Bei der jährlichen Jagd nach Schneehühner unterlief dem prinzlich-thalerischen Oberjagdmeister Rhiannus Giepuss von Blauenfels ein folgenschwerer Fehlerschuss. Er hatte sich in einem niedrigen Gebüsch, unweit des Hochsitzes von Prinz Anselm von Thal, auf die Lauer gelegt. Schon seit mehreren Stunden beobachteten sie den Waldrand in dem sich eine Kolonie der Tiere aufhalten sollte. Wiederholt waren sie jedoch von durchziehendem Schwarzwild fast vergrämt worden. Ritter Beofried, der bei der Jagd ebenfalls zugegen war, wollte das Schalenwild schon mit bloßer Hand erwürgen, so groß war seine Ungeduld. Der Prinz rief ihn jedoch zur Ordnung und mahnte zur Stille. Das erlegen eines Keilers hätte so viel Unruhe gestiftet, dass die Schneehühner an diesem Tage sich nicht mehr gezeigt hätten und die Jagd für diesen Tag verdorben wäre.
Als dann das endlich das Pirschzeichen gegeben ward, und der Oberjagdmeister gleich mit dem ersten Schuss ein anstreichendes Schneehuhn erlegte, kam dieser so in Fahrt, dass er mit dem zweiten Schuss eine Dublette vollbringen wollte. Der Schuss traf jedoch nicht und der Pfeil zog ungestreift an dem Tiere vorbei. Leider befand sich am Ende der Schussbahn Wildhüterin Nirola Dorrbwalgen, der den schnellen Gesellen mit seinem Unterschenkel auffing.
Der Prinz, der von seinem Hochsitz sofort abbaumte überwachte die Arbeit seines Hofheilers höchst perönlich.
Trotz dieses Unglücks wurde die Jagd noch ein voller Erfolg. Bei dem rauschenden Fest am Abend auf Schloss Jarun wurden etliche der köstlichen Vögel kredenzt.
Der Bote darf mit Freude berichten, dass sich Frau Dorrbwalgen inzwischen auf dem Weg der Genesung befindet.
Publikation: Helios-Bote Seite 30 von 34
Zum Bürger des Monats wurde in diesem Monat seine Hochgeboren, Graf Dedekien von Darian ernannt. Die Jury begründete die Wahl mit dem kürzlichen Aufenthalt seiner Hochgeboren in Betis, die das Leben in der freien Reichsstadt gesellschaftlich, politisch und ökonomisch bereichert habe. Insbesondere seine Besuche der Betiser Oper und eines Spieles von Sturm Betis, dem er in der Ehrenloge beiwohnte, hätten gezeigt, so die Erläuterung der Jury, dass der Graf seine berühmte Volksnähe nicht nur seinen darianischen Untertanen gerne schenke, sondern auch den Bürger von Betis angedeihen lasse.
Was sich schickt:
Von Abendrot bis Morgengrauen durchzuschlafen
Allzeit einen Speichelfleck auf der Schulter zu tragen
Convente
Enten
Ho-ho-Holzspielzeug
Und was nicht:
Volle Windeln
Übervolle Windeln
Stau mit Kind in der Sänfte in der Alten Stadt
Neidische Blicke auf Familienkutschen
Tierfelle als Kleidung
Es begab sich im zweiten Saarkamond als ich zu einen Akademie Symposium nach Moosbach geladen war. Ich versprach mir neue Erkenntnisse über Portale und wie man diese zum Wohle Heligonias einsetzen könne. Schon die Eröffnungsrede zeugte von einem wirklich extrem hohen Selbstbewusstsein des Lehrkörpers, welches nur von der fehlenden Moral übertroffen wurde. Neben meinem eigenen Vortrag war ich hauptsächlich damit beschäftigt, Geschichten die aus Büchern entflohen waren, wieder in diese zurückzustopfen. Die Geschichte des Aschenbrösels erforderte besonders viel Aufmerksamkeit. Die Studentenschaft kürte mich zum Weißen Prinzen, um eine Verbindung zu der Geschichte der ungeliebten Stieftochter herzustellen. Die Wissenschaft erforderte es, dass ich den ganzen Abend mit der hübschen Aschenbrösel tanzte. Nur mit einem vollendeten Ballabend war es möglich sie zur Rückkehr in ihre Geschichte zu bewegen. Als die Aufgabe vollendet war, fragte mich doch tatsächlich das Buch, ob ich für immer in der Geschichte bleiben wolle um in unendlicher Liebe mit Aschenbrösel verbunden zu sein. Der aufmerksame Leser wird sicher verstehen, dass ich dieses verlockende Angebot nicht annehmen konnte. Eine besondere Führungsrolle bei der Entschlüsselung der Bibliotheks-Geheimnisse nahm Shanti de Lysiere, Magistra in Silberquell, ein. So hoffe ich auf einen künftigen Wissensaustausch zwischen Heligonia und Silberquell.
Unglaubliche Szenen spielten sich heuer im Nurianischen Herzogsbruck ab. Kaum war das Handelsschiff aus Rebenhain im Hafen angekommen, ging ein Flüstern durch die Schar von Hafenarbeitern. Gerade als die Schiffsbesatzung die Fässer mit Rebenhainer Rundeldling abladen wollten, machte sich ein Haufen aufgebrachter Menschen auf, das Schiff zu stürmen. Sie jolten und schrien, als wollten sie es den Wasservöglen auf dem Jolborn gleich tun. Ihr Körper war mit Stofffetzen und Fellen behangen, im Gesicht prangten rotfarbige Striche, das Haar war mit Taubenfedern geschmückt und bewaffnet waren sie mit Stuhlbeinen und Brecheisen. Wenn mir die Gesichter nicht irgendwie bekannt vorgekommen wären, hätte ich die wilde Horde als Bewohnern der Ödlande verortet. Von diesem garstigen Anblick schockiert, ergriffen die Seeleute planlos die Flucht; einige sprangen panisch über Bord in den Fluss. Die Meute, welche nun freie Bahn hatte, schnappten sich die Fässer mit Rebenhainer Rundeldling, brachen sie auf und schmissen sie über Reling. Verzweifelt musste ich mit ansehen, wie die von mir orderte Ware von den Fluten des Jolborn geschluckt wurde. Doch was hatte diese Meute nur geritten diesen leckeren und preisgünstigen Wein zu vernichten? Dieser Tag wird mit Sicherheit einen unrühmlichen Platz in der Geschichte einnehmen.
Bereits kurz nach Adrians Tod wurde dieser in Reden verschiedener Geistlicher als Heiliger bezeichnet. Seine große Pilgerreise als Erblindeter führte ihn und viele Gläubige durch ganz Heligonia und schließlich über den Jolborn nach Borngart und ins angrenzende Fliranstedt. Dort fand Adrian das Tor der Unschuld, für einen kurzen Moment sein Augenlicht, dann aber auch den Tod.
Nun hat Primus Pacellus, nach mehreren Nachrichten über Erscheinungen Adrians in Ostarien, diesen in einer öffentlichen Rede heiliggesprochen.
Von den Heiligenerscheinungen wird berichtet, dass Adrian stets zur Hilfe eile, wenn jemand sich im Wald verlaufe, von Räubern belästigt werde oder jemandem drohe, dass er abstürze oder von wilden Tieren gefressen werde.
Die Geschichten häufen sich nicht nur in der Nähe des Klosters Rodi, in dem Bruder Adrian früher lebte.
Ihre Hochgeborene Freigräfin Amira Kaela von Sedomee wird demnächst nach Escandra aufbrechen, um der Einladung Seiner Allerdurchlauchtigsten Majestät, König Aximistilius III nachzukommen.
Begleitet wird die Freigräfin dabei von ihrer Tochter, der Poënapriesterin Thalia von Sedomee, Baronin Shaheena von Sebur und drei ihrer engster Berater.
Die Freigräfin teilte mit, dass sie sich sehr auf den Besuch in Escandra freue, um einerseits die sedomeesisch-heligonischen Beziehungen weiter auszubauen und andererseits ihre geliebte Schwester Arana nach langen Jahren wieder zu sehen.
Arana hat der Freigräfin bereits angeboten, während der Herrscherbegegnung in Ihrem Stadtpalast zu residieren.
Sehnsüchtig erwartet das Volk der Darianer die monatliche Rede ihres geliebten Herrschers. Damit die glücklichen Untertanen nicht gänzlich auf die weisen Worte ihres Gebieters verzichten müssen, schrieb Graf Dedekien eine Rede, die von den Omus in ganz Darian verbreitet wurde.
Wir vermissen euch ebenso schmerzlich wie die Strahlen Helios, die hier in Betis spärlich scheinen. Fernab der Heimat, in der großen Stadt, wo die großen Flüsse sich vereinen, gedenken Wir eurer und entsenden euch diese Worte. Mögen sie meinem ergebenen Volk die Zeit bis zu Unserer Heimkehr verkürzen und euren Geist laben. Doch sollen auch eure Leiber nicht darben. Wir haben Anweisung gegeben, dass hundert Fässer vom guten Rebenhainer Wein in die Städte unseres wunderbaren Landes verbracht werden, um dort an euch, geliebte Untertanen, verteilt zu werden.
Das Leben in den Straßen ist hier ebenso geschäftig wie in der Perle der Jolsee. Doch anders als in Darbor ist es hier kalt und unwirtlich. Wir waren gezwungen, eine neue Garderobe schneidern zu lassen, um der frostigen Witterung zu trotzen. Wir weigerten Uns, Uns in Tierfelle zu hüllen, die hier durchaus die landesübliche Tracht darstellen. Geschickte Schneider haben Uns aus feinen, wollenen Stoffen und Pelzen eine angemessene Kleidung gefertigt, die Uns wärmt und schmückt zugleich.
Bei allen äußeren Unterschieden sind die Menschen hier uns Darianern doch sehr ähnlich. Sie sind ein Volk von Händlern, die es durchaus mit uns aufnehmen können. Viele begehrenswerte Güter finden sich auf ihren Märkten, die Wir für euch zugänglich machen möchten. Allein das Wohl Unseres geliebten Volkes im Sinne, werden Wir den dortigen Obersten Händler, den Dogen Vincent Battista Corvese, treffen, um Sympathien auszutauschen.
Doch sind Wir nicht nur der Arbeit wegen hier, sondern gönnen Uns auch das eine oder andere Vergnügen. So besuchten Wir das Schauspielhaus und konnten einer Oper lauschen. Vor Unserer Weiterreise erhoffen Wir uns noch, ein Spiel der bekannten Utzgan-Mannschaft „Sturm Betis“ anzuschauen. Vergeblich haben wir Uns nach einem Götterschrein umgeschaut, doch wurde Uns mitgeteilt, dass es im Fürstentum Thal einige bemerkenswerte Schreine gibt, die es sich zu besuchen lohnt. Wir möchten es nicht versäumen, für das Wohlergehen des schönsten Volkes unter Helios Strahlen zu beten.
Bedauerlicherweise werden Wir nicht mit Unserer traditionellen Familienkutsche weiterreisen, denn diese hat zu viele neidische Blicke auf sich gezogen. Wir werden zu Wasser den Brazach aufwärts ziehen, um in die königliche Hauptstadt zu gelangen. Auf dem Weg dorthin werden Wir dem Fürstenhaus in Hochanthen Unsere Aufwartung machen. Darüber werden Wir euch dann noch ausführlich berichten.
Für heute möchten Wir Unseren Bericht schließen, doch werden Unsere Gedanken stets bei euch sein, meine geliebten Untertanen.
Wie bereits im letzten Boten berichtet wurde, trat Graf Dedekien nach Escandra an, um der bevorstehenden Herrscherbegegnung beizuwohnen. Er folgte der Einladung Seiner Allerdurchlauchtigsten Majestät, König Aximistilius III und wird von einem überschaubaren Gefolge begleitet.
Um nicht durch falsche Bescheidenheit aufzufallen, entschied der strahlende Monarch, die Reise in der aurazithenen Prunkkutsche anzutreten, die ihm sein Ur-Großvater Graf Uttras hinterließ.
Wir haben es Uns zur Verpflichtung gemacht euch regelmäßig von Unserer Reise zu berichten, dass ihr euch ein lebendiges Bild machen könnt. Nach einer kurzweiligen Fahrt auf dem Brazach erreichten Wir vor einigen Tagen den Sitz des Fürstenhauses von Thal. Wir waren von dem für Uns fremdartigen Stadtbild sehr beeindruckt. Von den herrschaftlichen Häusern aus, die sich den Burgberg hinab bis ins Flusstal ziehen, hat man eine treffliche Aussicht über die untere Stadt und das Brazachtal.
Untergebracht wurden Wir im fürstlichen Schloss, welches inmitten einer großzügigen Anlage von Parks, kleinen Gärten, Teichen und Baumgruppen liegt. Das Innere des Schlosses, das seinerzeit von Prinz Hehnloon von Thal großzügig im Thaler Stil erbaut wurde, ist hell und weitläufig und mit allerlei Verzierungen geschmückt: Vertäfelungen und Schnitzereien aus kostbarem Holz, Wandmalereien, Tapisserien, Stuckverzierungen und herrliche Marmormosaike. Die Wände zieren feinst geknüpfte Teppiche aus Unserer Heimat, deren Anblick Unser Herz mit Heimweh erfüllt hat. Ohne diese unvergleichlichen Schmuckstücke würden die weitläufigen Säle an Behaglichkeit einbüßen.
An Gastfreundschaft mangelt es den Thaler nicht. Ihre Speisen sind üppig und die Mahlzeiten reichlich. Das Bier ist schmackhaft und stillt den Durst, jedoch ist es nicht für darianische Feste geeignet, da kein dauerhafter Rausch zustande kommt.
Wir hatten Gelegenheit das Xurlheiligtum in der unmittelbaren Nähe des Schlosses zu besuchen. Das Bad in den heißen Quellen war für Unsere Gliedern eine wahre Wohltat. Ein wirklich bemerkenswerter Ort der Verehrung des Gottes, der in seiner Weisheit den Gläubigen in diesem kalten Land wärmendes Wasser schenkt. Wir erwägen einen Weg einzurichten, der von den Höhlen der Leyra über weitere Heiligtümer zu den Quellen bei Hochanthen führt. So können Gläubige sich mit allen Wassern des Gottes waschen und heilen, um ihm nahe zu sein.
Für heute möchten Wir Unseren Bericht schließen, denn Wir müssen uns auf den letzten Teil der Reise vorbereiten. Doch werden Unsere Gedanken stets bei euch sein, meine geliebten Untertanen.