ist: In Esclarmond, Turlach, Tuachall und auf der Feste leben jeweils zwanzig von ihnen oder wenig mehr, in Soilach vielleicht fünfzehn. Von der Feste Hautzensteyn und von Soilach, wo Vogt Gisrod ja eine von uns geheiratet hat wird kaum einer kommen. Aus Turlach und Tuachall werden die Vogtsfamilien auch nicht kommen und ein paar von Eylhardts Brut bleiben bestimmt in der Esclarwehr, um uns zu ärgern, und ein paar Helfer, die nicht mit dem Vogt verwandt sind, werden noch im warmen Nest bleiben. Es bleiben also vielleicht 35 Leute übrig, oder wenn man die auf Esclarmond dazurechnet, deren neues Dorf liegt ja nur ein paar Meilen weg und die müssen sicher mithelfen, knapp 50, wenn man großzügig rechnet.
Jetzt mal ehrlich, auch die Tiefländer: Das ist zu wenig. Wie sollen die ein Lehen gründen? Wie sollen die die Vogtssitze ernähren? Die sollen ja für alle aufkommen, auch für die, die in den Vogtshäusern nichts arbeiten, was man essen kann und dann haben sie noch nicht die allerbesten Gebiete, weder für Schafe noch für Korn und Gemüse.
Das kann gar nicht klappen und wir werdens bezahlen müssen.

 

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